Die Cafeteria des King`s College in London, eine der großen renommierten Universitäten des Landes. 12 Nobelpreisträger kommen von hier. Heute Mittag sitzen vielleicht 20 zumeist Biochemie-Studentinnen und –studenten hier. Es gibt Sandwich mit Truthahn für 2 Pfund 55, für Lehrkräfte 3 Pfund 25. Außerdem Muffins und Bagel. Über einem Tisch brütet die 22jährige Sarah über einem Din A 3 Blatt, übersät mit chemischen Formeln.
"Ich weiß nicht, was ich von einem Brexit halten soll. Viele wollen doch in Europa arbeiten, das würde es schon etwas schwieriger machen. Wir isolieren uns damit selbst, das bringt nicht viel."
Den Studierenden der Elite Uni King`s College steht der Weg nach dem Abschluss offen. In England zählt die richtige Schule und Uni viel für die Karriere.
"Ich studiere jetzt Neurowissenschaften und Zellbiologie im zweiten Jahr", meint dieser junge Student. "Ich komme aus Liverpool. Ich persönlich meine, wir sollten in der EU bleiben. Die Gegner sind schon intolerant. Wir haben unser Pfund und sind unabhängig. Das Reisen würde schwerer, wir bräuchten Visa, um in Europa zu reisen und zu arbeiten."
Keine Lust zur Aufruhr
Gerade scheint eine Vorlesung zu Ende gegangen zu sein. Es wird leicht voller in der Cafeteria. Zwei Tische weiter meint Jason, 21, auch Student der Biochemie, dass der Brexit zwar schädlich wäre. Aber die Studenten würden sich jetzt auch nicht gerade dagegen auflehnen.
"Wir haben keine Lust zum Aufruhr. Ich denke aber, dass die EU zu verlassen negative Folgen für die nächsten zehn Jahre hätte."
Ein Friseursalon in Whitton im Londoner Westen. Es ist kein Kunde da im Moment. Die Friseurin kommt aus der Ukraine, hat den britischen Pass und ist für die EU. Ihr Kollege, Ende 20, nicht.
"Für unser örtliches Geschäft hier wird es härter und härter. Alles wird teurer: Betriebssteuern, Miete. Ich bin für "Leave", also besser gehen. Wir sollten beim Regieren unseres Landes unabhängig sein. Egal ob richtig oder falsch, das ist einfach meine Meinung."
Nur wenige junge Leute für den Brexit
Der junge Friseur ist einer der wenigen jungen Leute, der sich zum Brexit bekennt. Anders als die Biochemie-Studenten vom King`s College kann er kaum von einer Karriere in Europa, also auf dem Festland träumen. Aber er ist klar in der Minderheit unter jungen Briten. Sie unterstützen mit großer Mehrheit den Verbleib in der Europäischen Union. Die hier vieldiskutierte Frage lautet nur: gehen sie auch wählen am 23. Juni?
Lewis ist 27, er arbeitet im Call Center eines Taxi-Unternehmens. Laufend gehen Anrufe ein. "Ja, ich werde definitiv wählen, das muss sein. Deswegen ist man ja Wähler. Die Jungen sind nicht zögerlich zu wählen, sie sind einfach busy und haben Spaß."
Lewis hat auch eine Erklärung, warum die Älteren tendenziell anders über Europa denken als die Jungen. "Vielleicht liegt es an den Weltkriegen. Sie leben in dieser dummen Welt von: du gehörst hierhin oder dorthin. Hier ist Deutschland, da Frankreich. Wen interessiert das? Wir sind alle Menschen und haben Spaß zu leben."
Etwas näher Richtung Themse liegt die Waldegrave School, eine begehrte weiterführende Schule. Eine Gruppe 15jähriger in stahlblauer Schuluniform hat gerade Prüfungen absolviert und vertreibt sich die Zeit mit Schach auf einem Vorplatz.
Wenig Aufklärung in den Schulen
"Wir wissen nicht wirklich gut Bescheid. Aber wir sollten in der EU bleiben", meinen beide Schülerinnen. "Wir können uns dann gegenseitig helfen und haben mehr Geld. Wenn wir Schulden haben, können uns andere Länder helfen."
Andere Länder helfen Großbritannien beim Schuldenabbau? Brexit-Befürworter würden sich jetzt hier auf die Schenkel klatschen.
"Wir lernen darüber in der Familie und durch die Nachrichten. Als Thema in der Schule haben wir das nicht."