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Donald Trump und der Klimawandel
"Wissenschaft an sich wird infrage gestellt"

Angesichts des Kälteeinbruchs in den USA hat sich US-Präsident Donald Trump über den Klimawandel lustig gemacht. Die Erderwärmung sei dennoch eine unbestreitbare Tatsache, sagt Klimaforscher Anders Levermann im Dlf. Das eigentliche Problem sei, dass in den USA wissenschaftliche Fakten nicht mehr als solche akzeptiert würden.

Anders Levermann im Gespräch mit Jule Reimer |
    New Yorker demonstrieren gegen Trumps Kabinett, zu dem auch Personen gehören, die bestreiten, dass es einen Klimawandel gibt. Eine Frau hält ein Schild in der Hand, auf dem steht: "Earth needs thinkers not deniers". Die Erde braucht Denker, keine Leugner.
    "Wenn Fakten nicht mehr als Fakten wahrgenommen werden, dann bestimmt der mächtigste Mann im Raum, was die Wahrheit ist. Und das ist eine wirklich gefährliche Sache, die weit über den Klimawandel hinausgeht." Demo in New York gegen Trumps Klimapolitik (imago / Erik McGregor)
    Jule Reimer: Massen von Schnee und Eis, und mancher Bundesstaat hat den Notstand ausgerufen. Die Bilder, die uns aus den USA erreichen, sprechen von klirrender Kälte. Angesichts des Kälteeinbruchs dort und in weiten Teilen Kanadas hat sich US-Präsident Donald Trump über die Erderwärmung lustig gemacht. Im Osten könnte es der kälteste jemals registrierte Silvesterabend werden, schrieb Trump vor einigen Stunden auf Twitter, und vielleicht könnten wir ein bisschen von dieser guten alten Erderwärmung gebrauchen, für die unser Land, aber nicht andere Länder Billionen an Dollar zahlen sollten, um sich davor zu schützen. "Zieht euch warm an!", warnte er auch noch. Anders Levermann ist Physikprofessor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung. Herr Levermann, auch hier fragt sich mancher, wie geht das zusammen, diese Kälte und gleichzeitig Klimaerwärmung?
    Kein Widerspruch zwischen Kälteeinbruch und Erderwärmung
    Anders Levermann: Es ist tatsächlich schon seit vielen Jahren so. Ich mache das Ganze jetzt 15 Jahre, und immer, wenn es kalt wird im Winter, kommt die Öffentlichkeit und fragt, ist die globale Erwärmung vorbei? Nun ist es bei uns jetzt gerade nicht so besonders kalt, aber in den USA eben, und das ist kein Widerspruch zur globalen Erwärmung, und das war es auch die letzten 15 Jahre nicht. Es ist einfach nicht so, dass unter globaler Erwärmung es zu jedem Zeitpunkt an jedem Ort warm wird. Mittlerweile verstehen wir sogar, dass unter globaler Erwärmung diese plötzlichen Wintereinbrüche, insbesondere mit dem Schnee - wir hatten das das ganze Jahr 2010, 2011 ganz heftig in Deutschland, wo das Transportwesen zusammengebrochen ist, dass auch das von der globalen Erwärmung begünstigt wird.
    Reimer: Dann dröseln Sie uns doch bitte noch mal auf, der Unterschied zwischen Klima und Wetter.
    Levermann: Na ja, Wetter ist das, was jeden Tag sich ändert, was wir nicht weiter als zehn Tage maximal, meistens sogar nur fünf Tage vorhersagen können. Klima, da haben wir über diese Schwankungen, wenn Sie so wollen, gemittelt und stellen einfach eine ganz andere Frage, nämlich, wie ändert sich die langsame Klimaveränderung, das heißt, die langsamen Wetterveränderungen über die Zeit. Und da können wir sagen, das ist ganz, ganz einfach, das können wir auch schon seit hundert Jahren sagen, dass sich, je mehr CO2, Methan, Lachgas und andere Treibhausgase in die Atmosphäre bringen, desto mehr Energie halten sie auf dem Planeten. Und damit kriegen Sie globale Erwärmung. Da ändert auch Donald Trump nichts dran.
    Der Klimawandel als wissenschaftliche Tatsache
    Reimer: Wie viel Anstieg haben wir ungefähr gehabt, seitdem wir begonnen haben zu messen, vor rund 150 Jahren? Wir wissen ja, bei plus zwei Grad ist so das Maximum, was wir aushalten ohne größere Schäden?
    Levermann: Als ich vor 15 Jahren angefangen habe, da hatten wir 0,7, 0,8 Grad. Da hätten wir die 1,5-Grad-Grenze, nach der jetzt so viele Leute fragen, gerade die kleinen Inselstaaten, die hätten wir damals noch halten können. Mittlerweile sind wir bei 1,2 Grad, und jetzt können wir die 1,5 nicht mehr halten. Wir sind bei 1,2 Grad globaler Erwägung, wir sehen schon jetzt ...
    Reimer: Die bereits erreicht ist.
    Levermann: Ja, wir sehen schon jetzt, dass faktisch alle Korallen der Erde anfangen zu sterben und auch irgendwann sterben werden, alle Korallenriffe. Wir sehen auch, dass der grönländische Schmelzpunkt erreicht ist. Wir sehen, dass 97 Prozent der Gebirgsgletscher weltweit an Eis verlieren. Das ist ja alles kein Hexenspiel, das ist einfach, wenn es wärmer wird, schmilzt Eis und Korallen sterben und viele, viele andere Dinge.
    Ablehnung der Wissenschaft als Gefahr für die Demokratie
    Reimer: Sie lehren auch in den USA, an der Columbia University in New York. Ist Donald Trump jetzt wirklich repräsentativ für den Umgang mit dem Klimawandel? Wie groß ist sein Einfluss auf die Wissenschaft?
    Levermann: Die Wissenschaft ist überall gleich. Die Wissenschaft ist einfach Wissenschaft, und auch eine Wahrheit - wenn wir irgendwann mal mit Außerirdischen sprechen wollen, dann sprechen wir über die Wissenschaft, über die Sprache der Wissenschaft, weil die einfach universell ist. Deswegen ist die auch universell in den USA. Aber in den USA haben Sie ein großes Problem, dass die Gesellschaft auseinandergedriftet ist, sodass wir einen großen Bereich haben, der nicht nur den Klimawandel infrage stellt, sondern Wissenschaft an sich. Der also sagt, wenn eine Kurve nach oben geht, sagt, die geht nicht nach oben, weil ich finde, die geht nicht nach oben.
    Und das geht leider nicht. Dann können Sie keine Gesellschaft haben, dann können Sie keine Demokratie haben vor allen Dingen. Wenn Fakten nicht mehr als Fakten wahrgenommen werden, dann bestimmt der mächtigste Mann im Raum, was die Wahrheit ist. Und das ist eine wirklich gefährliche Sache, die weit über den Klimawandel hinausgeht.
    Reimer: Also, der Kälteeinbruch in den USA ist keinesfalls gleichzusetzen mit dem Klimawandel. Vielen Dank an Anders Levermann, Physikprofessor am Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung!
    Levermann: Sehr gern!
    Äußerungen unserer Gesprächspartner geben deren eigene Auffassungen wieder. Der Deutschlandfunk macht sich Äußerungen seiner Gesprächspartner in Interviews und Diskussionen nicht zu eigen.