Transgender im Sport
Wie Donald Trump das IOC unter Druck setzt

Per Dekret versucht US-Präsident Trump, Transsportlerinnen von Frauen-Wettbewerben auszuschließen – nicht nur in den USA, sondern im gesamten Weltsport. Mit der Ankündigung, keine Visa an Transsportlerinnen zu vergeben, setzt er das IOC unter Druck.

Von Maximilian Rieger |
US-Präsident Donald Trump unterzeichnet im Weißen Haus eine Durchführungsverordnung, die transsexuellen Sportlerinnen die Teilnahme an Frauen- und Mädchensportveranstaltungen untersagt. Hinter ihm stehen viele junge Mädchen und Frauen.
Donald Trump verbietet es Transgender-Personen am Frauen- und Mädchensport teilzunehmen. Auch zu den Olympischen Spielen 2028 in Los Angeles sollen seinem Willen nach keine Trans-Athletinnen zugelassen werden. (dpa/ picture alliance / Alex Brandon)
Seine Amtseinführung ist keine drei Wochen her und schon setzt Donald Trump eines seiner Haupt-Wahlversprechen um: Der neue US-Präsident unterzeichnet ein Dekret mit dem Titel: "Männer aus dem Frauensport raushalten."
Dahinter verbirgt sich ein direkter Angriff auf Sportlerinnen, die entweder eine Geschlechtsumwandlung von Mann zu Frau durchgeführt haben oder bei denen sowohl männliche als auch weibliche Geschlechtsmerkmale vorliegen.

Trump will den Krieg gegen den Frauensport beenden

Über den Umgang mit diesen Sportlerinnen gibt es im Weltsport und in der Wissenschaft seit Jahren Diskussionen. Es geht um Hormonwerte. Aber auch um intimste, persönliche Fragen von Identität. Donald Trump macht daraus einen Krieg gegen den Frauensport – den er jetzt für beendet erklärt.
Mehrheit der US-Amerikaner unterstützen Trumps Kurs
Dutzende Sportlerinnen applaudieren und jubeln, als Trump das Dekret verkündet. Sie verstehen sich als Retterinnen des Frauensports, haben in den vergangenen Jahren immer wieder den Ausschluss von Transsportlerinnen gefordert. Mehr als zwei Drittel der US-Bevölkerung unterstützt das laut einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Gallup aus dem Jahr 2023.
Transsportlerinnen hätten unfaire Vorteile, selbst wenn sie ihre Testosteronwerte künstlich senken würden. In Kampf- und Kontaktsportarten seien die massigeren und kraftvolleren Körper sogar gesundheitsgefährdend. Die Studienlage zu diesen Fragen ist nicht eindeutig – aber für Nuancen gibt es bei Trump keinen Platz.
Trump verkündet: Schulen und Universitäten, die weiterhin Transsportlerinnen an Sportaktivitäten für Mädchen und Frauen teilnehmen lassen, sollen kein Geld mehr vom Bildungsministerium erhalten.
Transsexueller Triathlet Mosier: „Das Dekret ist illegal!“
Organisationen und Aktivistinnen und Aktivisten, die sich für Transrechte einsetzen, weisen aber darauf hin, dass das Dekret kein Gesetz sei – und teilweise sogar gegen bestehende Gesetze in einzelnen Bundesstaaten verstoßen könnte.
Das Dekret sei illegal und es werde vor Gericht angefochten werden, sagt zum Beispiel Chris Mosier. Der Triathlet war der erste Sportler, der nach einer Geschlechtsumwandlung zum Mann Teil einer US-Nationalmannschaft geworden ist. Die rechtliche Unsicherheit sei Teil von Trumps Strategie, erklärt er in einem Instagram-Video.
„Trump setzt auf Verwirrung, auf Desinformation und auf Angst, um Transmenschen anzugreifen und damit Menschen im vorauseilenden Gehorsam das Dekret umsetzen“, so Mosier.
Trump hat aus Einzelfällen einen Kulturkampf entfacht
Die NCAA, der Dachverband für den College-Sport, hat genau das bereits getan: In einem Statement hat der Verband angekündigt, dass an Frauen-Wettbewerben nur noch Spielerinnen teilnehmen dürfen, die als Frau geboren worden sind.
Anhand der NCAA zeigt sich auch das Missverhältnis zwischen der Debatte und dem tatsächlichen Ausmaß des vermeintlichen Problems. Denn von den mehr als 500.000 College-Athletinnen und Athleten sind weniger als zehn Transsportlerinnen.
Der Sport als Testgelände für transfeindliche Botschaften
Aus diesen Einzelfällen haben Trump und seine Verbündeten einen Kulturkampf erschaffen. Der Sport sei das Testgelände für transfeindliche Botschaften gewesen, meint US-Politikwissenschaftler Jules Boykoff.
„Donald Trump hat seit langem transfeindliche Bigotterie im Sport als Knüppel gegen Menschen eingesetzt, und jetzt ist klar, dass dieser ständige Strom von transfeindlicher Bigotterie das Tor zur Dämonisierung von Transmenschen war, die wir heute unter Trump erleben.“
Jetzt versucht Trump, seine Gender-Ideologie auch außerhalb der USA durchzusetzen.
Trump droht, Transathleten keine Visa für Olympia zu gewähren
Aktuell überlässt das Internationale Olympische Komitee es den Internationalen Verbänden, wie mit Transsportlerinnen umgegangen wird. Das IOC hat lediglich Leitplanken aufgestellt: Die Verbände sollen unter anderem einen möglichst offenen, aber auch fairen Wettkampf ermöglichen und ihre Entscheidung evidenzbasiert treffen.
Im Dekret, das er am Mittwoch unterschrieben hat, ordnet Trump aber sein Außenministerium an, Druck auf das Internationale Olympische Komitee auszuüben, damit das IOC seine Regularien anpasst. Er droht sogar damit, Transathletinnen keine Einreisegenehmigung für die Olympischen Spiele 2028 in Los Angeles zu erteilen.
Das IOC bleibt auf Anfrage stumm
Dass alle teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler Visa erhalten, gehört zu den Garantien, die Olympia-Gastgeber gegenüber dem IOC abgeben müssen. Es ist ein Grundprinzip der olympischen Bewegung, das Trump in Frage stellt. Das IOC bleibt aber stumm.
Auf Deutschlandfunk-Fragen, ob Trumps Aussage ein Eingriff in die Autonomie des Sports sei und welche Maßnahmen das IOC ergreift, um die Einreise aller Sportlerinnen und Sportler sicherzustellen, kommt keine Antwort.
Vieles werde vom neuen IOC-Präsidenten abhängen, der oder die im März gewählt wird, sagt Politikwissenschaftler Jules Boykoff. Er glaubt aber nicht, dass das IOC sich Trump entgegenstellen wird.
"Was das IOC angeht, habe ich wenig Hoffnung. Wenn sie wirklich Verantwortung übernehmen würden, würden sie sich hinstellen und sagen: Wir müssen auf wissenschaftliche Beweise warten, die zeigen, dass es eine Art generellen Vorteil gibt. Das haben sie aber nicht getan. Stattdessen haben sie den einfacheren Weg eingeschlagen, nämlich Feigheit im Angesicht der Macht“, so Boykoff.