In der Schlussminute des ersten Viertels zwischen den Boston Celtics und den Dallas Mavericks erhebt sich das Publikum von den Sitzen und fängt an zu klatschen.
"For Dallas, Number Forty One. Dirk Nowitzki."
Standing Ovations für Dirk Nowitzki - einen 40-Jährigen, der sich mitunter schlaksig über das Parkett schleppt, der von der Bank kommt und keinen einzigen Punkt erzielt. Standing Ovations, nicht bei einem Heimspiel, sondern in Boston. Tausende Kilometer von Dallas entfernt.
"War natürlich eine tolle Atmosphäre auch für mich. Es ist natürlich schon schön, zu wissen, dass man in den Städten im Osten, wo man halt nur einmal im Jahr hinkommt, dass man da akzeptiert und auch respektiert für seine Leistungen in den letzten 20 Jahren wird. Das Spiel werde ich in meinem Leben natürlich nicht vergessen. Dass man in der gegnerischen Halle solch einen Empfang kriegt, ist natürlich für mich auch eine tolle Sache gewesen und super emotional."
Saisonende zugleich Karriereende?
Emotional könnte es für den Würzburger auch am Saisonende werden. Sollte er denn dann seine Basketballschuhe endgültig ausziehen, seine Karriere beenden. Doch Nowitzki denkt noch nicht an die Zukunft, sondern erfreut sich vielmehr an der Gegenwart.
"Ich versuche, einfach nur Spaß aus allen Sachen rauszuziehen. Ob's jetzt ein Teammeeting ist, ob's ein Essen ist mit der Mannschaft. In der Umkleide, die Kameradschaft, versuche ich einfach, zu genießen. Weil, klar, das wird man irgendwann vermissen."
Doch ab wann genau, dazu hält er sich bedeckt. Viel wichtiger sei für ihn derzeit das aktuelle Geschehen. Nowitzki will mit den Mavericks in die Playoffs. Für dieses Ziel hat er, der alle wichtigen Vereinsrekorde hält, sich nach seiner komplizierten Knöchelverletzung zurückgekämpft. Die Reservistenrolle - für ihn kein Problem.
Nowitzki akzeptiert die Rolle als Reservist
"Bankspieler ist ok. Es ist ja eine neue Rolle für mich und ich glaube, ich habe da jetzt schon eine ganz gute Routine gefunden mit Stretchen und Warmmachen, in den Time-outs sich ein bisschen bewegen, ein paar Sachen machen. Bis jetzt läuft's ganz gut."
Nowitzki arbeitet eng mit Trainer Rick Carlisle zusammen. Sie sprechen die Belastungen genau ab. Carlisle coacht die Mavericks - und somit Nowitzki - seit elf Jahren und ist immer noch vom Deutschen fasziniert.
"Es ist eine Freude, ihn jeden Tag um sich zu haben. Ich schätze jeden Moment, denn wenn er aufhört, bleibt eine große Lücke. Er ist einfach besonders."
Das war vor seinem Debüt am 5. Februar 1999 so noch nicht absehbar - zumindest nicht für eine lokale Fernsehstation in Dallas. Dort hieß es, dass der Beginn der neuen NBA-Saison die Chance sei, sich mit neuen, potentiellen Superstars zu befassen - wie einem 20 Jahre alten Dirk Nowitzki. Wer immer das auch sein mag.
Als Nobody in die NBA
"Every new NBA season offers a chance to get to know some of the new potential super stars, like 20 year old Dirk Nowitzki. Who, you ask?"
23 Tage nach Nowitzkis NBA-Debüt wurde damals Luka Doncic geboren. Der Slowene ist heute 19 Jahre alt, Nowitzkis Teamkollege und soll als neues Gesicht der Mavericks aufgebaut werden. Doch derzeit, weiß Doncic, dreht sich in Dallas vieles vor allem noch um Nowitzki.
"Er ist eine Legende. Jeder liebt ihn und es mir eine Freude, mit ihm zusammenzuspielen. Er ist ein witziger Typ, wir kommen auch außerhalb des Platzes gut miteinander klar, haben ein gutes Verhältnis."
Nowitzki, der 2,13-Meter-Mann, hat nicht nur die Mavericks 2011 zur ersten Meisterschaft der Vereinsgeschichte geführt, sondern auch das Spiel in der NBA revolutioniert, sagt Rick Carlisle.
Das Spiel in der NBA revolutioniert
"Als er in die Liga kam, waren Spieler auf seiner Position Muskelpakete, die die Bretter zerquetscht haben. Von denen hat ab und an mal einer aus drei Metern geworfen. Jetzt hingegen schießen sie alle aus zehn Metern, ziehen zum Korb, spielen alles. Es ist unwahrscheinlich, dass dies so schnell ohne Dirk passiert wäre. Er hat das Spiel verändert."
Und obwohl dieser Dirk Werner Nowitzki aus Würzburg seine Zukunft noch offen hält, so klingt bei ihm schon ein wenig Abschiedsstimmung durch, wenn er auf seine 21 NBA-Spielzeiten zurückblickt.
"Es ist eine lange, lange Zeit. Ich muss natürlich sagen, es war auch glücklich, wie das erste Jahr lief. Dass Don Nelson da der Coach war, der mich da unterstützt hat. Aber dass ich auch über die lange Zeit im Großen und Ganzen verletzungsfrei geblieben bin, ich meine, da gehört auch schon eine Menge dazu. War schon bis jetzt eine tolle Sache, Spaß, mit vielen Höhen und Tiefen. Aber, ich habe doch die Zeit bis jetzt genossen - und das werde ich jetzt die letzten paar Monate oder vielleicht hoffentlich Jahre nochmal genießen."
Sein Vertrag bei den Mavericks endet am 30. Juni. Was dann kommt, ist derzeit offen. Nur soviel: Er wolle, so Nowitzki, "in den kommenden Monaten auf seinen Körper hören" und dann im Sommer zusammen mit seiner Familie und Mentor Holger Geschwindner eine Entscheidung über seine Zukunft fällen.