Johannes Dürr gilt 2014 als die größte Hoffnung im österreichischen Skilanglauf. "Hier auf dem Wege, seinen größten Einzelerfolg perfekt zu machen, Johannes Dürr", heißt es im deutschen Fernsehen.
Bei den Olympischen Spielen von Sotschi will er im 50 Kilometerrennen die Goldmedaille holen. Bis ihm Dopingfahnder auf die Schliche kommen. Er wird während der Sotschi-Spiele positiv getestet auf das ausdauersteigernde Mittel Epo. Fünf Jahre danach stellt sich heraus: in seiner Dopingkarriere ist noch viel mehr passiert. "2013 da kam ich mit einem anderen Athleten ins Gespräch und während dieses Gesprächs stellte sich eben heraus, dass er bereits Eigenblutdoping macht und er machte mir das Angebot, mal bei seiner Quelle nachzufragen, ob ich auch dabei sein kann", erklärt Johannes Dürr.
Blutdoping kannte man in Deutschland bisher nur aus dem Radsport. In Johannes Dürr packt erstmals ein Wintersportler aus. Eigenbluttransfusion gilt als eine der sichersten Dopingmethoden. Denn: sie ist für Dopingfahnder kaum nachweisbar. Mehrfach habe es solche Blutbehandlungen in Deutschland gegeben: zum Beispiel in einem Motel auf der Raststätte Irschenberg an der Autobahn, wie Dürr berichtet: "Während der Blutabnahme hat es natürlich auch Momente gegeben, wo ich sehr verunsichert war, weil die Geräte eben sehr sehr laut gearbeitet haben. Ich hab zumindest immer die Angst gehabt, erwischt zu werden"
Blutdoping in Thüringen
Mehrere hundert Milliliter wurden bei jedem Treffen abgezapft - insgesamt vier Mal. Um den gewünschten Dopingeffekt zu erzielen, musste das Blut in Portionen wieder in den Körper gebracht werden. Eine dieser Rückführungen fand in Luisenthal statt, unweit des beliebten Thüringer Wintersportortes Oberhof. "Ich bin einfach raus auf den Parkplatz in das Auto eingestiegen, das war jetzt nicht wahnsinnig auffällig. Und dann war da schon der Schlauch eben in der Vene und im Blutbeutel und dann hab ich den einfach zusammengedrückt und dann ist das Blut sehr schnell wieder zurückgelaufen", erzählt Dürr.
Die Namen seiner Unterstützer nennt Johannes Dürr nicht. Räumt aber ein: er habe mit ausländischer Hilfe gehandelt. Für all seine Behandlungen zahlte Dürr 5000 Euro an seinen Helfer. Bei Preisgeldern waren außerdem Provisionen vereinbart. Zusätzlich zum Blutdoping spritzte er sich EPO, angeblich vermittelt von einem Betreuer. Dürr behauptet, unter den Leuten die ihm beim EPO-Doping halfen, habe sich auch Personal des Österreichischen Skiverbandes befunden. Der Anti-Doping-Beauftragte des Österreichischen Skiverbandes, Wolfgang Schobersberger, weist das zurück: "Die Antwort ist ein klares Nein, mir sind solche Fälle nicht bekannt. Einzeltäter wird es immer geben, die entziehen sich aber meiner Kenntnis."
Asthma als Tarnung
Johannes Dürr spricht außerdem detailliert über den Missbrauch von Asthma im Skilanglauf. Betreuer in Österreich hätten ihm nahegelegt, Asthma zu simulieren, um eine sogenannte medizinische Ausnahmegenehmigung zu bekommen – nichts anderes als Doping. Bei Olympia 2018 in Pyeongchang hatten 6000 Asthmasprays für norwegische Athleten Unruhe und Diskussionen ausgelöst. Zu Dürrs Aussagen erklärte der österreichische Skiverband: er wisse von alldem nichts, könne aber einzelne schwarze Schafe nicht ausschließen.
Johannes Dürr sagt mit Rückblick auf seine Dopingkarriere: "Ich hab die Leute, die mir am nächsten gestanden sind, eigentlich alle angelogen und betrogen." Und trotzdem ist er der Meinung, er habe die Sportwelt nicht wirklich betrogen. Er habe nur gemacht, was er von vielen anderen auch vermutet.