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Dlf-Sportgespräch
"Irgendwann ist da auch mal das Geld alle"

Kurz vor dem Bundesliga-Start nerven Christian Heidel eigentlich nur die englischen Spielerberater. "Da entsteht eine Blase", sagte er im Dlf mit Blick auf die Insel. Im Sportgespräch sprach der Schalke-Manager über den Zustand des deutschen Fußballs, Kommerz und warum ihm Stadionbesuche in England keinen Spaß machen.

Christian Heidel im Gespräch mit Matthias Friebe |
    Christian Heidel, Manager von Schalke 04
    Christian Heidel, Manager von Schalke 04, sieht die Bundesliga gut aufgestellt (dpa)
    Die Phase vor Saisonbeginn und vor Ende der Transferperiode, sei durchaus intensiv, sagte Christian Heidel. "Man wird von morgens bis abends angerufen. Die Berater sind rund um die Uhr im Einsatz und bieten irgendetwas an und das ist sehr zeitaufwändig." Für ihn sei es aber nicht die stressigste Zeit der Spielzeit.
    Auch das vorgezogene Ende der Transferphase in England, wonach die Premier League-Clubs direkt mit Saisonbeginn keine Spielerkäufe mehr tätigen dürfen, habe keinerlei Auswirkungen. Mit einer Ausnahme: "Die englischen Agenten nerven momentan von morgens bis abends, weil sie wahrscheinlich in England noch 100 Spieler abzugeben haben. Da die Mannschaftgrößen teilweise 30, 40 Spieler sind", sagte der Sportvorstand von Schalke 04 im Deutschlandfunk.
    "England? Da entsteht eine Blase"
    In England habe Heidel derweil schon langsam den Eindruck, als "entstehe dort eine Blase", sagte er im Dlf-Sportgespräch.
    Es gebe immer mehr Spieler in den Mannschaften. Zwar könne man sagen, "Okay, das Geld ist da", aber es sei die Frage, ob man die Spieler dann im nächsten Transferfenster auch wieder erfolgreich loswerde und gleichzeitig würde man ja auch wieder neue Spieler einkaufen. In Deutschland schaue man sich die Situation auf der Insel mit einer gewissen Gelassenheit an, sagte der 55-Jährige. "Irgendwann ist da auch mal das Geld alle."
    Mane springt Klopp lachend an, im Vordergrund läuft der Spieler Joe Gomez auf die beiden zu. 
    Die englische Premiere League ist aktuell die umsatzstärkste Fußballliga der Wellt (Martin Rickett / PA Wire / dpa)
    Der Schalker Sportvorstand betonte auch, dass es immer wehtue, wenn man einen eigenen Jugendspieler verkaufe, aber "das ist das Fußballgeschäft. Ich gebe zu, dass da die Romantik teilweise etwas zu kurz kommt, geht mir auch so, aber das zählt heute wenig."
    "Da ist Schalke meilenweit hinterher"
    Die generierten Transfereinnahmen seien aber extrem wichtig, um diese in die eigenen Jugendleistungszentren, wie die Schalker Knappenschmiede zu stecken. Von dort würden immer wieder Spieler in die Schalker Profielf vorstoßen, wenngleich Heidel selbstkritisch hinzufügte, dass es "in den letzten zwei, drei, vier Jahren nicht so funktioniert hat."
    Schalke-Manager Christian Heidel.
    Schalke-Manager Christian Heidel will in Zukunft viel Geld in das Schalker Jugendleistungszentrum stecken. (imago - Eibner)
    Auch in die Infrastruktur der Knappenschmiede wolle man in Zukunft massiv investieren, denn "da muss ich sagen, ist Schalke weit hinterher", sagte er kritisch.
    Die aktuelle Kritik am deutschen Fußball, vor allem durch das frühe Aus der Nationalmannschaft bei der WM in Russland, teile Heidel derweil nicht. Vielmehr sei dies für ihn nur eine "Momentaufnahme". 
    Kein Rassismus-Problem in Deutschland
    "Wir hatten eine besondere Situation im letzten Jahr in der Europa League. Wir hatten ein 'schlechtes Jahr' von Borussia Dortmund. Aber jetzt zu sagen, der deutsche Fußball ist komplett am Ende, dagegen wehre ich mich. Wir haben sicherlich alle Fehler gemacht. Aber nicht alles in Frage stellen, das ist so eine deutsche Mentalität, damit kam ich noch nie klar", sagte der ehemalige Manager von Mainz 05.
    Südkorea gewinnt 2:0 gegen Deutschland: ein enttäuschter Mesut Özil beim Vorrundenspiel der Gruppe F am 27.06.2018 in Kasan, Kasan-Arena bei der Fußball Weltmeisterschaft 2018 in Russland 
    Der Rücktritt von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft kam für Heidel nicht überraschend (picture alliance / dpa / Sven Simon)
    Auch zum Özil-Rücktritt und die gesamte Affäre rund um die Erdogan-Fotos, äußerte sich der Schalker Manager. Ihn störe, dass die Affäre zu einer Staatskrise überhöht wurde. Dafür habe er keinerlei Verständnis. "Ich weiß nicht, was die Leute, die Mesut seit Ende der WM aufgefordert haben, sich doch endlich zu äußern, was haben die eigentlich erwartet, was der Junge sagt. Haben die geglaubt, dass der sagt, 'es tut mir alles leid.' Es war doch völlig klar, dass das so ausgeht, wie es jetzt ausgegangen ist." Ein Rassismus-Problem in Deutschland sehe er definitiv nicht.
    Fußballkultur in Deutschland nicht aufs Spiel setzen
    Heidel positionierte sich im Sportgespräch auch klar gegen eine Abschaffung der 50+1-Regel, um möglicherweise die Bundesliga durch ausländische Investoren spannender, ausgeglichener und international konkurrenzfähiger zu machen und griff dabei vor allem auch RB-Leipzig-Trainer Ralf Rangnick an. "Wenn ich bei RB Leipzig wäre, glaube würde ich nichts anderes sagen. Das kann ja RB Leipzig komplett egal sein. Es ist auch leicht zu reden, wenn man bei RB Leipzig ist, dass Tradition keine Rolle spielt, wenn Tradition nur fünf oder sechs Jahre alt ist."
    Wenn 50+1 abgeschafft werden, bestehe gleichermaßen auch Gefahr. "Dann kommt eben ein Amerikaner oder Chinese mit dem großen Geldkoffer zu einem Klub aus den Niederungen der Zweiten Liga, spielt in zwei oder drei Jahren um die Deutsche Meisterschaft mit. Der hat dann ein Fanaufkommen von 3754 und auswärts fährt ein VW-Bus mit." Die Probleme des deutschen Fußballs würden mit der Abschaffung von 50+1 nicht gelöst, sagte Heidel. Man müsse aufpassen, dass man die Fußballkultur in Deutschland nicht aufs Spiel setze.
    Naldo von Schalke bejubelt sein Tor zum 2:0 gegen Dortmund.
    Tradition wird auf Schalke immer noch extrem groß geschrieben. (dpa / picture alliance / Ina Fassbender)
    "Da würde das Rad dann überdreht"
    Man müsse aufpassen, dass man das Rad der Kommerzialisierung im Fußball nicht überdrehe. Aktuell sehe er dafür aber keine Gefahr, sagte der Schalke-Manager. Ein sensibler Punkt seien die Ticketpreise, die laut Heidel im europäischen Vergleich in deutschen Stadion unterdurchschnittlich sind. "Fußball muss in Deutschland für Familien und junge Leute finanzierbar sein", sagte Heidel. Bei seinen Stadionbesuchen in England bemerke er immer wieder, wie sich die Stimmung, die Atmosphäre und das Klientel verändert habe. "Das hat für mich mit Fußball nichts mehr zu tun."
    Er halte es auch für "kompletten Schwachsinn", ein Bundesliga-Pflichtspiel in den USA, China oder Japan auszutragen. "Da würde das Rad dann überdreht."
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.