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Dokumentarfilm "Parchim International"
Globalisierungspläne für Mecklenburg-Vorpommern

2007 kaufte Jonathan Pang einen alten Militärflughafen in Parchim, einer Provinz in Mecklenburg-Vorpommern. Welche monumentalen Pläne der chinesische Unternehmer dort schmiedet, erzählt der Dokumentarfilm "Parchim International".

Von Hartwig Tegeler |
    Der chinesische Flughafen-Investor Jonathan Pang auf dem Flugplatz Parchim
    Der chinesische Flughafen-Investor Jonathan Pang auf dem Flugplatz Parchim (dpa / Jens Büttner)
    "Welcome to my airport in Parchim. To show this airport is phantastic."
    Jonathan Pang ist stolz und voller Hoffnung...
    "Parchim Airport will be successful."
    ... wenn er schwelgt von seinem fantastischen und bald erfolgreichen Flughafen in Parchim. Jonathan Pang will eine internationale Drehscheibe für den Flugfrachtverkehr zwischen China, Europa und Afrika - mitten in der Mitte von Europa, wo jedes Flugzeug wird landen können.
    "It is in the center, in the very center of Europe. All type of aircraft will land here."
    "Parchim Flughafen": In Jonathan Pangs Augen das neue Zentrum der Globalisierung. 2007 hat der chinesische Investor den alten Militärflughafen in der Provinz von Mecklenburg-Vorpommern gekauft, der bis dahin eher ein beschauliches Dornröschen-Dasein führte. Ab und ein Probestart oder eine Probelandung, mehr fand da zuletzt nicht statt. Herr Pang hofft auf hohen Profit.
    "Für uns wäre es besser, wenn jeden Tag ein, zwei große Maschine kommen würden."
    Der Feuerwehrmann hofft auf einen festen Arbeitsplatz. Aber:
    "Es weiß ja keiner so richtig, was Herr Pang sich so vorstellt überhaupt."
    Aber auch der Brandschützer war am Anfang nicht ohne Hoffnung:
    "Entweder man glaubt dran, oder man glaubt nicht dran."
    Präzises Gespür für die Realität
    Stefan Eberlein und Manuel Fenn beweisen in ihrer dokumentarischen Langzeitbeobachtung ein präzises Gespür für die Bilder, die die Realität quasi metaphorisch bereithält für ihr Thema, beispielsweise dieses wunderbare Quietschen des Scheinwerfers auf dem alten "Tower".
    Dieses Quietschen erinnert an das Windrad aus der Anfangsszene des Western-Klassikers "Spiel mir das Lied vom Tod", wenn die drei Pistoleros am einsamen Wüsten-Bahnhof warten. Damals Bahnhof. Heute ist der Transitort der Flughafen. Auch in "Parchim International" gibt es - wie in "Spiel mir das Lied vom Tod" - den Mann, der mit einer fast unheimlichen Konsequenz träumt. Langfristiges Investment, meint Herr Pang. Und wenn´s mal nicht so gut aussieht mit dem Wirtschaftsklima, dann legt sich die Schlange...
    "Just as a snake. When it´s winter an to cold, you better sleep."
    ... dann legt sich die Schlange im Winter zum Schlafen, resümiert Herr Pang eine chinesische Weisheit, die dem quietschenden Windrad in der leeren Weite von Mecklenburg-Vorpommern als Metapher ohne Frage Paroli bieten kann.
    Großartiges Bild über die Globalisierung
    "Parchim International" handelt von gigantischen Profitträumen und von denen, die auf die versprochenen Jobs warten. Seine Qualität gewinnt diese Dokumentation dadurch, dass Stefan Eberlein und Manuel Fenn ihrem Protagonisten, dem globalen Kapitalisten, sehr nahe kommen und ihn nicht dämonisieren.
    "Herr Pang weint"
    Wenn Jonathan Pang sein Heimatdorf in der chinesischen Provinz besucht, von der Armut in seiner Kindheit erzählt und in Tränen ausbricht, so wird für diesen einen Moment der Mensch hinter der Charaktermaske sichtbar. Um kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Hier ist nicht die Rede von Psychologisierung. Aber die Szene in Pangs Dorf zeigt den agierenden Kapitalisten als Rädchen in einem System, in dem Humanität keinen Platz hat neben dem Profitstreben. Stefan Eberlein und Manuel Fenn ist ein großartiges Bild über die Globalisierung gelungen - mit all ihrer Brutalität, Absurdität und dem Skurrilen, das der Geschichte über den chinesischen Investor in Mecklenburg-Vorpommern innewohnt. Die beiden Feuerwehrleute auf der zukünftigen Großbaustelle, dem zurzeit noch nicht realisierten Drehkreuz globaler Warenströme, meinen zumindest:
    "Wir haben in den letzten drei Jahre noch kein Gramm Fracht transportiert."
    "Ja, man weiß nicht, geht´s weiter, geht´s nicht weiter. Man hat so viele Sachen versprochen gekriegt."
    2007 hat Pang gekauft. Die Eröffnung des Flughafens ist für Sommer 2016 geplant. Der Hase, den wir ein paar Mal über die Landesbahn hoppeln sehen, kann weiter hoppeln. Wirklich nur bis 2016?