Ein Name, zwei Meinungen: Olaf Scholz und Rupert Scholz, weder biologisch noch politisch miteinander verwandt oder verschwägert, markieren an diesem Wochenende im Deutschlandfunk die unterschiedlichen Positionen zur Diskussion um den Einsatz der Bundeswehr im Inland.
"Da bleibt gar nichts anders, als dass in solchen Fällen militärische Mittel herangezogen werden müssen, also die Bundeswehr",
sagt Rupert Scholz, Verfassungsrechtler und ehemaliger Bundesverteidigungsminister. Scholz meint damit Fälle wie den Angriff mit entführten Flugzeugen nach dem Muster der 9/11 Attentäter oder Terrorattacken mit chemischen oder biologischen Waffen: Terror von katastrophischem Ausmaß, für den auch das Bundesverfassungsgericht 2012 bereits den Militäreinsatz im Inneren zugelassen hat.
Militäreinsatz bei Terror von katastrophischem Ausmaß
Rupert Scholz geht es jetzt wie vielen anderen Unionspolitikern darum, diese höchstrichterliche Klarstellung auch in den Text des Grundgesetzes selbst aufzunehmen. Der Verfassungsrechtler verweist zugleich auf andere Länder, in denen Armee- und Polizeiaufgaben traditionell nicht so strikt getrennt sind, wie in Deutschland:
"Die Franzosen haben überhaupt keinen Zweifel daran gelassen, dass sie nach den Anschlägen von Paris, Nizza et cetera natürlich auch die französische Armee einsetzen. Das Gleiche ist auch für die Amerikaner selbstverständlich. Bei den Amerikanern wird das Ganze über die Nationalgarde gemacht. Die Nationalgarde ist ohnehin eine Institution, die sowohl militärisch wie polizeilich aufgestellt und verantwortlich ist. Die Franzosen wollen jetzt auch eine Nationalgarde nach [amerikanischem] Vorbild mit 84.000 Mann einrichten."
Scholz: Diskussion ist "respektlos gegenüber der Polizei"
Es sind solche Vergleiche, die den Namensvetter des CDU Politikers Rupert Scholz, den Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz aufhorchen lassen:
"Ich halte das für eine Diskussion, die respektlos ist gegenüber der Polizei, die sehr wohl in der Lage ist, mit Polizeilagen – und um die geht es hier – umzugehen."
Sagt Olaf Scholz im Deutschlandfunk-Interview der Woche, das wir morgen um 11 Uhr in voller Länge ausstrahlen. Der SPD Politiker sagt, bei den Angriffen und Bedrohungslagen der letzten Wochen habe die Polizei bewiesen, dass sie hinreichend für ihre Aufgaben gerüstet sei.
"Wer Polizist, Polizistin werden will, muss sich sehr sorgfältig ausbilden lassen. Die Polizei in den Ländern, auch die Bundespolizei, haben sehr sorgfältige Auswahlprozeduren, um die besten Bewerberinnen und Bewerber für diese Ausbildung zu finden. Und das ist eine Aufgabe, die wirklich nur mit größter Kenntnis und größter Seriosität wahrgenommen werden kann."
Innere Sicherheit als Wahlkampfthema in Berlin
Ein Jahr vor der Bundestagswahl zeichnet sich in dieser Diskussion ab, wie sich die Parteien, die in Berlin noch in der Großen Koalition verbunden sind, im Wahlkampf gegeneinander positionieren werden. Für die Unionsparteien ist das Thema eine willkommene Gelegenheit, sich auf dem Feld der Inneren Sicherheit zu profilieren. In Berlin lässt sich das bereits anschaulich beobachten: Sechs Wochen vor der Wahl zum Abgeordnetenhaus hat hier in diesen Tagen der Straßenwahlkampf begonnen. Aus Großplakaten fordert der Spitzenkandidat der CDU und Innensenator Frank Henkel "mehr Videotechnik" und verspricht damit nicht Unterhaltungselektronik sondern Überwachungskameras im öffentlichen Raum. Das Thema prägt den Landeswahlkampf auch bei der Linksopposition:
"Wir müssen trotzdem feststellen, dass sich absolute Sicherheit auch mit absoluter Überwachung nicht gewährleisten lässt."
Sagt der Spitzenkandidat der Linken in Berlin, Klaus Lederer, im Deutschlandradio Kultur.
"Jeder kann sich heute eine IS-Fahne selbst basteln, kann sich ein Messer schnappen, kann sich einen Bus anmieten, kann sich einen Bus anmieten und in eine Menschenmenge rasen. Das ist doch das Bedrohliche an dieser Konstellation. Da können Sie Videoüberwachung, das können Sie V-Leute einstellen, da können Sie die ganze Stadt mit Polizeibeamtinnen und -beamten vollstellen: Sie werden solche Taten – so schlimm das ist – nicht verhindern können."
Bundeswehr war bei Münchner Amoknacht in Alarmbereitschaft
Unterdessen berichtet die Süddeutsche Zeitung heute über weitere Details zur Amoknacht von München. Die Alarmierung einer Sanitäts- sowie einer Feldjägereinheit der Bundeswehr ist demnach vor zwei Wochen auf eine informelle Frage im damaligen Krisenstab zurückgegangen. Ein Bundeswehroffizier sei als Verbindungsmann in dem Gremium vertreten gewesen, bestätigt auch das Bundesverteidigungsministerium. Er sei dort gefragt worden, ob die Bundeswehr "etwas beitragen könne". Diese Frage hat am Ende der Kommandokette Bundesverteidigungsministerin von der Leyen erreicht, die dann die Erlaubnis erteilte, die Einheiten in Alarmbereitschaft zu versetzen. Zum einem Einsatz war es nicht gekommen.