Mark DeYmaz leitet die "Mosaic Church" in Little Rock im US-Bundesstaat Arkansas. Gläubige aus 25 Nationen kommen hier zum Beten zusammen, sagt er. Als er diese Kirchengemeinde vor 20 Jahren gründete – und zwar als eine explizit multi-ethnische Gemeinde -, da war er mit dieser Idee noch ein ziemlicher Exot. Die meisten Gemeinden in den USA richteten sich zu dieser Zeit an eine bestimmte homogene Bevölkerungsgruppe: an Weiße, Schwarze oder Latinos. DeYmaz hatte zuvor als Jugendpfarrer einer Mega-Church mit über 5000 Mitgliedern gearbeitet.
"Ich habe mich in dieser eigentlich tollen Kirche umgeschaut und gemerkt, dass die einzigen Nicht-Weißen dort unsere Hausmeister waren. Und das begann mich zu stören. So habe ich diese weiße republikanische Vorortkirche verlassen und im Zentrum der Stadt Little Rock eine neue Kirche gegründet. Mein Traum war, dass Männer und Frauen jeglicher Herkunft und Hautfarbe zusammen beten könnten. 20 Jahre später kann ich immer noch nicht glauben, dass dieser Traum wahr geworden ist."
Vielfalt alleine reicht nicht
Mark DeYmaz' Kirche ist statistisch betrachtet noch heute eine Besonderheit. Doch der Grad der Diversität in Kirchengemeinden nimmt laut einer neuen Studie zu: Während 1998 erst sechs Prozent von ihnen als "gemischt" galten, waren es 2019 schon 16 Prozent. Die Daten beziehen sich vor allem auf protestantische und katholische Gemeinden. Mark Chaves ist einer der Autoren der Untersuchung. Er ist Religionssoziologe und Theologie-Professor an der Duke University in Durham in North Carolina:
"Noch immer erfüllt nur die Minderheit der Kirchengemeinden in den USA das Kriterium einer echten Durchmischung, aber sehr viele von ihnen sind mittlerweile zumindest ein wenig diverser. Es gibt viel weniger reine weiße Gemeinden. Die Vielfalt hat am stärksten in den weißen protestantischen Kirchen zugenommen."
Die weißen Protestanten holen auf – sie haben aber immer noch nicht den Grad an Diversität der katholischen Gemeinden erreicht, die in den USA von jeher viel diverser sind, was vor allem an den vielen katholischen Einwanderern aus Südamerika und anderen Kontinenten liegt. Als "gemischt" haben die Forscher jene Gemeinden definiert, in denen keine der ethnischen Gruppen mehr als 80 Prozent der Mitglieder stellt.
"Dass die Vielfalt zunimmt, ist erstmal positiv. Aber natürlich muss man sich auch ansehen, was genau in diesen Gemeinden passiert: Obwohl der prozentuale Anteil von Minderheiten steigt, ist die Leitung der Gemeinde oft trotzdem noch weiß, verändert sich die Kultur nicht, Rassismus wird ignoriert. In solchen Fällen spiegeln die Kirchen einfach nur die Hierarchien in der Gesellschaft."
Schwarze Pastoren stabilisieren die Diversität
Mark DeYmaz von der Mosaic Church findet die Ergebnisse der Studie dennoch ermutigend. Er sagt aber auch, viele Kirchen hätten noch einen weiten Weg vor sich. DeYmaz hat verschiedene Bücher über multi-ethnische Kirchen geschrieben. Er hat das Netzwerk "Mosaix" gegründet, das weltweit Pastoren und Gemeindeleiter zu Fragen der Diversität berät. Wichtig sei, dass Kirchen Multi-Ethnizität nicht als Selbstzweck anstrebten oder um sich als möglichst politisch korrekt zu präsentieren:
"Die größte Herausforderung für die Gemeinden ist, dass sie Minderheiten wirklich willkommen heißen und integrieren – und nicht von ihnen verlangen, sich einfach anzupassen an die Kirche, so wie sie ist. Bei uns müssen die Gläubigen ihre Kultur nicht an der Tür abgeben, sondern die Mehrheitskultur muss das Neue, das Andere tatsächlich annehmen und aufnehmen."
Forscher Mark Chaves macht ein weiteres Ergebnis seiner Studie Hoffnung für eine in Zukunft stärker diverse Kirchenlandschaft.
"In den stärker gemischten Kirchen haben wir mittlerweile eine höhere Quote von schwarzen Gemeindeleitern. Es ist noch nicht untersucht, warum das so ist, aber es scheint doch plausibel, dass ein schwarzer Pastor Diversität stabilisiert, weil er wohl sensibler ist für die Dynamik, zu der es in einer multi-ethnischen Kirche kommen kann."
Mark DeYmaz ist sicher, dass die ethnische Vielfalt in den Kirchengemeinden weiter steigen wird und muss – nur so könne die Kirche in der Zukunft relevant bleiben.
"Wir müssen Rassismus-Strukturen in den Kirchen weiter abbauen. Das wird ein wichtiger Teil der Arbeit in den Kirchen in den kommenden zehn bis 15 Jahren sein. Fast 20 Prozent Diversität bei den Mitgliedern zu erreichen, das kann ja nur ein Anfang sein – auf keinen Fall das Ziel."