Laborhandschuhe übergestreift, Pipette in die Hand, und los geht es. Im Studentenlabor an der Technischen Universität Darmstadt zeigt Doktorand Sebastian Palluk, wie sich Erbmoleküle im Labor einfach und schnell herstellen lassen. Baustein für Baustein.
"Mit der Pipette wird dann die Lösung dazugegeben. Wir müssen aufpassen, dass die Reaktion nicht zu lange stattfindet."
Sebastian Palluk und sein Kollege Dan Arlow haben die Methode am Lawrence Berkeley National Laboratory in Kalifornien entwickelt. Wie dringend die synthetische Biologie eine solche Methode braucht, hat Sebastian Palluk schon vor ein paar Jahren bei einem Studentenwettbewerb erfahren.
"Wir haben uns als Studentenprojekt überlegt, dass wir Bakterien, E.-Coli-Zellen, gerne dazu bringen würden, Plastik abzubauen."
Ein Studentenwettbewerb brachte den Stein ins Rollen
Eine zukunftsweisende Idee, aber im Labor hakte es. Die meiste Zeit verbachten die jungen Forscher damit, kleine DNA-Moleküle herzustellen. Da blieb kaum noch Zeit für die eigentlichen Experimente, erinnert sich Palluk.
"Ich hatte das Problem schon erkannt und mir die chemische Methode angeschaut, und irgendwie hat es mich sofort gefesselt. Ich bin nach Hause gegangen und dachte mir: Das muss besser gehen."
Das Grundprinzip der chemischen DNA-Synthese hat sich seit 40 Jahren nicht verändert. Trotz Automatisierung ist das Verfahren immer noch aufwendig und teuer. Biologische Enzyme können das eigentlich besser. Die TdT-Transferase zum Beispiel. Das Enzym sorgt dafür, dass in tierischen und menschlichen Immunzellen DNA-Moleküle verlängert werden, schnell und unkompliziert.
Können Enzyme die DNA-Synthese im Labor beschleunigen?
"Also, wenn man das Enzym und diese DNA-Bausteine zusammengibt, dann fügt das Enzym einfach hunderte oder tausende Bausteine an. Aber rein nach dem Zufallsprinzip."
Das Enzym einfach arbeiten zu lassen, reichte also nicht aus. Deshalb konstruierten die beiden Doktoranden einen kleinen Anbau für das Enzym, einen Linker. Er verknüpft jeweils einen DNA-Baustein mit einem einzelnen Enzym. Das Enzym fügt den zusätzlichen Baustein an die DNA. Damit es weiter geht, müssen Linker und Enzym anschließend wieder von der DNA getrennt werden. Das geschieht mit Licht aus einem Laser, erklärt Palluk.
"Dann starten wir den Laser und lassen ihn für drei Minuten laufen. In dem Linker ist eine chemische Gruppe, die durch den Laser gespalten wird. Das heißt, der Laser entfernt das Enzym von dem verlängerten DNA-Strang."
Die DNA wurde um einen Baustein, einen genetischen Buchstaben, verlängert. Ein Bakterium hat übrigens Millionen dieser Buchstaben, ein Mensch Milliarden. Bisher haben Dan Arlow und Sebastian Palluk gerade einmal zehn DNA-Bausteine zusammengesetzt. Aber es ist ein Anfang. Die beiden Doktoranden haben bewiesen, dass es funktioniert. Genauigkeit 98 Prozent. Nicht schlecht, für eine erste Demonstration. Das wichtigste an dem Prozess: Er lässt sich automatisieren, wie bei einer Produktion am Fließband. Einfacher, schneller, preiswerter.
Ein wichtiger Fortschritt für die synthetische Biologie
Der Leiter des Labors in Kalifornien, Jay Keasling, ein weltbekannter Pionier der synthetischen Biologie, ist begeistert: "Die Forschung von Sebastian und Dan ist wirklich wichtig. DNA-Synthese ist das Kernstück der synthetischen Biologie. Wir synthetisieren neue Gene, fügen sie in Organismen ein, um zu sehen, was sie bewirken. Wir konstruieren neue Stoffwechselwege oder eventuell ein neues Lebewesen. Dazu müssen wir effizient und preiswert DNA herstellen können."
Sebastian Palluk freut sich über das Lob aus berufenem Munde: "Jetzt müssen wir auch liefern, um zu zeigen, dass unsere Methode auch wirklich mit der chemischen Synthese mithalten kann."
Die heute üblichen chemischen Verfahren liefern DNA-Abschnitte mit 100 oder 200 Bausteinen. Mit der neuen Methode ist mehr drin, da ist sich Sebastian Palluk sicher: "Ab hundert wird das Ganze nützlich, und ab tausend können wir wirklich die Biologie verändern."