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Diversity als Chance

Eine Vielfalt in Nationalität, Religion, Alter oder sexueller Orientierung ist in großen Firmen die Normalität. Die meisten Unternehmen wollen diese Vielfalt als Bereicherung betrachten - doch oftmals muss ein sogenannter Diversity-Manager den Firmen auf die Sprünge helfen.

Von Martina Senghas |
    "Mein Name ist Andrea Differing, ich komme aus Argentinien mit so einem komischen Namen und ich bin tätig in dem Bereich Globalisierung."

    "Mein Name ist Georgy Paputscharow, ich komme aus Bulgarien und ich arbeite im Global Solution Management."

    "Meine Name ist Evelyn Stüttgen geborene Rivera-Candelaria, ich komme aus Mexiko und ich arbeite für den Bereich Product-Management."

    So hört es sich an, wenn man sich nach Herkunft und Tätigkeitsbereich der Mitarbeiter des Walldorfer Software-Unternehmens SAP erkundigt. Wie viele international aufgestellte Unternehmen ist die Belegschaft hier von einer großen kulturellen Vielfalt geprägt, und genau das macht es für viele so attraktiv als Arbeitsplatz. Aber natürlich kann eine solche Vielfalt auch zu Irritationen und Konflikten führen. Zwei SAP-Mitarbeiterinnen:

    "Ich war dran gewöhnt, die Leute mit zwei Küsschen zu begrüßen, wie es bei uns üblich ist, auch wenn man sich nicht kennt. Und habe hier gelernt, dass die Leute dann immer einen Schritt zurückgemacht haben und musste dann die Hand geben und dann auch beim Sprechen die Leute nicht unbedingt berühren."

    "Also man muss sehr viel lernen, von Kleinigkeiten angefangen, wie Pünktlichkeit. Wir Südamerikaner sind nicht gerade pünktlich. Das kriegt man aber hin. "

    Und das kriegen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter anderem deshalb hin, weil ihnen oft sogenannte interkulturelle Trainings dabei geholfen haben. In großen Unternehmen gehören die mittlerweile zum Standardangebot im Schulungsprogramm. Und sie gehören zu den Kernaufgaben eines sogenannten Diversity-Managements. Jutta Rump, Professorin für Internationales Personalmanagement an der FH Ludwigshafen:

    "Diversity Management ist ein Zusammenschluss von unterschiedlichen Perspektiven, wenn es um Mitarbeiter geht. Dazu gehören die unterschiedlichen Kulturen, dazu gehört die Altersfrage, das Thema Geschlechter spielt auch eine ganz große Rolle, also Männer-Frauen, und das Thema sexuelle Orientierung gehört auch dazu."

    Die Zufriedenheit einer hoch differenzierten Belegschaft gewährleisten, das ist das Hauptziel eines Diversity Managements. Freilich nicht zum Selbstzweck, denn von einer unzufriedenen Belegschaft ist keine Höchstleistung zu erwarten und sie macht eine Firma auch nicht attraktiv auf einem Arbeitsmarkt, in dem die besten Fachkräfte international heiß umkämpft sind. Aber Diversity Management ist noch mehr als das. Natalie Lotzmann, die Diversity-Managerin beim Walldorfer Software-Konzern SAP:

    "Wenn ich ganz schnell innerhalb eines halben Tages eine Aufgabe zu bewältigen habe mit meinem Team, dann würde ich eher schauen zu sagen, wen bringe ich jetzt zusammen, von denen ich weiß, die sind schon eingespielt. Da ist weniger Vielfalt. Wenn ich mehr Zeit habe zum Beispiel, und ich möchte etwas wirklich Innovatives machen, dann werde ich Leute zusammen bringen, die völlig unterschiedlich ticken, wo ich sage, okay, das dauert ein bisschen, die müssen sich erst zusammen finden. Dann aber ist die Wahrscheinlichkeit, dass ich da eine wirkliche Innovation herausbringe, viel größer. Und das zeigen ja auch Studien."

    Doch welche Möglichkeiten gibt es eigentlich, solche Dinge zu lernen? Ein grundständiges Studienfach "Diversity Management" existiert nicht, aber viele Studien- und Weiterbildungsgänge bieten Seminarreihen oder Module dazu an. Und mit der nötigen Neugier und Offenheit kann man mit einem Physik- oder Sprachstudium genauso gut Diversity-Manager oder –Managerin werden wie mit einem BWL- oder Psychologieabschluss.

    Laut einer Studie der Bertelsmannstiftung hinkt Deutschland in dem Bereich allerdings noch etwas hinterher. Während sich auf amerikanischer Ebene 92 und auf europäischer Ebene 75 Prozent der Unternehmen um ein Diversitiy-Management bemühen, sind es auf deutscher grade mal 44 Prozent. Der Bedarf, so Jutta Rump, sei auf jeden Fall da:

    "Der Trend zu Globalisierung führt dazu, dass der Aspekt Kultur und Diversity mehr und mehr in den Blickpunkt rücken muss. Weil ich muss das ja irgendwie managen, ich muss es steuern, ich kann es ja nicht einfach sich selbst überlassen. Also wenn wir dieses Potenzial der Vielfalt heben, brauchen wir eine Strategie auch, um Reibungen und eventuelle Missverständnisse auszuräumen und gar nicht erst quasi negative Energie ausströmen zu lassen - und dann gezielt auch zu schauen, inwiefern man diese Vielfalt, diese Diversität auch nutzen kann."