
"Die Zukunft der Ukraine ist in der NATO", heißt es in der in Vilnius beschlossenen Erklärung der 31 Mitgliedstaaten. Eine formelle Einladung werde es aber erst geben, wenn die Ukraine bestimmte Voraussetzungen erfülle. Als konkrete Beispiele werden Reformen "im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors" genannt. Vor allem die Länder an der NATO-Ostflanke wie Polen und die baltischen Staaten hatten auf eine Einladung an die Ukraine gedrungen, während etwa Deutschland und die USA sich dagegen stellten.
NATO-Generalsekretär Stoltenberg wertete den Beschluss dennoch als klares Signal - auch weil er zusätzlich ein Programm zur verstärkten Kooperation mit der Ukraine vorsieht. Das sei ein "starkes Paket" für die Ukraine und ein klarer Weg hin zu ihrer Mitgliedschaft in dem Bündnis.
Baerbock: "Text ist gut und unmissverständlich"
Auch Bundesaußenministerin Baerbock verteidigte die Erklärung. Die NATO hätte sich auf einen guten Text verständigt, der unmissverständlich sei, sagte sie am Rande des Gipfels in Vilnius. Es sei klar gemacht worden, dass die Zukunft der Ukraine in der NATO liege. Es sei aber vollkommen richtig, kein Datum für einen Beitritt des Landes zu nennen, unterstrich die Grünen-Politikerin. Niemand könne wissen, wann der brutale Krieg gegen die Ukraine zu Ende sei.
Verteidigungsminister Pistorius sagte im ARD-Fernsehen, er verstehe den Unmut und die Ungeduld. Trotzdem sei klar, dass die Ukraine erst NATO-Mitglied werden könne, wenn die Voraussetzungen erfüllt seien. "Das ist ein Agreement, was es in der Klarheit bislang nie gegeben hat", betonte der SPD-Politiker.
Babst: Erklärung ist "strategische Nullnummer"
Kritisch äußerte sich die Sicherheitsexpertin und ehemalige NATO-Mitarbeiterin Babst. Im Deutschlandfunk sagte sie, das, was die Verbündeten mit Blick auf die Ukraine verkündet hätten, sei eine "strategische Nullnummer". Insbesondere Deutschland und die USA hätten jede Art von Formulierung vermieden, die über die Beschlüsse zum Status Quo der Ukraine hinausgehe, die man schon vor 15 Jahren getroffen habe. Bis auf die Waffenlieferungen an Kiew setze man dem russischen Präsidenten Putin und seinem Vernichtungskrieg wenig entgegen, meinte Babst.
Enttäuschung in der Ukraine "unglaublich groß"
Der ehemalige ukrainische Außenminister kritisierte die Beschlüsse des NATO-Gipfels zur Ukraine ebenfalls. Die Enttäuschung in seinem Land sei "unglaublich groß", sagte Klimkin im Deutschlandfunk. Es gehe der Ukraine nicht um einen Zeitplan, sondern um eine klare Einladung zum NATO-Beitritt. Dass diese ausgeblieben sei, sei ein Zeichen der Schwäche, auch gegenüber Russland.
Die Ukraine bemüht sich seit mehr als 20 Jahren um eine NATO-Mitgliedschaft. Schon damals rief die NATO die Ukraine zu weiteren Reformen auf und bat um Geduld. Auf ihrem Gipfeltreffen in Bukarest im April 2008 sprachen sich Deutschland und Frankreich zwar gegen eine Mitgliedschaft der Ukraine aus. Dennoch wurde dem Land eine Beitrittsperspektive gewährt.
Seit der russischen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim 2014 intensivierte das Bündnis die Zusammenarbeit mit der ukrainischen Regierung. Angesichts der russischen Invasion stellte Kiew im September 2022 einen Antrag auf einen beschleunigten Aufnahmeprozess.
Weiterführende Informationen
In unserem Newsblog zum Krieg in der Ukraine finden Sie einen Überblick über die jüngsten Entwicklungen.
Diese Nachricht wurde am 12.07.2023 im Programm Deutschlandfunk gesendet.