"Sadly, the American dream is dead. But if I get elected president I will bring it back bigger and better and stronger than ever before.”
Der amerikanische Traum sei tot, tönte Donald Trump, Immobilienmogul und Reality-TV-Star, im Juni 2015 in der gold-glitzernden Lobby des New Yorker Trump-Tower. Doch wenn er erst mal Präsident sei, werde er ihn zurückbringen – größer und besser als je zuvor.
Viele Beobachter haben Trumps Kandidatur zunächst für eine Lachnummer gehalten. Nicht Michael D'Antonio: Der Pulitzerpreis-gekürte Journalist hat eine Biografie über den schillernden Geschäftsmann geschrieben, die jetzt auch auf Deutsch vorliegt. Im US-Rundfunk sagt D'Antonio über Trump:
"Sein Ehrgeiz kennt keine Grenzen. Und wenn sein Ziel das Weiße Haus ist, wird er alles tun, um dorthin zu gelangen."
Damit hat er - bislang zumindest - Recht behalten. "Die Wahrheit über Donald Trump": Der Titel verspricht zwar mehr als das Buch anschließend halten kann. Denn: Spektakuläre Enthüllungen über den voraussichtlichen Präsidentschaftskandidaten wird dort man vergeblich suchen.
Besuch der Militärakademie
Der Autor erzählt von Trumps Großvater, der aus Deutschland einwanderte. Vom Vater, der als Bauunternehmer in New York den Grundstein für das Vermögen legte. Von dem jungen Donald, einem Rüpel, den der Vater auf die Militärakademie schickte. Eine prägende Erfahrung, sagt D'Antonio:
"Er war zwölf Jahre alt und musste sich der Disziplin anpassen. Doch die Akademie belohnte Aggression; sie belohnte Konkurrenzdenken; sie belohnte den Willen, über die anderen Jungen zu herrschen. Donald brachte all diese Eigenschaften mit - und noch einige mehr. Er blühte regelrecht auf."
Das Buch erzählt, wie Donald Trump in den 70er-Jahren die Geschäfte des Vaters übernahm. Er konzentrierte sich zunächst auf Manhattan, investierte in Luxushotels und Edelappartements. Der Schriftsteller Tom Wolfe, scharfzüngiger Sezierer amerikanischer Gesellschafts- und Seelenzustände, beschrieb in einem Essay die 70er als das Ich-Jahrzehnt. D'Antonio ergänzt:
"Nirgendwo in den Vereinigten Staaten trat diese Gier nach öffentlichem Interesse deutlicher zutage als in New York City, wo so viele Menschen sich um einen Augenblick des Ruhms drängelten, dass es sehr ausgefallener Anstrengungen bedurfte, dabei Erfolg zu erzielen."
Die 80er-Jahre – laut, großspurig und erfolgshungrig - wurden zur Dekade, in der Donald Trump einer aufstrebenden Neureichenkaste seinen Namen wie ein Markenlogo aufbrannte - und er selbst zum Medienstar avancierte. Ein Jahrzehnt, in dem Eigenwerbung salonfähig wurde und in dem der fiktive Finanzhai Gordon Gekko im Hollywood-Drama "Wall Street" die legendären Worte sagte:
"Greed is good. Greed is right. Greed works ..."
Gier ist gut, betont Gekko, Gier ist richtig, Gier funktioniert. Gier sei die Essenz des Fortschritts. Sprüche, die auch von Donald Trump kommen könnten – nur weniger eloquent vorgetragen.
Erfolge als Medientycoon
D'Antonio folgt Trump weiter durch die 90er-Jahre und in das neue Jahrtausend. Der Unternehmer erlebt die Pleite seiner Kasinosparte – und feiert Erfolge als Medientycoon. Die Reality-TV-Show "The Apprentice", in der sich Kandidaten um einen Job in Trumps Firmenkonglomerat bewerben, wird zum Quotenhit. Und Trumps Lieblingssatz zum geflügelten Wort:
"You're fired!"
Zu Deutsch: "Du bist gefeuert!" Trump habe es stets verstanden, die Presse für sich zu nutzen, schreibt sein Biograf. Vor allem Boulevardmedien – von Promi-Shows im Fernsehen bis zum Klatschmagazin "People"– saugen gierig jede Nachricht, jedes Gerücht aus dem Trump-Universum auf, darunter seine drei Ehen, seine Affären, seine Rosenkriege.
Sein Debüt in der Presse hatte Trump - ausgerechnet - in der "New York Times", jener Zeitung, die heute besonders kritisch über Trumps Präsidentschaftskandidatur berichtet. Im Jahr 1976 schwärmte eine "Times"-Reporterin über den jungen Unternehmer:
"Er ist groß, schlank und blond, er hat strahlend weiße Zähne und sieht Robert Redford zum Verwechseln ähnlich."
Auf der Liste der "heißesten Männer Amerikas"
Einige Jahre später nahm dann auch das Erotikmagazin "Playgirl" Trump in die Liste der - Zitat: - "heißesten Männer Amerikas" auf. Attraktiv oder nicht - das mag jeder Betrachter selbst entscheiden. Allerdings: Die Flut von Medienberichten über seine Person ist real. Und Trump lässt sich jeden Morgen eine üppige Presseschau in eigener Sache vorlegen.
Biograf D'Antonio erhebt nicht den Anspruch, das Phänomen Trump vollständig zu entschlüsseln. Doch er vermutet, dass im Fall von Trumps Persönlichkeit ...
"... der Narzissmus pathologische Formen angenommen hat. In ihrer Gesamtheit bringen die damit verbundenen Gefühle das unstillbare Verlangen hervor, als Sieger dazustehen – und eine ungeheure Angst, wie ein Verlierer auszusehen."
Michael D'Antonio beschreibt die verschiedenen Facetten der öffentlichen Person Donald Trump: Tycoon, Taktierer und Showman. Vulgär und weltumarmend, drohend und schmeichelnd, plump, polternd und manchmal auch punktgenau treffend. Dabei widersteht der Autor dem Reiz und Reflex des billigen Trump-Bashings.
"Die Wahrheit über Donald Trump": Das Buch ist weniger das Psychogramm des Menschen, Unternehmers und Präsidentschaftskandidaten Trump. Sondern vielmehr ein Spiegel - manchmal auch ein Zerrspiegel – eben jener Gesellschaft, die ihn erst hervorgebracht hat:
"Sein Aufstieg und sein Erfolg verliefen entlang unseres Medienzeitalters. In vielerlei Hinsicht ist er sowohl Produkt als auch Schöpfer des medialen Ichs, des Super-Egos. Donald Trump ist die faszinierende Fallstudie einer Person, die eine Wirklichkeit widerspiegelt, die wir alle miteinander teilen."
Buchinfos:
Michael D'Antonio: "Die Wahrheit über Donald Trump"
Econ-Verlag, 544 Seiten, 24,00 Euro.
Michael D'Antonio: "Die Wahrheit über Donald Trump"
Econ-Verlag, 544 Seiten, 24,00 Euro.