Sollte Donald Trump wirklich die Hoffnung gehabt haben, seine erste Auslandsreise werde von der Russland-Affäre ablenken und die Wogen womöglich glätten – er hätte sich schwer getäuscht. Die Ermittler der diversen Untersuchungsausschüsse, des FBI, aber auch die Journalisten von Washington Post, New York Times oder CNN warten jeden Tag mit neuen Enthüllungen und Details auf. Alarmiert von den Meldungen aus der Heimat, schickte Donald Trump bereits seinen Stabschef Reince Priebus und seinen Chefstrategen Steven Bannon aus Saudi-Arabien vorzeitig zurück ins Weiße Haus. Trump selbst bestellte mittlerweile Spitzenanwälte, die seine Abwehrschlacht in der Russland-Affäre planen und orchestrieren sollen.
Trumps Schwiegersohn im Visier der Ermittler
Die jüngste Hiobsbotschaft betraf ausgerechnet Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn und Chefberater – auch er steht nun im Fokus des FBI, ohne dass bereits wegen eines konkreten Verdachts gegen ihn ermittelt werde, wie es hieß. Doch mit Kushner hat diese Affäre nun unmittelbar das Machtzentrum der Trump-Familie erreicht. Gegenstand der Ermittlungen ist ein Treffen Kushners mit dem russischen Botschafter in den USA, Sergej Kisljak, im Dezember 2016 – also unmittelbar nach dem Wahlsieg Trumps. In diesem Gespräch soll Kushner die russische Seite um einen geheimen Kommunikationskanal zum Kreml gebeten haben. Wie die Washington Post berichtet, sollten damit die US-Sicherheitsbehörden umgangen werden. Demnach habe Kushner vorgeschlagen, die abhörsichere Leitung in der russischen Botschaft einzurichten, um sich mit Staatschef Putin persönlich zum Beispiel über den Syrien-Konflikt austauschen zu können.
Nach Informationen der Washington Post erhielten die US-Geheimdienste davon Kenntnis, als Botschafter Kisljak den Plan an den Kreml übermittelte und dabei seinem Erstaunen Ausdruck verlieh. Über eine Anwältin ließ Kushner jetzt erklären, dass er bereit sei, vor dem US-Kongress auszusagen. Laut Washington Post hat der Geheimdienstausschuss des Senats mittlerweile das gesamte Trump-Team aufgefordert, sämtliche Dokumente mit Russland-Bezug zu sammeln und herauszugeben.
Auch Flynn soll vor dem Kongress aussagen
Im Zentrum der Ermittlungen um die russische Einmischung in den amerikanischen Präsidentschaftswahlkampf steht indes Michael Flynn, der wegen seiner dubiosen Russland-Kontakte und wegen vertuschter russischer Honorarzahlungen nach nur drei Wochen seinen Posten als Nationaler Sicherheitsberater räumen musste. Auch Flynn ist ultimativ aufgefordert worden, dem Kongress sämtliche Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Flynn lehnte das ab, nachdem seine Forderung nach Immunität abschlägig beschieden worden war.
Auch Oleg Deripaska könnte aussagen
An Brisanz gewinnt die Affäre zusätzlich durch das Angebot eines russischen Oligarchen und Putin-Vertrauten, vor dem Kongress auszusagen – allerdings ebenfalls nur unter der Voraussetzung der Immunität. Oleg Deripaska, ein Aluminium-Magnat mit angeblichen Kontakten zum organisierten Verbrechen, stand einst in Geschäftsbeziehungen mit Paul Mannafort, dem Leiter der Wahlkampfkampagne Donald Trumps. Diesen Posten musste Mannafort aufgeben, nachdem seine einträglichen Beziehungen mit den russischen Separatisten in der Ukraine bekannt geworden waren.
Vor diesem Hintergrund wirken die Versuche Donald Trumps immer suspekter, die Ermittlungen offenbar direkt beeinflussen zu wollen – und zwar durch persönliche Intervention beim mittlerweile gefeuerten FBI-Chef Comey, aber womöglich auch bei Michael Rogers, dem Chef der NSA, sowie Dan Coats, dem Direktor des Nationalen Geheimdienstes. Trump soll Rogers und Coats um eine öffentliche Erklärung gebeten haben, dass es keinerlei Beweise für ein verdecktes Zusammenspiel zwischen Russland und seinem Wahlkampfteam gab.
Kurzum: Die verschiedenen Stränge in den Ermittlungen verdichten sich zu derart frappierenden Verdachtsmomenten, dass davon auszugehen ist, dass diese Affäre schnell an Fahrt gewinnen wird. Jetzt ist Donald Trump ja wieder zu Hause.