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Discount-Dozenten

So manche Fakultät geht stillschweigend davon aus, dass Lehrbeauftragte auf ein angemessenes Honorar verzichten - einer künftigen Karriere zuliebe. Doch einige der Akademiker beginnen nun, sich gewerkschaftlich zu organisieren.

Von Claudia van Laak |
    Es ist nur eine Handvoll Lehrbeauftragte, die sich in den Räumen der GEW versammelt hat. Vier Betroffene, die zum Teil seit Jahren Italienisch, Englisch, Psychologie, Kulturwissenschaften an den Berliner Hochschulen lehren und sich ausgebeutet fühlen. Sie haben die Nase voll - Robert D. zum Beispiel. Der promovierte Kulturwissenschaftler hat den Stundenlohn für seine zwei Lehraufträge ausgerechnet und dann beschlossen: Jetzt reicht es.

    "Man bekommt dann etwa 50 Euro pro Sitzung und nichts dazu. Der Umfang ist aber pro Sitzung etwa einen Tag Vor- und Nachbereitung. Also bekommt man für einen bis eineinhalb Tage Arbeit - die Prüfungen kommen noch dazu - 50 Euro. Das ist ein Stundenlohn von 2,50 Euro und das ist natürlich nicht tragbar. Man kann davon nicht leben."

    Robert D. bekommt jetzt wenigstens etwas Geld für seine Lehrtätigkeit. Zuvor - als Doktorand an der Humboldt-Universität - unterrichtete er unentgeltlich.

    "Das ist der Normalfall, vor allem wenn man Doktorand ist. Aber eben auch als Postdoktorand ist es gang und gäbe, kostenlos, also für lau zu arbeiten. Es wird auch nicht darauf hingewiesen. Es werden einem keine Vorschriften gezeigt, dass es eigentlich verpflichtend ist zu bezahlen."

    Nach einer aktuellen Umfrage unter Berlins Hochschulen ist die Technische Universität Spitzenreiter bei den Null-Euro-Jobs. Hier arbeiten derzeit 163 Lehrbeauftragte ohne einen Cent Honorar. Patrick Thurian, Leiter des Präsidialamtes der TU:

    "Wenn es jetzt auf dem Papier so dramatisch aussieht, die TU Berlin hat eine hohe Anzahl unentgeltlicher Lehraufträge, dann heißt das nur, dass wir viele Leute haben, die hier bei uns gerne unentgeltlich lehren. Und das hat nichts zu tun mit der sozialen Situation derjenigen, die hier bei uns unterrichten."

    Das sehen viele Betroffene ganz anders. Junge Wissenschaftler sehen sich gezwungen, umsonst zu unterrichten, weil es ihre Chancen auf eine Professur verbessert. Ein besonderer Fall sind die Mitarbeiter der Sprachenzentren - Muttersprachler unterrichten oft jahrelang an einer Hochschule, trotzdem ändert sich nichts an ihrem Status. Die Verträge gelten immer nur für ein Semester. Wenn ein Seminar mangels Teilnehmern ausfällt, erhalten sie kein Honorar. Sie müssen sich von ihren geringen Einnahmen selber versichern und gelten nicht als Hochschulmitglieder, so wie die Italienerin Linda Guzzetti, die sich in der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaften engagiert und versucht, eine Lobby für die Lehrbeauftragten aufzubauen. Ihre Ansicht:

    "Es ist einfach eine Fehlkonstruktion. Praktisch müssen die Leute arbeiten, ohne in einer Struktur zu sein. Und das heißt, dass die Arbeit weder vom Geld her noch von der allgemeinen Betrachtung her anerkannt wird. Und das ist eine Form von Prekariat, die kann über Jahrzehnte gehen."

    Allerdings ist es nicht einfach, Lehrbeauftragte zu gemeinsamen politischen Aktionen zu bewegen. Die Begegnungen an der Hochschule sind oft zufällig, die persönliche Situation höchst unterschiedlich. Eine gemeinsame Internetplattform könnte helfen, den Druck auf Hochschulen und Wissenschaftsministerien zu erhöhen. Robert D.:

    "Jetzt, wenn man sich unterhält und weiß, man ist nicht der Einzige. Und wenn wir immer mehr werden, mit dem Treffen hier, mit einer Konferenz, im Internet, dann wächst aber auch der Unmut."

    Die in der GEW organisierten Lehrbeauftragten fordern ein Gespräch mit Berlins Wissenschaftssenator Jürgen Zöllner. Ihre vier Forderungen: Keine Arbeit mehr zum Nulltarif, Lehrbeauftragte müssen Hochschulmitglieder werden, die Verträge sollen über ein Semester hinausgehen - und das Wichtigste: Der Mindeststundensatz von 21,40 Euro muss angehoben werden.