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Diskussion um Bodenreform
"Ein anderes Verhältnis zu Eigentumsrechten"

Die Mieten steigen, Immobilienfonds horten Wohnraum: Der deutsche Wohnungsmarkt ist angespannt wie lange nicht mehr. Und plötzlich hört man wieder das Wort Bodenreform. Ein anderes Verhältnis zum Eigentumsrecht am Boden, sagte der Sozialökonom Dirk Löhr im Dlf, wäre ein Mittel gegen die wachsende Ungleichheit.

Dirk Löhr im Gespräch mit Beatrix Novy |
    Dirk Löhr, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Trier
    Dirk Löhr, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Trier (Richard A. Fuchs)
    Der Gott des Alten Testaments war nicht einverstanden mit dem Eigentum Einzelner an Grund und Boden. Und bis heute existiert in vielen Gesellschaften noch ein überkommenes Einverständnis darüber, dass der Boden allen zu gehören habe, sagt Dirk Löhr.
    Dazu gab es seit der Antike immer wieder einschlägige Aussagen, aber als im 19. Jahrhundert die soziale Frage drängender wurde, wurde der Umgang mit dem Boden zum politischen Programm. Bodenreformer wie Henry George oder Adolf Damaschke hatten großen Einfluss nicht nur im linken, sondern auch im bürgerlichen Lager.
    Der Grundgedanke: Der Boden ist kein bewegliches Gut, er ist nicht beliebig produzierbar und kann deshalb keine Ware sein. Im Dreiklang mit Arbeit und Kapital beansprucht er eine Sonderstellung. "Henry George hat betont, dass die Bodenwerte niemals von Bodeneigentümer selber geschaffen werden. Sondern sie werden geschaffen von der Gemeinschaft, von Vorleistungen wie zum Beispiel der Infrastruktur", sagt Dirk Löhr, der Henry Georges einstigen Bestseller "Fortschritt und Armut" 2017 neu herausgegeben hat.
    Ein Bündel von Maßnahmen
    Vor über 40 Jahren bekam die Idee einer Bodenreform in der Bundesrepublik noch einmal Aufwind. In den 70ern war die Lage auf dem Wohnungsmarkt ähnlich angespannt wie heute. Der sozialdemokratische Politiker Hans-Jochen Vogel, damals Bundesbauminister, setzte das Thema auf seine Agenda. Er scheiterte. Aber noch heute, sagt Dirk Löhr, erregt den 92-Jährigen die Steigerung der Bodenpreise in München: seit den 60er-Jahren um 36.000 Prozent.
    Ein Mittel gegen wachsende Ungleichheit
    Eine Bodenpolitik, die solche Entwicklungen verhindern will, müsse auf eine Vielfalt von Maßnahmen setzen, von der Bodensteuer über ein verbessertes kommunales Vorkaufsrecht bis zur Stärkung des Erbbaurechts, mit dem der Boden nur auf einen langfristigen, aber begrenzten Zeitraum genutzt, also nicht besessen werden kann. Auch Genossenschaften tragen dazu bei, einen Teil des Bodens aus der spekulativen Verwertung herauszuhalten. Ein anderes Verhältnis zum Eigentumsrecht am Boden, sagt Dirk Löhr, wäre vor allem ein Mittel gegen die wachsende Ungleichheit im Land.