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Displaytechnologie
Die Litfaßsäule der Zukunft

Ob Computer-Bildschirm, Smartphone oder Flatscreen-Fernseher: Bisher war das dargestellte Bild an den jeweiligen Bildschirm gebunden. Das könnte sich jetzt ändern: Junge Münchener Forscher haben ein Verfahren entwickelt, bei dem das Bild frei im Raum schwebt und sich mit dem Betrachter bewegt.

Von Bernd Schlupeck | 23.07.2018
    Ein Messebesucher geht an einem Leuchtdisplay auf der CeBIT in Hannover vorbei.
    Ein Messebesucher geht an einem Leuchtdisplay auf der CeBIT in Hannover vorbei. (dpa / picture alliance / Peter Steffen)
    Im Büro des Start-ups Apicbeam in München werden die Rollos heruntergelassen, das Licht geht aus.
    Alles, was jetzt noch leuchtet, ist eine dünne Linie.
    Sie ragt aus einem runden Tisch senkrecht in die Höhe wie ein haarfeines Laserschwert. 3-D-Brillen aus Pappe werden verteilt.
    "Wir sehen jetzt hier eine schmale Glasstange, die farbig beleuchtet ist. Und wenn man jetzt durch die Brille schaut, dann sieht man frei schwebende Bilder, sogar Videos mitten im Raum."
    Sascha Grusche ist der Erfinder der neuen Display-Technologie.
    Im Raum schwebende virtuelle Bilder und Videos
    Links und rechts der Linie taucht Marilyn Monroe auf, die versucht ihr Kleid zu kontrollieren. Wenige Sekunden später sind vier Tauben zu sehen, dann zwei Springbrunnen.
    Und kurz darauf ein Videoclip, in dem Sascha Grusches Kopf im Raum schwebt und spricht.
    Das Verblüffende: Der Betrachter kann um die Bilder herumgehen. Und sie bleiben ihm jederzeit zugewandt.
    "Also anschaulich gesprochen, nehmen wir momentan einfach einen herkömmlichen Beamer und stellen davor ein Prisma. Dann erhalten wir ein bunt verwaschenes Bild. Dieses Bild projizieren wir quer auf eine Glasstange, sodass diese Glasstange bunt erleuchtet erscheint. Nun brauchen wir nur noch durch das zweite Prisma schauen und sehen dann auf einmal eine regenbogenfarbige Version unseres ursprünglichen Bildes."
    Üblicherweise besteht ein Bild aus mehreren Pixeln, die in Spalten und Reihen auf einem Bildschirm angezeigt werden.
    Jedem dieser Pixel ist ein bestimmter Farbwert zugeordnet.
    Revolutionäre Displaytechnologie
    Der Trick der Münchner Forscher: Sie verschlüsseln die unterschiedlichen Pixelspalten mit den unterschiedlichen Farben des Lichtspektrums und führen sie auf eine einzige Linie zusammen.
    Die Information wird dann auf die Glasstange gestrahlt, die als Leinwand dient. Schaut der Betrachter durch ein zweites Prisma auf diese Lichtlinie, fächert sie sich zu einem regenbogenfarbigen Bild auf.
    Das geht mit speziellen 3-D-Prisma-Brillen. Weil der Projektionsschirm nur eine Linie ist, schwebt das Bild frei im Raum und wirkt dreidimensional.
    Die Technologie ist bereits patentiert. Was es jetzt noch braucht, ist ein neuer Projektor, der Licht nur auf die dünne Leinwand projiziert, sagt Daniel Eble, Leiter der Gesamtentwicklung bei Apicbeam.
    "Grundsätzlich schießen wir eigentlich 99 Prozent des Lichts vorbei. Und die Herausforderung ist, dass herkömmliche Projektoren nicht geeignet sind für diese neue Technologie und wir den Projektor tatsächlich selber entwickeln müssen. Dann wird es eben nicht mehr nur kleine Hologramme geben, sondern meterhohe Hologramme, und die dann in Vollfarben."
    Litfaßsäule der Zukunft
    Hologramme von 10 mal 20 Meter wären kein Problem, versichert Daniel Eble.
    Mit den hologrammartigen Bildern und Videos, die es bereits gibt, hat das nichts zu tun. Viele kennen vielleicht Konzertaufnahmen, bei denen berühmte verstorbene Musiker gemeinsam mit noch lebenden auftreten. Hier werden die Hologramme mit riesigen Pyramiden aus spiegelnden Glasplatten und flächigen Bildschirmen realisiert.
    "Wenn man das vergleicht mit herkömmlichen Lösungen, sind unsere Bilder fünfmal größer bei gleichem Bauraum. Wir sind etwa vier- bis fünfmal kostengünstiger. Und ein ganz großer Vorteil unserer Lösung: Es ist Plug and Play. Das heißt jegliche Bild- und Videoinformationen können einfach eingespeist und angezeigt werden."
    Zum Beispiel in einer neuen Art von Litfaßsäule, so Daniel Eble. Passanten bräuchten dafür keine 3-D-Brille, Es reicht, wenn eine Glasscheibe mit spezieller Folie als Prisma zwischen Lichtlinie und Betrachter gestellt wird. Aber auch für Automobilhersteller oder Architekten ist die Erfindung des Start-ups geeignet. Interessenten haben bereits angeklopft.