Rechte Partei
Österreich könnte zum ersten Mal eine FPÖ-geführte Bundesregierung bekommen - ÖVP offen für Gespräche

In Österreich zeichnen sich Verhandlungen der rechtsnationalen FPÖ mit der konservativen ÖVP zur Bildung einer neuen Regierung ab. Bundespräsident Van der Bellen kündigte an, er werde am Montag mit dem FPÖ-Vorsitzenden Kickl über die Lage beraten. Er erklärte, die Stimmen in der ÖVP gegen eine Koalition mit der FPÖ seien inzwischen leiser geworden.

    Herbert Kickl, von der FP, winkt als er bei bei der Wahl in Pukersdorf in Österreich ankommt
    Herbert Kickl war mit seiner Partei, der FPÖ, der Gewinner der Nationalratswahl in Österreich (Archivbild). (picture alliance / ASSOCIATED PRESS / Heinz-Peter Bader)
    Dadurch tue sich ein neuer Weg auf. Die FPÖ war aus der Parlamentswahl Ende September als stärkste Kraft hervorgegangen, allerdings wollte niemand mit ihr koalieren. Der neue geschäftsführende ÖVP-Chef Stocker sagte, er gehe davon aus, dass Kickl mit der Regierungsbildung beauftragt werde. Die ÖVP sei offen für Koalitionsgespräche mit der FPÖ. Trotz berechtigter Kritik an Kickl und seiner Partei gehe es nun darum, eine stabile Regierung zu bilden, erklärte Stocker.
    Zuvor waren die Koalitionsverhandlungen zwischen der ÖVP, der sozialdemokratischen SPÖ und den liberalen Neos gescheitert. Auch die anschließenden Gespräche lediglich zwischen ÖVP und SPÖ führten nicht zu einer Einigung.

    Koalitionsgespräche in Österreich gescheitert

    Die ÖVP hatte am Samstagabend mitgeteilt, man habe alles versucht, aber eine Einigung mit der sozialdemokratischen SPÖ sei in wesentlichen Kernpunkten nicht möglich gewesen. Über die Verhandlungen sagte der scheidende Kanzler Nehammer, es sei augenscheinlich, dass die destruktiven Kräfte in der SPÖ die Oberhand gewonnen hätten. Die ÖVP werde keinem wirtschafts- und leistungsfeindlichen Programm zustimmen. Gleichzeitig machte Nehammer klar, dass er weiterhin nicht bereit sei, mit der rechten FPÖ unter Parteichef Herbert Kickl Koalitionsgespräche zu führen - und deshalb zurücktrete. Nehammer wird die Regierungsgeschäfte noch einige Tage weiterführen, bis im Laufe der kommenden Woche ein neuer Regierungschef ernannt werden soll.

    SPÖ befürchtet "rechtsextremen Kanzler"

    SPÖ-Chef Andreas Babler machte in einer Stellungnahme FPÖ-affine Kräfte unter den Konservativen für das Scheitern einer möglichen Großen Koalition verantwortlich. Der Flügel, der von Anfang an mit der FPÖ geliebäugelt hat, habe sich durchgesetzt. Jetzt drohe "ein rechtsextremer Kanzler", sagte Babler.
    Nach wochenlangen Gesprächen über ein Dreierbündnis hatten am Freitag bereits die Liberalen ihren Ausstieg aus den Verhandlungen bekanntgegeben. Als Grund nannte Parteichefin Meinl-Reisinger eine mangelnde Reformbereitschaft von ÖVP und SPÖ. Die SPÖ warf den Neos fehlende Kompromissbereitschaft vor. Die ÖVP gab hingegen den Sozialdemokraten die Schuld für das Scheitern.
    ÖVP und SPÖ hätten bei einer gemeinsamen Regierung über eine Mehrheit von einer Stimme im Parlament in Wien verfügt. Die meisten Stimmen hatte die rechtspopulistische FPÖ erhalten, mit der aber keine Partei koalieren will. Umfragen sehen die Rechtspopulisten derzeit bei bis zu 40 Prozent. Sollte es zu Neuwahlen kommen, könnte die FPÖ einen weiteren Wahlsieg feiern.
    Diese Nachricht wurde am 05.01.2025 im Programm Deutschlandfunk gesendet.