Dirk Nowitzki will unbedingt spielen. Die Ungeduld ist ihm förmlich anzusehen und auch die Qual, die es ihm bereitet, von der Bank aus hilflos mitanschauen zu müssen, wie seine Dallas Mavericks immer wieder verlieren. Der Würzburger kann zwar mit dem Team trainieren, er legt zudem Extraschichten ein - doch die rechte Achillessehne, die ihm schon seit Wochen Probleme bereitet, schmerzt noch immer so sehr, dass an einen Einsatz derzeit nicht zu denken ist.
"Das tut schon weh. Aber, da kann man jetzt nichts machen, da muss man jetzt durch. Ich glaube, ich war in meiner ganzen Karriere sehr glücklich, dass ich nie wirklich groß aussetzen musste. Und deswegen bin ich es auch nicht richtig gewohnt, an der Seitenlinie zu sitzen und nicht helfen zu können. Das ist schon ein dummes Gefühl.”
Nowitzkis Ausfall schwächt die Dallas Mavericks
Nowitzkis Achillessehne ist so etwas wie der neuralgische Punkt des Vereins. Zwar ist der Deutsche mittlerweile 38 Jahre alt, aber dennoch bei den Texanern unverzichtbar. Von elf Partien haben die Mavericks nur zwei gewonnen - sind somit das zweitschlechteste Team der Liga. Natürlich könnten sie ihren blonden Bayern gerade jetzt mehr denn je gebrauchen. Doch Trainer Rick Carlisle mahnt zur Vernunft.
"Uns ist allen klar, dass Dirk richtig fit sein muss, bevor er zurückkommt. Wir wollen nicht, dass er ein oder zwei Spiele macht und dann eine Woche pausieren muss. Er soll sich richtig auskurieren - auch wenn das einige Zeit in Anspruch nimmt.”
Wann Nowitzki wieder spielen kann, ist offen. In der nächsten Partie gegen Orlando wird er ebenfalls noch zuschauen – soviel hat der Verein bereits wissen lassen. Man vermisse einfach Nowitzkis Treffsicherheit, die Art, wie er mit seinem Wurf Räume für andere schaffe und seine Führungsqualitäten, sagt Clubboss Mark Cuban.
"Das ist schon etwas Spezielles"
Cuban und Nowitzki verstehen sich bestens, haben großen Respekt voreinander und sind immer äußerst loyal zueinander gewesen. Als der Business-Mann im Januar 2000 den Verein kaufte, spielte der Deutsche gerade seine zweite Saison dort.
"Dass wir solch eine Freundschaft und solch ein Verhältnis entwickelt haben über die Jahre, dass hat natürlich niemand gewusst am Anfang - und dass er mich immer unterstützt hat, ob auf dem Spielfeld oder außerhalb vom Spielfeld. Ich bin natürlich in der glücklichen Lage, dass ich so ein Verhältnis mit dem Eigentümer über eine so lange Zeit habe. Das ist natürlich schon etwas Spezielles.”
Nowitzki hat seine gesamte NBA-Karriere bei den Mavericks verbracht und vor allem seinetwegen wurde der Verein 2011 erstmals Meister. Er verzichtete in der Vergangenheit freiwillig auf etliche Millionen, um Cuban so finanziellen Freiraum zu ermöglichen, andere gute Spieler nach Dallas zu holen. Doch so sehr sich die Mavericks auch bemühten, Akteure wie Carmelo Anthony, Dwight Howard oder DeAndre Jordan unterschrieben letztlich woanders.
Dirk Nowitzki: ein Anti-Establishment-Typ
Und so hat Nowitzki bis heute nie einen Topstar in dessen Hochzeit neben sich gehabt. In der NBA werden jedoch vor allem jene Vereine Meister, die mehrere Stars aufweisen. Der Grund, warum nie jemand der prominenten Profis in Dallas unterschrieb, könnte auch Nowitzki gewesen sein. Denn er ist ein Anti-Establishment-Typ. Er braucht weder den Glanz noch den Glamour der NBA, sondern möchte einfach nur Basketball spielen, Spaß haben auf den Parkett und dann nach Hause gehen.
Er verbringt den Großteil der Saisonpause in Europa. Nowitzki hat keinen echten Berater, der im Sommer herumklüngelt, mit anderen Agenten spricht und an möglichen Deals bastelt. Nowitzkis Ansprechtpartner ist Holger Geschwindner - ein eher mürrischer und wortkarger Rentner, der keinerlei Verbindung zur NBA-Szene hat. Umso bemerkenswerter ist es, dass Nowitzki Dallas 2011 zur Meisterschaft führte - ausgerechnet gegen Miami, das Team, das mit LeBron James, Dwyane Wade und Chris Bosh eben drei Stars hatte und als unbesiegbar galt.
Doch seit dem Titelgewinn vor fünf Jahren haben die Dallas Mavericks keine Playoff-Runde mehr gewinnen können. Viele halten einen Neuanfang, ein so genanntes Rebuilding, für unumgänglich. Doch darauf verzichtet Cuban vorerst - aus Loyalität zu Nowitzki. Der hatte nach dem Playoff-Aus im Frühjahr betont:
"Ich habe immer gesagt, dass ich meine Karriere als Mav beenden will. Das Einzige, was ich nicht mitmache, ist, wenn wir ein rebuilding machen und auf einmal von ganz Neuem anfangen, mit nur Jungen.”
Der Vertrag läuft noch bis 2018
Und deshalb hat Cuban wieder ein Team zusammengestellt, mit dem er die Playoffs anstrebt. Unter anderem wurde Harrison Barnes von Vizemeister Golden State verpflichtet. Der Olympiasieger ist 24 Jahre alt und soll als künftiges Gesicht des Vereins aufgebaut werden. Nowitzki befindet sich derweil auf der Zielgeraden seiner Karriere. Er hat im Sommer seinen Vertrag bis 2018 verlängert. Mit einem Jahresgehalt von 25 Millionen Dollar rangiert er in der Liste der best bezahlten Spieler dieser Saison auf Platz vier. Cuban betont, dass Nowitzki weitaus weniger Geld haben wollte - doch der Vereinsboss hatte noch einige Millionen Dollar übrig und nicht vergessen, dass der Deutsche in den beiden Jahren zuvor mit jeweils acht Millionen Dollar klar unterbezahlt war. Anstatt das Gehalt anderen Durschnittsspielern zu zahlen, gab er es lieber dem Vorzeigeprofi des Vereins.
Ähnlich hatten es auch die Los Angeles Lakers mit Kobe Bryant gemacht. Der wurde jedoch zum Karriere-Ende hin eine regelrechte Altlast für den Verein, bei dem er 20 Jahre spielte. Bryant war zwar der best bezahlteste Profi der Liga, verpasste aber aufgrund von Verletzungen in den letzten drei Jahren fast 60 Prozent der Spiele.
Als Bryant seine Karriere im Frühjahr beendete, waren die Lakers mit ihm zu einem der schlechtesten Teams der Liga geworden. Ganz so düster sieht es für Dallas nicht aus. Noch nicht: Nowitzki hat angekündigt, womöglich 2018 einen weiteren Kontrakt in Dallas zu unterschreiben.
Cuban hatte gegenüber der "Sports Illustrated” bereits 2015 betont, dass Nowitzki bei den Mavericks einen, Zitat, "Vertrag fürs Leben” habe. Er soll also nach seinem Karriere-Ende dem Club erhalten bleiben.