Archiv

Diskussion über Benin-Bronzen
Kompromiss statt Fortschritt

In Benin City in Nigeria soll ein Museum entstehen - mitfinanziert von Europa. Als Leihgabe wollen die Europäer dem afrikanischen Staat die wertvollen Benin-Bronzen zur Verfügung stellen. Mehr als ein erster Schritt im Streit um die einst geraubten Kunstschätze sei das aber nicht, kommentiert Sigrid Hoff.

Von Sigrid Hoff |
    14.02.2018, Hamburg: Drei Raubkunst-Bronzen aus dem Land Benin in Westafrika sind im Museum für Kunst und Gewerbe (MKG) in einer Vitrine ausgestellt. Das MKG hat die Herkunftsgeschichte der drei Bronzen aus seiner Sammlung erforscht und präsentiert die Ergebnisse nun in einer Ausstellung.
    In einem neuen Museum in Benin City (Nigeria) sollen auch die einst von Europäern geraubten Benin-Bronzen ausgestellt werden - allerdings nur als Leihgabe. Zurückgegeben an Nigeria werden sie nicht. (picture alliance / dpa / Daniel Bockwoldt)
    Nach jahrzehntelangem Gezerre um die für die nigerianische Identität und Geschichte unschätzbar wichtigen Kultobjekte ist es nicht mehr als ein Kompromiss, der jetzt als Fortschritt verkauft wird.
    Die Europäer, insbesondere die Engländer, die die Bronzen Ende des 19. Jahrhunderts in Benin raubten und wo im Britischen Museum der größte Teil liegt, aber auch die Berliner, die im Ethnologischen Museum immerhin den zweitgrößten Bestand mit immerhin 600 Bronzen haben, können sich freuen. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, tat das auch bereits. Man habe lösungsorientiert diskutiert, freute er sich. Parzinger steht unter Druck, in einem Jahr wird das Vorzeigeprojekt des Bundes, das Humboldtforum mit den ethnologischen Sammlungen eröffnen.
    Dort sollen auch die Benin-Bronzen zu sehen sein, die eine Publikumsattraktion sind. Mehrfach hatte Parzinger betont, belastete Objekte, die nachweisbar unter Gewaltanwendung den damaligen Besitzern geraubt wurden, nicht zeigen bzw. sogar zurückgeben zu wollen.
    Angst vor Exodus in ethnologischen Museen
    Die Benin-Bronzen, die sich in Deutschland befinden, sind zwar über den Handel an die Museen gekommen, aber dennoch war beim Erwerb vor 100 Jahren der Kontext klar. Laut novelliertem Kulturgutschutzgesetz in Deutschland wäre das heute strafbar. Auch wenn der Kauf heute juristisch nicht anfechtbar ist, zeigt sich daran, dass Rückgabe-Richtlinien, wie es sie für die Restitution von NS-Raubkunst gibt, für Beutegut aus der Kolonialzeit dringend erarbeitet werden müssten. Doch das traut sich offenbar im Augenblick niemand zu fordern, weil ein Exodus von Objekten aus ethnologischen Museen befürchtet wird.
    Was die Benin-Bronzen anbetrifft, ist der Bau eines neuen Museums in Benin City ein erster Schritt, ein Anfang. Aber zugleich sichern sich die Europäer damit dauerhaft weiteren Einfluss auf die Rückgabe-Diskussion. Somit sind das neue Museum und die Zusage von "Leihgaben" fragwürdige Geschenke. Von einer Regelung auf Augenhöhe ist diese Vereinbarung weit entfernt.