Die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA glaubt an das Potenzial des neuen Verfahrens. Von einer sehr wertvollen Ergänzung des Testprogramms spricht WADA-Präsident Witold Bańka mit Blick auf die Trockenblut-Analyse, kurz DBS nach dem englischen Namen Dried Blood Spot Test. Der wissenschaftliche Direktor der WADA, Olivier Rabin ergänzt:
"In Tokio werden wir die Blutstropfenanalyse nutzen, um Substanzen besser nachweisen zu können und dann, wenn notwendig, zusätzliche Analysen zum Nachweis durchzuführen. In der Zukunft, ab Peking und auch danach, werden wir DBS einsetzen, um direkt mit dem Nachweis Betrüger zu überführen."
Ein kleiner Piks genügt
Die Methode ist recht einfach. Ähnlich wie bei einem Blutzuckertest genügt ein kleiner Piks in den Finger oder das Ohrläppchen für ein paar Tropfen Blut auf ein scheckkartengroßes Stück Zellstoff. Und da der Kontrolleur für die Urinprobe ohnehin schon vor Ort wäre, würden nur noch geringfügig höhere Materialkosten von weniger als fünf Euro anfallen.
"Ein wesentlicher Unterschied ist die Probengewinnung, die im Gegensatz zu konventionellen Blut und Urinkontrollen schnell, einfach und unter minimaler Belastungen der Athletinnen und Athleten erfolgen kann", meint auch Professor Mario Thevis, der Leiter des Kölner Doping-Kontroll-Labors, der noch mehr Vorteile bei der Methode sieht.
"Neben der vereinfachten Probengewinnung sind weitere Vorteile der DBS die Stabilität der zu testenden Substanzen im trockenen Zustand der kostengünstigere Transport und die Information der Wirkstoffmengen im Blut der Athletinnen und Athleten, was insbesondere bei Substanzen, die nur zu Wettkampfzeiten verboten sind, von besonderem Mehrwert sein kann."
Mehr Doping-Tests werden möglich
WADA-Wissenschaftsdirektor Rabin geht sogar noch einen Schritt weiter. Es sei jetzt auch leichter, instabile Substanzen zu testen oder mehr Sportler weltweit zu testen.
"Wir wollen diesen Bluttest promoten, weil viele Substanzen leichter im Blut als im Urin nachweisbar sind. Und mit der Implementierung von DBS können wir viele Substanzen besser nachweisen. Blut ist eine reaktionsfähige Matrix und lebendig, und wenn sie Blut in ein Reagenzglas füllen, baut es mit der Zeit ab. Das macht es schwierig, in vielen Teilen der Welt Proben zu nehmen. Mit Trockenblut können wir heute in aller Welt Proben nehmen."
Der Weg zur Anerkennung der DBS war sehr lang. Als Thomas Bach, der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees, die Einführung der Trockenblutanalyse im Oktober 2019 angekündigt, war dies der bisherige Höhepunkt einer langen Entwicklung:
"Wir wurden von der WADA informiert, dass die Blutstropfenanalyse schon für Tokio 2020 verfügbar sein wird. Wir denken, dass dies gemeinsam mit dem Langzeit-Lagerungs-Programm ein strikteres und abschreckendes Anti-Doping-Programm ist. Gleichzeitig wird auch die Blutstropfenanalyse bis zu den Sommerspielen eingeführt."
"Eine sehr komplexe Arbeit"
Zuvor hatten die Nationalen Anti-Doping-Organisationen in Deutschland, Schweiz und den USA schon jahrelang Erfahrungen gesammelt. Die Geschichte beginnt in den 1950er Jahren, als DBS im klinischen Zusammenhang eingesetzt wurde. In der Anti-Dopingforschung konnte die Methode erst Anfang der 2000er Jahre in Erwägung gezogen werden.
2010 war der Nachweis zahlreicher Substanzklassen möglich. Aber für die Implementierung in die Regelwerke müssen formale Rahmenbedingungen vorliegen. Das Prinzip der A und B-Proben, der versiegelte Transport und Lagerungsmöglichkeiten bis hin zur Prüfung der Validität, erklärt Olivier Rabin:
"Bei den Anti-Dopingtests suchen wir nach hunderten Substanzen. So mussten wir hunderte Substanzen validieren, eine sehr komplexe Arbeit. Das bedeutet, wir haben verschiedenen Substanzklassen getestet und wir mussten sicherstellen, dass die Analysen gut genug und ausreichend sensitiv sind. Damit die Ergebnisse dann auch juristisch bestand haben. Und jetzt gehen in eine Phase der Routineanalyse, bisher war das alles nur Forschung."