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Doktorarbeit summa cum laude

Wie können Doktoranden besser betreut werden? Wie werden sie auf die Forschungs- und Arbeitswelt vorbereitet? Darüber diskutieren Experten aus den USA, Australien, Großbritannien und Deutschland auf einem Kolloquium in Berlin. Gerade die Deutschen hoffen, sich in Sachen Doktorandenbetreuung noch einiges von ihren ausländischen Kollegen abgucken zu können.

Von Katja Bigalke |
    Dass Doktoranden in Deutschland nicht still im Kämmerlein schreiben, sondern an strukturierten Graduiertenprogrammen teilnehmen, ist als Phänomen ziemlich neu. Erst mit der Exzellenzinitiative der Bundesregierung vor zwei Jahren nahm die Idee Gestalt an, die Promotion zunehmend an sogenannte Graduiertenschulen zu binden.

    39 solcher Schulen gibt es mittlerweile, 248 weitere Graduiertenkollegs werden von der Deutschen Forschungsgemeinschaft unterstützt. Von einem einheitlichen Modell kann allerdings nicht die Rede sein, meint Ansgar Nünning, Direktor des Graduiertenzentrums der Uni Gießen - einem Pioniermodell.

    "Im Moment gibt es eine polyfone Debatte darum, was der richtige Weg ist. Wir wären schlecht beraten, wenn wir einfach Modelle importieren würden. Sondern wir sollten in Dialog treten. Bestimmte Elemente sind natürlich nachahmenswert. Wohin die Reise geht? Da müsste man ein Prophet sein. Ich bin aber optimistisch, dass kein Weg mehr zurück geht hinter den Gedanken, dass auch Doktoranden eine strukturierte Ausbildung brauchen."

    So sieht es auch die Bologna-Reform vor. Im Zuge der europäischen Vereinheitlichung von Hochschule und Forschung ist auch eine Anpassung der Promotionsphase geplant. Bei der Tagung "Exploring Difference - The Challenge of Postgraduate Education" geht es deshalb heute vor allem um den Ideenaustausch. Die Veranstalter - unter anderem das British Council, der DAAD und die deutsch-amerikanische Fullbright Kommission - baten Experten aus den USA, Kanada, Australien und Großbritannien, ihre Modelle zu präsentieren. Ansgar Nünning:

    "Einer der Gründe, warum wir so interessiert sind am internationalen Dialog, ist, dass wir Best-Practice-Modelle kennenlernen wollen, um auch gewisse Standards in der Ausbildung zu entwickeln. Aber ich glaube, man muss sehr vorsichtig sein, dass nicht auch noch die Doktorandenphase in einer Weise verschult wird, die - glaube ich - das Ende der Humboldtschen Universität wäre."

    An Nünnings Graduiertenzentrum ist man davon weit entfernt: Zwar gibt es hier neben Nachwuchsforschergruppen und einem Teaching Center, das auf die Hochschullehre vorbereitet, auch einen Careerservice für die 90 Prozent Doktoranden, die nicht an der Uni bleiben. Schwerpunkt bleibt aber die Forschung. An den normalen US-Universitäten, jenseits von Harvard oder Yale, wird genau diese Ausrichtung derzeit stark korrigiert, erklärt Diana Carlin, Dekanin der Graduiertenschule an der University Kansas.

    "Wir sind gerade in einer Transitionsphase. Erstens bleiben längst nicht alle Doktoranden an der Uni und zweitens gehen auch von denen, die bleiben, längst nicht alle in die Forschung. Nämlich nur sieben Prozent. Wir haben die aber alle ausgebildet, als würden die hauptsächlich Forschung betreiben. Das heißt, wir müssen mehr tun, bei der Karriereplanung helfen - auch außerhalb des akademischen Rahmens."

    Ob sich das Modell aus den USA allerdings auf das deutsche übertragen lässt, bezweifelt Carlin, zu unterschiedlich seien die Systeme. An den amerikanischen Hochschulen steht auch während der Dokorandenphase stark die Wissensvermittlung im Vordergrund, während in Europa das eher im Studium passiert. Der Master zählt in den USA klar zur Postgraduierten-Ausbildung und kann in manchen Disziplinen auch übersprungen werden. In Deutschland ist er fester Bestandteil des Kurrikulums. Und auch Graduiertenkollegs sind in den USA meist nur ein Büro mit einem Dekan, der die Doktorandenausbildung koordiniert, während es in Europa eher interdisziplinäre Forschungszentren sind. Alison Philpps, die in Glasgow die Graduiertenschule für Glauben, Kultur und Pädagogik an der Universität Glasgow leitet, will das bewahren:

    "Man muss vorsichtig sein, um die intellektuelle Debatte nicht zu verlieren. Bei uns gibt es ein sehr verschultes Bachelor System. Die müssen dann eine gewisse Tiefe dazulernen in den Doktorandenprogrammen. Wir haben es ein bisschen verschulter im ersten Jahr, dass sie Seminare und Researchmodule machen, aber das ist nichts, was die Studenten nicht begeistert, was nicht Hand und Fuß hat - um an intellektuellen Debatten teilzunehmen. Und die dehnen sich aus."

    Mit hochschuleigenen Mitteln organisieren die Doktoranden in Glasgow immer wieder interdisziplinäre Podien. So sollen sie lernen, über den Tellerrand ihrer Disziplinen zu schauen, diese zu präsentieren und verantwortungsvoll mit Geldmitteln umzugehen. Geld wird auch ein wichtiges Thema sein auf dem heutigen Podium. Denn nichts, darüber sind sich die Experten in Berlin einig, ist uneinheitlicher geregelt, als die Finanzierungsmodelle der weltweiten Graduiertenkollegs.