Es klingt wie ein Widerspruch: mehr Hilfsbereitschaft und Offenheit auf der einen Seite - steigender Rassismus und Gewalt auf der anderen. Doch tatsächlich ist es das, was etwa die Konfliktforscherin Beate Küpper von der Hochschule Niederrhein in der deutschen Gesellschaft beobachtet - und das nicht erst seit kurzer Zeit. Für sie kamen die rechten Aufmärsche in Heidenau nicht überraschend. Als Wissenschaftlerin beobachtet sie seit Jahren, dass es in Deutschland einen hohen Prozentsatz an fremdenfeindlichen Einstellungen gibt. Und spätestens seit den gewalttätigen Ausschreitungen der Hogesa am Kölner Hauptbahnhof im letzten Jahr müsse allen klar gewesen, wie hoch das Gewaltpotenzial zurzeit ist, sagte Küpper. Der Pegida-Bewegung und der AfD sei es gelungen, die vagen und ambivalenten Meinungen einzufangen und zu bündeln. "Wir konnten beobachten, wie sich das zusammenbraute - das war wie aus dem Lehrbuch", analysiert Küpper in der Diskussion.
Auch für Stephan Mayer (CSU), innenpolitischer Sprecher der Union, kam Heidenau nicht überraschend. Seit Monaten sei es Thema, dass die Stimmung unter Umständen kippt. Er betonte aber, dass es auch ein anderes Deutschland gebe und gegenüber Flüchtlingen bei vielen Menschen viel mehr Akzeptanz und Offenheit herrsche als noch vor 20 Jahren.
Als Politikerin in Sachsen ist es Monika Lazar (Grüne) besonders wichtig, das Asylrecht zu verteidigen und es den Menschen zu erklären. Ihr fehlt dieser Aspekt in der politischen Diskussion. Außerdem hält sie es für wichtig, dass die Kommunen nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden, wenn es um Flüchtlinge geht, sondern frühzeitig von Bund und Ländern informiert werden, um Entscheidungen auch für die Bevölkerung transparent zu machen und für mehr Toleranz sorgen zu können.
Als es in der Diskussion mit der Fragestellung "Wie rechts tickt Deutschland?" um die Frage geht, ob Flüchtlinge aus dem Westbalkan kein Asyl beantragen sollen, gibt Beate Küpper zu Bedenken: "Fremdenfeindlichkeit gibt es auch ohne Flüchtlinge." Sie warnt davor, diese Themen zu vermischen. Indem man in der Diskussion jetzt über die Flüchtlinge spreche, statt über Rechte in Deutschland würde man die Verantwortung umdrehen. Dadurch mache man indirekt die Flüchtlinge für die rechten Tendenzen verantwortlich anstatt diejenigen, die die rechten Parolen verbreiten. Außerdem warnte sie mit Blick auf die Westbalkan-Diskussion davor, Flüchtlinge nicht in "wertvolle" und "nicht wertvolle" Menschen einzuteilen.
Darauf erwiderte Stephan Mayer, dass es bei der Diskussion nicht darum gehe, die Menschen zu bewerten. Die Aufgabe der Politik müsse aber sein, besser zu differenzieren, wer wirklich Asyl brauche. Deutschland sei jedoch ein wirtschaftlich starkes Land und man sei weit davon entfernt, dass die Kapazitäten ausgeschöpft seien.
Um gegen Rassismus unter anderem in Sachsen vorzugehen, müsse es wieder mehr Unterstützung für zivilgesellschaftliche Vereine geben, die sich gegen Rassismus engagieren - vor allem in Sachsen, sagte Monika Lazar. Hier habe der Bund viele Gelder gestrichen. Außerdem seine einige linke Vereine als linksextrem eingestuft worden und hätten darum nicht mehr weiterarbeiten können. Auch Beate Küpper betonte, dass gerade im Osten mehr getan werden müsse, um die Zivilgesellschaft und die demokratischen Kräfte zu unterstützen.
(cc/bor)