Fast 40 Jahre lang stand Wilhelm Schänzer im Dienste der Wissenschaft und der Antidopingforschung an der Deutschen Sporthochschule Köln. Die letzten 20 Jahre davon war Schänzer Leiter des renommierten Antidopinglabors in Köln, das neben dem Antidopinglabor in Kreischa bei Dresden das einzige von der Welt-Antidoping-Agentur (WADA) zugelassene Labor für Dopinganalytik in Deutschland ist.
"Wir haben viel verbessert"
In dieser langen Zeit ging es für Wilhelm Schänzer im Wesentlichen darum, Blut- und Urinproben von Athleten auf verbotene Substanzen zu testen und neue Analyse-Methoden zu entwickeln, um überhaupt das zu finden, was zum Betrügen genutzt wird. "Heute hat die Analytik sehr viel dazugewonnen", stellte der Wissenschaftler im Dlf-Sportgespräch rückblickend fest: "Wir haben in den letzten 20 bis 30 Jahren sehr viel verbessert." Probleme bereite heute in seinen Augen weniger die Analytik, als vielmehr die Kontrollen.
An das IOC richtete Schänzer daher auch die Forderung, nur solche Athleten zu Olympischen Spielen zuzulassen, "die im Vorfeld ein Jahr oder anderthalb ausreichend von unabhängigen Systemen kontrolliert worden sind. Die Welt-Anti-Doping-Agentur muss ganz klar sagen, was akzeptabel ist."
Dopingjäger oder Anwalt des Athleten?
Sieht sich Wilhelm Schänzer als "Dopingjäger" - so wie sein Vorgänger Manfred Donike oft gesehen wurde? "Letztlich bin ich Analytiker oder Wissenschaftler", erklärt der 65-Jährige. "Die Methoden, die wir verwenden, werden benutzt, um die Athleten zu überführen. Das ist auch gut so, weil nur durch die Methoden, die wir haben, haben wir die Erkenntnisse, dass manipuliert worden ist."
Man müsse aber auch beachten, dass nicht jeder Dopingbefund durch beabsichtigtes Doping zustande gekommen sein muss: "Das haben wir zu Beispiel sehr stark mitbekommen ab 1999, als es sogenannte kontaminierte Nahrungsergänzungsmittel mit Hormonen gab, die dann zu positiven Befunden geführt haben." Solche Kontaminationen habe es unter anderem mit anabolen Steroiden wie Nandrolon gegeben.
Der Fall Dieter Baumann
Auch im Doping-Fall um den ehemaligen deutschen Langstreckenläufer und Olympiasieger Dieter Baumann ging es 1999 um Nandrolon. Wilhelm Schänzer schildert die Arbeit in diesem Fall "wie in einem Krimi": Es habe eine Weile gedauert, bis er und seine Kollegen bei den Baumanns zuhause auf die Nandrolon-Quelle gestoßen seien - in der Zahnpasta. Wie die Substanz da hinein gekommen ist, ist bis heute allerdings nicht abschließend geklärt.
Für Wilhem Schänzer war immer entscheidend: "Wir müssen vor Gericht mit unseren Analyseergebnissen standhalten." Denn die Anwälte von positiv getesteten Athleten könnten versuchen, "das Ergebnis, das wir aufgestellt haben, zu zerreißen." In solchen Fällen sei es das Beste, "dass wir eine perfekte Analytik abliefern."