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Donald Trump im Wahlkampf
Stellvertreter gesucht

Nach den vielen Terrorakten, Massakern und tödlichen Schießereien sind die USA für Nachrichten über Tote und Verletzte besonders sensibilisiert. Präsident Obama reagierte umgehend auf den Anschlag in Nizza - ebenso wie der mutmaßliche Spitzenkandidat der Republikaner Donald Trump. Bei Trump könnte das aber eher fadenscheinige Gründe gehabt haben.

Von Thilo Kößler |
    Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung
    Donald Trump bei einer Wahlkampfveranstaltung (dpa / picture-alliance / Jim Lo Scalzo)
    Dieser Anschlag auf friedlich feiernde Menschen, der offenbar einen terroristischen Hintergrund habe, erfülle ihn mit Entsetzen, heißt es in einer ersten Erklärung des amerikanischen Präsidenten. Er sprach den Angehörigen und dem ganzen Land sein Beileid aus und bot Frankreich alle erdenkliche Hilfe an.
    Eine Reaktion kam auch von Donald Trump, dem mutmaßlichen Präsidentschaftskandidaten der Republikaner. Unter Berufung auf den Terroranschlag von Nizza sagte er den Termin am Freitag Mittag ab, bei dem er eigentlich seinen Kandidaten für das Amt des Vizepräsidenten bekanntgeben wollte. Das ließ sofort Zweifel darüber aufkommen, ob der wahre Grund für die Verschiebung dieses Termins nicht die Ereignisse in Nizza seien, sondern seine bisher erfolglosen Bemühungen um die Auswahl seines möglichen Stellvertreters. Dies umso mehr, als Trump am Nachmittag inmitten vieler Spekulationen plötzlich wissen ließ, er habe seine endgültige Entscheidung über den Kandidaten noch nicht endgültig getroffen.
    Trump steht unter Zeitdruck
    Trump bemüht sich seit Tagen darum, einen Kandidaten für den Posten seines möglichen Stellvertreters zu finden. Er steht dabei unter dem Zeitdruck des anstehenden Parteitages der Republikaner, der am Montag in Cleveland/Ohio beginnen wird. Diese Convention steht unter dem Vorzeichen einer tiefen Spaltung der republikanischen Partei, die sich immer schwerer damit tut, Donald Trump zum Spitzenkandidaten für die Präsidentschaftswahl zu nominieren: Noch immer versuchen innerparteiliche Opponenten, seine Nominierung zu verhindern – dafür müssten allerdings mit großer Mehrheit die Parteistatuten verändert werden, die die Delegierten darauf verpflichten, den Ergebnissen der Vorwahl in den einzelnen Bundesstaaten zu folgen – zumindest im ersten Wahlgang. Aus den Vorwahlen ging Donald Trump aber als der unangefochtene Sieger hervor.
    Donald Trump ist bei der Auswahl seines möglichen Vizepräsidenten und Stellvertreters auf einen Politiker angewiesen, der – anders als er selbst – über ein Höchstmaß an politischer Erfahrung verfügt. Er muss über das entsprechende Standing verfügen den Politikbetrieb in Washington aus dem Effeff kennen.
    Wie es heißt, favorisiert Trump den 57-jährigen Gouverneur von Indiana, Mike Pence, für dieses Amt. Pence gilt als äußerst erfahrener republikanischer Politiker, der von 2001 bis 2013 im Repräsentantenhaus saß, um dann als Gouverneur nach Indiana zu wechseln. Pence gilt als äußerst konservativ und lehnt zum Beispiel die Homo-Ehe entschieden ab. Er unterhält enge Kontakte zu rechten Kreisen evangelikaler Christen und unterstützte in diesem Wahlkampf eigentlich den texanischen Senator Ted Cruz, bis jener im Vorwahlkampf seine Bewerbung aufgab. Mit Pence als Mitstreiter würde es Trump unter Umständen gelingen, die Wählerklientel am rechten republikanischen Wählerrand einzubinden, die mit dem Stil und der wenig parteikonformen Programmatik von Donald Trump nicht zurechtkommt.
    Mehrere Bewerber stehen zur Verfügung
    Neben Pence machte Trump auch dem ehemaligen Präsidentschaftsbewerber Newt Gingrich Hoffnungen – ebenso wie dem Gouverneur von New Jersey, Chris Christie. Beide hatten zu verstehen gegeben, das sie sich zur Verfügung stellen würden, beide hatten sich am vergangenen Wochenende mit Trump und seiner Familie getroffen. Nun warteten am Donnerstag alle drei denkbaren Aspiranten für das Amt des Vizepräsidenten auf einen Anruf Donald Trumps – vergebens.