Der Standort Königsplatz ist nicht verhandelbar. Das hat Olu Oguibe immer wieder klargemacht, auch im April im Interview mit dem Deutschlandfunk: "If you were to move the obelisk to a different location, it destroys the work."
Jetzt hat sich auch die SPD in Kassel, die stärkste Fraktion im Stadtparlament, so deutlich positioniert, und zwar offenbar endgültig: Der Königsplatz kommt für die SPD als dauerhafter Standort nicht in Frage, bestätigte Fraktionschef Günther Schnell gegenüber dem Deutschlandfunk. Die Alternative der SPD heißt Holländischer Platz - oder der Obelisk wird abgebaut.
Verhandlungen offenbar am Ende
Wochenlang war die Situation festgefahren, jetzt sind die Verhandlungen also offenbar gescheitert. Denn gleichzeitig mit der Festlegung der SPD veröffentlichte die Stadt Kassel eine Pressemitteilung - in der eigentlich nichts Konkretes steht. Außer, dass der Künstler nicht mehr mit der Stadt rede und man das sehr bedauere. Die Kulturdezernentin Susanne Völker ist tatsächlich zu bedauern: Sie ist eine entschiedene Fürsprecherin des Obelisken, musste aber zwischen den Interessen der Stadt und dem Künstler vermitteln, was offensichtlich nicht einfach war. Anstatt direkt mit der Stadt zu sprechen, ließ Oguibe über die Presse mitteilen, er habe der Stadt nichts Weiteres zu sagen.
Vor ein paar Monaten lief es noch besser zwischen dem Künstler, der in der Nähe von New York lebt, und den Verantwortlichen in Kassel. Gemeinsam hatte man eine Spendenkampagne gestartet, damit die Stadt den Obelisken vom Künstler ankaufen kann. 600.000 Euro waren Oguibes Zielvorstellung. Am Ende kamen nur 126.000 Euro zusammen. Oguibe akzeptierte die Summe trotzdem: "We will do everything necessary to see that the work stays and that the people are not disappointed."
Anderer Entwurf für den Holländischen Platz
Weitere Zugeständnisse will der Künstler aber nicht machen, also in der Standortfrage. Stattdessen verschickte er Ende Mai eine zehn Seiten lange Pressemitteilung, in der er begründet, warum nur der Königsplatz für den Obelisken in Frage kommt. Sozusagen der letzte Versuch des Künstlers, sein Werk zu retten. Größe, Material und Farbe habe er an den Platz angepasst, schreibt Oguibe. Am wichtigsten ist ihm aber, dass der Königsplatz von einem Nachkommen hugenottischer Flüchtlinge entworfen wurde: "You can look at the Königsplatz as a gift from a refugee community."
Deswegen gehöre "Das Fremdlinge und Flüchtlinge Monument", wie der Obelisk offiziell heißt, auf den Königsplatz - und nur dort hin. Für den von der SPD favorisierten Holländischen Platz hingegen hätte er ein ganz anderes Werk entworfen, sagt Oguibe. Tatsächlich gibt es diesen Entwurf sogar. Er sieht ganz anders aus als der Obelisk - ist nämlich keiner, sondern eine Art Plakatwand. Die war von der documenta aber angelehnt worden.
Diskussion über Flucht und Kunst
Die Stadtverordnetenversammlung von Kassel entscheidet am 18. Juni über das Schicksal des Obelisken. Wenn nicht eine der beiden Seiten bis dahin ihre Haltung grundlegend ändert, was ausgeschlossen scheint, wird das Kunstwerk demnächst abgebaut. Nach Willen der SPD bis Ende Juli. Die Spender würden dann ihr Geld zurückbekommen - und auch das letzte Werk der documenta 14 aus Kassel verschwinden.
"Ich war ein Fremdling und ihr habt mich beherbergt", dieses Bibelzitat steht auf dem Obelisken. Und so wird es bald wohl auch gewesen sein: Der Obelisk ist in Kassel ein Fremdling geblieben. Er wurde beherbergt, aber eben nur für rund ein Jahr - und dann "abgeschoben", wie manche in Kassel es ausdrücken. Ob der Obelisk dann irgendwo anders ein neues Zuhause findet, liegt in den Händen des Künstlers. Allerdings habe der Obelisk schon jetzt mehr erreicht als viele andere Kunstwerke, schrieb Olu Oguibe am Sonntag auf Facebook - nämlich eine breite Diskussion über Flucht, Werte, Kunst.