Das Gebäude am Rand des Athener Freiheitsparks hat eine dunkle Geschichte: Hier war das Hauptquartier der Militärpolizei währender der Diktatur in Griechenland zwischen 1967 und 1974. Inzwischen dient der langgezogene, einstöckige Bau als städtische Kunstgalerie.
Die Vordenker der documenta 14 haben den Raum umgestaltet: In die ringsum laufenden weißen Stellwände haben sie Löcher geschnitten - um die vergitterten Fenster mit den Vorhängen wieder freizulegen, erzählt der Künstler und Architekt Andreas Angelidakis.
"Ich habe die Vorhänge - scherzhaft - 'schwarze Witwen' genannt. Das ist natürlich dieses Schwere. Und dieses Bild des Konkreten aus den späten 60er-Jahren, der Brutalität in der Architektur. Es gibt hier überall Beziehungen."
Optik der hässlichen Beton-Rohbauten aus dem Athen der 1960er
Für den Raum hat Angelidakis ein System mit Modulen entwickelt. Die 68 Blöcke haben die Optik der hässlichen Beton-Rohbauten, wie sie Athen seit den 60er-Jahren prägen. Aber gefüllt sind sie mit Schaumstoff und lassen sich daher leicht verschieben und neu kombinieren.
"In diesem Raum können alle möglichen Treffen stattfinden - von einer Vorlesung bis zum Nachtclub. Es ist nicht nur flexibel, sondern undefiniert, eine endlose Kombination. Sie können einen Raum schaffen, wo man nicht sitzen kann, weil man aus den Elementen Wände machen kann. Es nicht nur flexibles Sitzen, sondern flexibles 'Was-auch-immer'."
Das "Parliament of Bodies" soll jedenfalls ganz anders funktionieren als ein klassisches Parlament, wo einer redet und der Rest zuhört, sagt Paul Preciado, Kurator der öffentlichen Programme der documenta 14.
"Die Architektur dieses 'Parlaments der Körper' muss jeden Tag neu verhandelt und entschieden werden. Es ist wie ein Lernort. Ein öffentlicher Ort zum Experimentieren, wo wir lernen, zusammen politisch zu denken und politische Repräsentanz zu schaffen."
Neue Ideen sollen entstehen
Im "Parliament of Bodies" sollen keine alten Muster wiederholt werden, sondern neue Ideen entstehen - auch aus der Beschäftigung mit der Militärdiktatur, so Documenta-Macher Preciado - und was danach kam:
"Die große Frage ist, wie der Übergang zur Demokratie in Griechenland ablief. Aus der Diktatur ist nicht einfach die Freiheit entstanden, sondern ein freier Markt. Wir müssen diesen Übergang durchdenken, um verstehen zu können, womit wir jetzt politisch und wirtschaftlich konfrontiert sind."
Am Konzept gibt es Kritik in Griechenland. Dass ausgerechnet eine deutsche Kunstveranstaltung die griechische Geschichte aufarbeiten will, sorgt für Kopfschütteln.
Andere Beobachter haben Zweifel an der Innovationskraft des Programms. In einer zentralen Diskussionsrunde wird der italienische Linksaktivist Toni Negri auftreten. Die Kommentatorin der konservativen Zeitung "Kathimerini" befürchtete deswegen, dass nur wieder die alte Außensicht auf die griechische Krise geboten werde.
"Sich kennenlernen und zusammen etwas tun"
Paul Preciado hält dagegen, dass seine Kollegen und er das Programm so heterogen und vielfältig gestalten wollten. Im "Parlament der Körper" könne sich jeder einbringen und wiederfinden. Damit Diskussionen und Ideen sich entwickeln können , startet das öffentliche Programm deutlich vor der eigentlichen Kunstausstellung. Preciado:
"Das ermöglicht es dem Publikum, seine eigene Ausstellung zu schaffen. Genau das möchte ich: Sich kennenlernen und zusammen etwas tun. Das ist erst der Anfang, viele andere Dinge werden noch kommen."
Hinweis: Am 8. April 2017 beginnt die documenta 14 in Athen - und zieht im Juni dann weiter nach Kassel. Jeweils 100 Tage wird sie in den beiden Städten zu sehen sein.