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documenta 14
Das "Parlament der Körper" tagt nun auch in Kassel

Ein "Parlament der Körper" hat die documenta 14 zuerst in Athen und an diesem Wochenende nun auch in Kassel einberufen. Die Kunstschau erscheint damit wie eine Zeitreise zu den Ideologien des 20. Jahrhunderts.

Von Ludger Fittkau |
    Der künstlerische Leiter der documenta 14 Adam Szymczyk spricht bei der Pressekonferenz am 6.4.2017 im Theater Megaron in der griechischen Hauptstadt Athen.
    Der künstlerische Leiter der documenta 14, Adam Szymczyk, bei der Pressekonferenz in Athen. Jetzt vpräsentierte er in Kassel das "Parlament der Körper". (imago / Hartenfelser)
    "Good afternoon, my Name is Adam Szymczyk and I am the Artistic Director of the Documenta 14."
    Doch an diesem Termin ist der documenta-Chef auch ein Parlamentspräsident:
    "Welcome – this is he parliament of bodies. Meaning, that you are the Parliament of bodies.”
    Warum er die Leute, die sich da versammeln, nicht als Leute anspricht, sondern in gewisser Weise verdinglicht als "Körper", verrät Adam Szymczyk, Künstlerischer Leiter der documenta 14, zwar nicht. Dafür stellt er gleich fest, dass die Parlamentarier des "Parlaments der Körper" niemanden vertreten.
    "We don´t represent, we are present."
    Und zwar auf ziemlich unbequemen Sitzblöcken, die im Raum verteilt und mit Stoffen in militärischen Tarnfarben bezogen sind. Das soll an Panzer erinnern, die in Kassel gebaut werden. Das Körper-Plenum der documenta 14 soll die "Schädelstätten der Geschichte" kennen – wie Hegel es trefflich ausgedrückt hat, in denen es zusammenkommt. In Athen traf man sich in einer alten Militärkaserne aus den Zeiten der Diktatur. In Kassel nun ganz in der Nähe des Ortes, an dem die Nazis am 19. Mai 1933 Bücher verbrannten. "Das ist ein Funktionswechsel – etwas, was eine Tötungsmaschine war, wird zu einem Ort der Produktion von Beziehungen."
    Im Vordergrund steht Kapitalismuskritik
    Orte und Dinge, die als Tötungsmaschinen vorgesehen waren, würden zu egalitär anmutenden Plätzen umfunktioniert, auf denen sich Menschen versammeln können, die für den heutigen "hegemonialen", sprich - kapitalistischen und rationalistischen - Diskurs zum "Problem" geworden seien. Etwa die Flüchtlinge, die aus dem "Süden", vor allem aus Afrika in den reichen Norden drängen und in den meisten Ländern Europas und in den USA nicht sehr erwünscht sind.
    Nun: Schwarz-Afrikanerinnen kamen tatsächlich zu Wort in Kassel. Thuli Gamedze und Sisipho Ngodwana etwa. Keine Flüchtlingsfrauen, sondern Mitglieder des elfköpfigen feministischen Kunst-Kollektivs " iQhiya" aus den südafrikanischen Metropolen Kapstadt und Johannesburg. Beide machten klar, dass für sie andere Themen im Vordergrund stehen als die Kritik des Kapitalismus oder wahlweise auch des "neoliberalistischen Monsters", von dem insbesondere die europäischen Altlinken redeten. Sisipho Ngodwana geht es hingegen um das Patriarchat und den Rassismus: "Hier redet man anscheinend über Strategien gegen den Kapitalismus, doch wir glauben, es geht um Dinge, die historisch früher beginnen."
    Documenta-Kurator Paul B. Preciado bestand in der Diskussion jedoch darauf, dass sich der Rassismus mit den Baumwollsklaven in den europäischen Überseekolonien verschärft habe: "Das führte im 15. Und 16. Jahrhundert dazu, dass menschliche Körper versklavt wurden. Das wurde Basis des kapitalistischen Vertrages."
    Der italienische Literat Franco Berardi malt ein " doppelköpfiges Monster" an die Wand, das nun in Frankreich bei der Stichwahl um die Präsidentschaft Rechtsextremismus und gleichzeitig Neoliberalismus verkörpere:
    "Because the monster is double-headed: Macron und Le Pen – two monsters."
    In dieser Aussage zeigt sich wieder einmal eine grundlegende Schwäche europäischer "Links-Aktivisten", die auch beim Kasseler "Parlament der Körper" die Themen setzten. Man fürchtet sich zwar vor einem aufziehenden Nationalismus in vielen europäischen Ländern. Doch wenn es darum geht, an der Wahlurne ein klares Zeichen etwa gegen Le Pen zu setzen, versagt man im linksextremen Lager. Die Künstler und Künstlerinnen, die Berardis Rede folgten, spendeten ihm am Schluss viel Beifall. Keine gute Werbung für die documenta 14.