Nach Prosit und Gemütlichkeit ist den Mitgliedern des CSU-Ortsvereins Vaterstetten bei München derzeit nicht zumute. Die letzte Umfrage ergibt 38,5 Prozent für die CSU, die AfD steigt auf 15 Prozent und die Berliner Koalition droht jede Minute auseinander zu brechen:
" Ja, alles durcheinander. Chaos pur."
An diesem Abend in der Box Nummer 3 auf dem alljährlichen Volksfest wirkt die Stimmung gedämpft. Die Anspannung, ob und wie gerade im preußischen Berlin die Gespräche zwischen CSU und CDU laufen, versucht man in Bayerns größtem CSU-Ortsverband bei einer Maß Bier zu verdrängen:
"Letztendlich hat die CSU für Bayern das Bestmögliche herausgeholt. Was wäre Deutschland ohne Bayern."
"Wir müssen am Ende des Tages jegliche Bewegung, die die Partei macht, direkt bei den Leuten vertreten und das macht es natürlich nicht ganz einfach."
Nicht mit Journalisten sprechen
Die acht reservierten Bierbänke für den CSU-Stammtisch füllen sich langsam. Die einen kommen in Lederhosen, andere in Jeans und Hemd, ein junges Mädchen in Dirndl. Das Wort Kasperletheater fällt des Öfteren:
"Ja, großes Hickhack, hin und her. Man müsste vielleicht mal seine Linie durchziehen und nicht immer hin und zurück, hin und zurück. Das ist eigentlich das größte Problem. "
Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger, CSU-Listenkandidat für die bayerischen Landtagswahlen im Oktober, ist mächtig verärgert, will es sich aber nicht anmerken lassen. Die Gaudi, die sie da in Berlin veranstalten sei, "schon recht blöd":
"Ja, großes Hickhack, hin und her. Man müsste vielleicht mal seine Linie durchziehen und nicht immer hin und zurück, hin und zurück. Das ist eigentlich das größte Problem. "
Kreishandwerksmeister Johann Schwaiger, CSU-Listenkandidat für die bayerischen Landtagswahlen im Oktober, ist mächtig verärgert, will es sich aber nicht anmerken lassen. Die Gaudi, die sie da in Berlin veranstalten sei, "schon recht blöd":
"Ja, da gibt es dann wieder den Spruch mit Seehofer, Drehhofer. Für die Basis ist es sehr blöd und speziell für einen Listenkandidaten ist es blöd, damit umzugehen."
Vorn auf der Bühne beginnt eine Band zu spielen. Man wolle eigentlich überhaupt nicht mit Journalisten sprechen, gerade jetzt nicht, unterbricht Christl Mitterer abrupt das Interview, stellvertretende CSU-Fraktionsvorsitzende im örtlichen Gemeinderat und vor sieben Jahren noch SPD-Mitglied. Man hätte bereits dem Bayerischen Rundfunk, RTL, ARTE und anderen Medien abgesagt. Ihre Nerven liegen offensichtlich blank:
"Wir sitzen heute hier gemütlich beieinander, wir diskutieren gern miteinander, wir rennen uns vielleicht auch die Köpfe ein, wie auch sonst bei anderen Themen in der Kommunalpolitik, in der Landespolitik und Europapolitik, aber ansonsten würden wir heute gern unter uns sein."
"Atmosphärische Störungen"
Das sehen nicht alle CSU-Mitglieder so. An diesem Abend, wenn jede Minute die Koalition platzen oder ihr CSU-Parteichef Horst Seehofer zurücktreten könne, sei er in Gedanken natürlich in Berlin, sagt Michael Niebler, CSU-Fraktionsvorsitzender in Vaterstetten.
"Also der Wähler schätzt das nicht, das wissen wir ja, wenn es Streit innerhalb einer Partei gibt oder zwischen zwei Schwesterparteien, deshalb ist es wichtig, deshalb ist das jetzt wichtig, dass das jetzt schnell beendet wird."
Niebler wirkt erstaunlich überzeugt von einer schnellen Lösung zwischen Kanzlerin Merkel und CSU-Bundesinnenminister Seehofer. Reiner Zweckoptimismus?
"Also da hat es jetzt eine Zuspitzung in den letzten Tagen gegeben. Ich glaube, dass es nicht nur einen Schuldigen gab, nicht nur Seehofer, sondern da hat es auch atmosphärische Störungen gegeben. Ich finde es bedauerlich, dass es so weit gekommen ist, umso wichtiger ist, dass man es wieder entschärft."
Die Landtagswahl sei erst in drei Monaten und zwei Wochen, winkt Niebler ab. Dazwischen liegt die Sommerpause, bis dahin sei der Streit zwischen den Schwesterparteien CSU/CDU vergessen: "Wir hatten in den letzten drei Wochen einen Austritt gehabt wegen dieser Zuspitzung, aber wir haben in den vergangenen Wochen auch fünf Eintritte gehabt."
"Ich glaube, inhaltlich kann man sagen, es geht in die richtige Richtung. Die Art und Weise, wie es abgelaufen ist, ist das was man hinterfragen müsste, weil wir uns da selber ein hausgemachtes Problem geschaffen haben. Und ob das der richtige Weg ist, stelle ich jetzt mal in Frage."
Ersatz für Seehofer?
Die Partei bräuchte eine neue Führung. Der junge CSU-ler, ein Mittzwanziger der Jungen Union, spricht Klartext: "Ich glaube, momentan führt da kein Weg dran vorbei. Das ist wahrscheinlich die letzte Konsequenz, die es in dem ganzen Streit, wie er gerade läuft, geben wird und was danach kommt, ist sicherlich auch nicht uninteressant."
Ein Handwerksmeister aus dem Nachbarort sieht darin ebenfalls die einzige Lösung. Eine Zukunft für die CSU gebe es nur ohne Seehofer - natürlich nur innerhalb der Koalition. Diese stellt an diesem Abend niemand in Frage, aber das Taktieren des Bundesinnenministers in den letzten Tagen mache die CSU unglaubwürdig. Sein Vorschlag: Ein personeller Neuanfang der CSU-Spitze, ein Bundesinnenminister Joachim Herrmann oder auch Stephan Mayer, Seehofers parlamentarischer Staatssekretär als dessen Nachfolger.
Gegen 22 Uhr steht dann fest: Der Durchbruch im Koalitionsstreit ist geschafft. Seehofer bleibt. Für die CSU-Basis bleibt es kompliziert.