Noch nie wurde die genetische Herkunft der Bevölkerung eines Landes so umfassend und genau untersucht, wie jetzt bei den Briten, erläutert der Humangenetiker Peter Donnelly von der Universität Oxford.
"Wir haben die DNA von 2.000 Freiwilligen gesammelt. Sie alle stammen aus ländlichen Regionen des Vereinigten Königreiches. Berücksichtigt wurden nur alteingesessene Bewohner, deren vier Großeltern aus der gleichen Region stammen."
So verhinderten die Forscher, dass Einwanderer aus jüngster Zeit und Umzüge innerhalb des Staates, die das 20. Jahrhundert prägten, die Daten verfälschen. Bei allen Studienteilnehmern untersuchten sie etwa eine halbe Million Positionen auf deren Erbmolekül DNA im Zellkern und verglichen sie mit dem Erbgut von über 6.000 Festlandeuropäern aus verschiedenen Ländern.
Briten vergleichsweise einheitlich
Insgesamt erwiesen sich die Briten als vergleichsweise einheitlich, was die Forscher mit der Insellage erklären. Besonders gespannt waren sie auf die Besonderheiten in den so genannten keltischen Regionen: Schottland, Nordirland, Wales und Cornwall. Für Peter Donnelly war das Ergebnis eine Überraschung.
"Wenn man die Bevölkerung Großbritanniens genetisch in drei Gruppen einteilen möchte, dann sind das die Orkney-Inseln, Wales und alle übrigen Regionen. Teilt man sie in vier Gruppen, dann sind es Orkney, Süd-Wales, Nord-Wales und der ganze relativ einheitliche Rest. Das bedeutet: Die Bewohner von Süd-Wales und Nord-Wales unterscheiden sich stärker, als die in Südengland und Schottland im Norden."
Außergewöhnlich sind demnach vor allem die Bewohner der Orkney-Inseln. Sie stammen zu etwa 25 Prozent von Skandinaviern aus Norwegen ab. Die Schotten hingegen sind genetisch gesehen nichts besonders. Sie sind Briten genau wie die Engländer. Wer die Kultur und das Selbstbewusstsein der Schotten kennt, weiß, dass man das auch anders sehen kann. Die Vermutung, dass die Bevölkerung der vier so genannten keltischen Regionen im Vereinigten Königreich den gleichen Ursprung hat, wird von den Genetikern jedenfalls nicht bestätigt. Der australische Genetiker Stephen Leslie wagt als Außenstehender eine Interpretation.
"Es gab keine einheitliche, keltische Bevölkerung in Schottland, Wales, Nordirland und Cornwall. Dort existieren zwar keltische Sprachen, aber auch dort gibt es - genau wie in England - Spuren der Angelsachsen, die im frühen Mittelalter eingewandert sind. Aber in einigen dieser Regionen - insbesondere in Wales - ist die Genetik der Bevölkerung vielfältiger."
Spuren der Eroberer im Erbgut der Briten nicht nachweisbar
Auf der ganzen Insel dominieren die Spuren der Menschen, die bereits dort lebten, als die Römer kamen. Was nach dem Abzug der Römer geschah, interpretiert der Archäologe Mark Robinson vom Naturkundemuseum der Universität Oxford so.
"Als die Sachsen und Angeln eintrafen, vermischten sie sich mit der ortsansässigen Bevölkerung. An Zahl waren sie in der Minderheit, das bestätigen die neuen Ergebnisse, aber ihre Kultur prägte fortan das Land. Denn die alte britische Kultur war mit dem Rückzug der Römer zusammen gebrochen."
Die Spuren anderer Eroberer sind im heutigen Erbgut der Briten nicht nachweisbar. Normannen oder Dänen beherrschten zwar zeitweise die Insel, aber sie vermischten sich nicht mit der ortsansässigen Bevölkerung. Sie hielten sich wohl für etwas Besonderes und haben keinen Eingang gefunden in das genetische Gedächtnis der Briten.