Noch wird geübt. Jede Teilnehmerin des Electronic-Workshops hat ihr eigenes Stück kreiert. Eine Woche lang konnten sich die Frauen mit ihren Samples und Ideen beschäftigen. Noch einmal proben, dann müssen alle zwölf sich mit ihrer Live-Performance behaupten. Im kleinen Kölner Club sind schon die ersten Gäste aufgelaufen. Julia Zech ist 23 und sucht im Kurs neue Impulse.
"Ich hab' mich schon länger mit Aufnahmeprogrammen beschäftigt, und das war voll der gute Anreiz, sich mal tiefer damit zu befassen. Ich hab jetzt ganz viele Ideen bekommen, wie ich das mit meiner Musik, die ich jetzt schon mache, kombinieren könnte. Mit normaler Folk-Musik. Zum Beispiel habe ich auch letztens in 'ner Band mitgespielt mit indonesischen Gamelan-Instrumenten. Und da ist mir heute gekommen, dass man da super Beats draus bauen könnte. Wir haben eine Einführung bekommen in Ableton, also dieses Programm, mit dem wir gearbeitet haben. Dann haben wir tausend Möglichkeiten bekommen, wie wir damit arbeiten können. Aber was der Einzelne daraus gemacht hat, ist sehr unterschiedlich."
Die 34-jährige Cordula Krotsche ist Teil eines Kölner Frauen-Netzwerkes, das sich mit elektronischer Musik beschäftigt. Dabei macht sie sonst eher handgemachte Musik. Der Workshop hat sie gerade deshalb interessiert.
"Ich fand's interessant, dass ich gelernt habe wie ein Techno-Beat oder ein elektronischer Beat generell aufgebaut ist. Das ist ja in der Popularmusik noch ein bisschen anders."
Warum so wenige Frauen elektronische Musik machen, das erklären sich die Teilnehmerinnen so:
"Weil das halt auch viel mit Technik zu tun hat, denke ich. Man muss sich erst mal mit Technik auseinandersetzen. Das ist manchmal nicht so einfach. Für mich zumindest, war es auch nicht so einfach am Anfang, erstmal da so rein zu kommen."
"Dass man so exponiert Verantwortung für eine Masse während mehrerer Stunden hat. Vielleicht ist das was, wo sich Frauen erstmal ein bisschen weniger trauen, so was zu übernehmen."
Stücke etablierter Szene-Künstler werden kreativ bearbeitet
Die genauen Gründe bleiben Spekulation. Schon 2007 hatte Robert Zahn vom Landesmusikrat NRW die Idee zu dem Workshop für Frauen.
"Es gab einen Remix-Wettbewerb, der ging von der Musikschule Bochum aus. Es gab eine internationale Jury. Die haben es geschafft, dass sie europaweit fast 4.000 Einsendungen hatten. Und von diesen 4.000 waren im Jahr 2006 acht von Frauen. Da dachten wir, wir müssen wenigstens versuchen mit einem speziellen Workshop, wo nur Frauen mitmachen, etwas mehr Affinität erreichen."
Die Statistik konnte der Elektronicworkshop bisher zwar nicht verändern. Trotzdem ist der Landesmusikrat zufrieden.
Robert von Zahn, Generalsekretär Landesmusikrat NRW:
"Gleichwohl haben wir in den Jahren fast 200 Teilnehmerinnen gehabt. Und wir haben dabei sehr, sehr viele gute Resultate gehabt, wo ich hinterher bei der Abschlusspräsentation dachte – es hat sich doch gelohnt. Die müssen unbedingt weiter machen."
Die Kursleiterinnen Angelika Lepper und Maya Sternel kommen aus der Berliner DJ-Szene und sind international vernetzt. Arrivierte Künstler stellen für den Workshop ihre Stücke zur Verfügung – die dann neu gestaltet werden."
"Ich habe angefangen aufzulegen - schon Anfang der 90er-Jahre. Die Vernetzung war natürlich eine vollkommen andere. Es gab kaum Vernetzung außer persönlichem Freundeskreis eben."
Angelika Lepper alias Acid Maria trat schon 1996 bei der Mayday in Dortmund auf. Sie lehrte Film-Montage an der Hochschule für Film und Fernsehen in Potsdam. Trotzdem fühlte sie sich als Künstlerin lange nicht ernst genommen.
"Wir leben jetzt in der Gender-Debatte schon in einer anderen Zeit, es gibt schon mehr Frauen, die sichtbar werden. Es gibt 'ne lange Historie von Frauen in der elektronischen Musik. Nur man kennt sie kaum. Und da kann man halt versuchen, dran zu arbeiten. Unter anderem mit diesem Remix-Workshop."
Sich in der Szene zu behaupten war ein Kampf.
"Man ist in einen Plattenladen rein gekommen und es war 'ne reine Jungssache. Es war ein ständiges Thema, dass man eine der wenigen ist, die das macht. "Ne Freundin von mir hat ein Netzwerk gegründet, das heißt Female Pressure. Gibt's auch immer noch, und die hat eben so wie ich auch, diese Debatte versucht zu kanalisieren in eine positive Energie. Man muss sich vernetzen, zusammenschließen und dazu beitragen, dass sich da etwas ändert."
DJ Maya Consuelo Sternel ist Musikproduzentin und Toningenieurin, betreibt ein Label, arbeitet als Dozentin.
"Ich hab's lang überhaupt nicht wahrhaben wollen, ich hab's auch so nicht akzeptieren wollen. Muss aber immer wieder feststellen, dass ich im Laufe der letzten 20 Jahre immer wieder dieselben Themen, immer wieder dieselben Fragen beantworte. Wie ist das, als Frau Musik zu machen?"
Mit dem Workshop wollen beide Dozentinnen ein Zeichen setzen.
"Ideal läuft es, wenn alle was Individuelles geschaffen haben nachher. Sich damit auf die Bühne stellen, Spaß haben und tanzen und das abgeht und dieser Funke überspringt auf das Publikum."
Im Partyraum wird etwas leiser, das Publikum wartet, rötliches Licht schimmert. Carolin Schweitzer ist 29. Gleich muss sie an die Regler.
"Nervös ist man natürlich schon aber natürlich mit viel Freude auch."
"Tatsächlich war es heute Nachmittag schlimmer als jetzt. Ich bin sehr froh, dass ich es gemacht hab. Ich bin so aufgeregt, mehr kann ich nicht sagen."
"Super, hat Spaß gemacht. Es hat nicht alles geklappt, aber es war viel besser als erwartet."
Das natürlich auch männliche Publikum haben die Frauen heute Abend überzeugt.
"Eins war sehr cool auf Techno geschnitten. Und auch die ruhigen Sachen fand ich ziemlich geil. Ich find's auch gut, dass da Frauen gefördert werden."
"Ich fand, es haben alle eigentlich was Gutes daraus gemacht. Auch wenn's jetzt nicht alles total meinem Geschmack entspricht."