Die Tierarznei Kexxtone der britischen Firma Eli Lilly hat im Januar die EU-weite Zulassung bekommen. Der darin enthaltene Wirkstoff Monensin wirkt antibiotisch und war bis 2006 in der EU als Futterzusatz auf dem Markt. Auch Rinderbullen wurden damals damit gefüttert, damit sie schneller wuchsen und Fleisch ansetzten. Dann gab es ein EU-weites Verbot - unter anderem, um der Entwicklung von Antibiotikaresistenzen Einhalt zu gebieten. Nun kehrt der Wirkstoff als Medikament zurück, diesmal für Milchkühe, die rund um die Kalbung Probleme mit dem Kohlehydratstoffwechsel bekommen können. Tierärzte sprechen dann von Ketose. Allerdings: Ketosen dürften bei richtiger Haltung und Fütterung gar kein Problem sein, sagt Friedrich Ostendorff, Bundestagsabgeordneter der Bündnisgrünen und selbst Milchvieh-Biobauer:
"Ich habe schon Mal eine Ketose erlebt, aber das ist bei uns ganz was Seltenes. Weil unsere Kühe gehen auf die Weide, unsere Kühe sehen keinen Mais, also so hoch konzentrierte Futtermittel habe ich gar nicht zur Verfügung, ich habe auch keine 10.000-Liter-Kuh, bei uns ist mit 6500 Stalldurchschnitt Schluss!"
Tatsächlich bestätigen auch Tiermediziner, dass bei der richtigen Fütterung in der kritischen Stoffwechselphase rund um die Kälbergeburt keine Probleme auftreten. Sei es Bio oder nicht. Doch viele Milchkühe sind heute auf Hochleistung gezüchtet und besonders anfällig für Ketosen. Vor allem für sie ist das vorbeugend verabreichte Medikament Kexxtone gedacht. Es gebe auch Indikatoren, für welche Tiere solch eine vorsorgende Ketose-Behandlung sinnvoll ist, sagt Professor Jürgen Rehage von der Rinderklinik der Tierärztliche Hochschule in Hannover.
"Man weiß, dass Kühe, die verfettet sind, dass die besonders gefährdet sind, eine Ketose zu entwickeln und andere Kühe, zum Beispiel, von denen man weiß: die haben schon erhebliche Schwierigkeiten mit Ketose gehabt, das wäre eine Gruppe oder Tiere, die vor der Abkalbung eine Erkrankung haben, die mit einer Appetitdepression einhergeht, also das wären so Zielgruppen, um die es eigentlich geht, aber flächendeckend für alle Kühe ist das nicht vorgesehen, macht auch keinen Sinn."
Ganz anderer Ansicht ist der Ingolstädter Tierarzt und Grünen-Politiker Rupert Ebner. Gemeinsam mit anderen Fachleuten - etwa von der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft - fragt er sich, warum Kexxtone überhaupt eine europäische Zulassung bekommen hat. Das Medikament zementiere völlig unzeitgemäß eine Fehlentwicklung, findet er:
"Die Antibiotika werden ja heute in vielen Fällen als Reparatursubstanz für ein eigentlich entgleistes System eingesetzt und da ist wirklich Kexxtone das klassische Beispiel, was wir nicht tun wollen: Wir wollen nicht die züchterischen, die Haltungsfehler kompensieren mit Medikamenten, sondern wir wollen den Medikamenteneinsatz dadurch wieder reduzieren, dass eben die Zucht, die Haltung und die Fütterung so gestaltet werden, dass der Medikamenteneinsatz minimiert wird. Also Kexxtone passt überhaupt nicht in die Landschaft dessen, was gerade in Bundestag und Bundesrat beschlossen und auf den Weg gebracht wird."
Tatsächlich visieren Bund und Länder derzeit unter anderem eine Änderung des Arzneimittelgesetzes an, die zu einer Eindämmung und besseren Kontrolle des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung führen soll. Rupert Ebner glaubt aber nicht, dass das Kexxtone am Markt schaden werde. Er rechnet damit, dass Produkt flächendeckend zum Kuhdoping eingesetzt werden wird:
"Zu diesem Zeitpunkt, als dieses Medikament gegeben werden muss, weiß niemand, ob die Kuh krank wird oder nicht. Sondern man könnte sich vorstellen, dass die Kuh krank wird und deswegen wird das Medikament eingesetzt. Nachdem diese Krankheit dann möglicherweise in milder Form oder gar nicht auftritt, tritt automatisch eine höhere Milchleistung ein. Die Tierärzte, die gewissenhaft und bewusst Medikamente einsetzen wollen, die haben hier überhaupt keinen Spielraum mehr, weil wenn sich herumspricht in der Szene, dass diese Sache wirklich gut funktioniert und wirtschaftlichen Ertrag für den Betrieb darstellt, dann wird der Tierarzt liefern müssen."
Hochschulprofessor Jürgen Rehage hält diese Befürchtung für unbegründet:
"Wenn man in die Literatur schaut, da gibt es doch zahlreiche Studien, die zeigen eigentlich alle unisono eindeutig, dass es bei fitten Kühen keine Wirkung hat und es insofern auch ökonomisch keinen Sinn hat, es einzusetzen."
Wie hoch der Kexxtone-Einsatz derzeit tatsächlich ist, könne man nicht sagen, teilen die zuständigen - antibiotikakritischen - Ministerien in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auf Anfrage mit. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit veranschlagt die Häufigkeit von Ketosen auf maximal 26 Prozent pro Milchviehherde und verweist darauf, dass Kexxtone laut Zulassung nur einzelnen Tieren und nicht ganzen Herden verabreicht werden darf. Gesundheitliche Risiken für Verbraucher gebe es keine. Auch nicht durch eventuelle Antibiotikaresistenzen, denn Monensin wird derzeit in der Humanmedizin nicht angewendet.
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"Man weiß, dass Kühe, die verfettet sind, dass die besonders gefährdet sind, eine Ketose zu entwickeln und andere Kühe, zum Beispiel, von denen man weiß: die haben schon erhebliche Schwierigkeiten mit Ketose gehabt, das wäre eine Gruppe oder Tiere, die vor der Abkalbung eine Erkrankung haben, die mit einer Appetitdepression einhergeht, also das wären so Zielgruppen, um die es eigentlich geht, aber flächendeckend für alle Kühe ist das nicht vorgesehen, macht auch keinen Sinn."
Ganz anderer Ansicht ist der Ingolstädter Tierarzt und Grünen-Politiker Rupert Ebner. Gemeinsam mit anderen Fachleuten - etwa von der Deutschen Veterinärmedizinischen Gesellschaft - fragt er sich, warum Kexxtone überhaupt eine europäische Zulassung bekommen hat. Das Medikament zementiere völlig unzeitgemäß eine Fehlentwicklung, findet er:
"Die Antibiotika werden ja heute in vielen Fällen als Reparatursubstanz für ein eigentlich entgleistes System eingesetzt und da ist wirklich Kexxtone das klassische Beispiel, was wir nicht tun wollen: Wir wollen nicht die züchterischen, die Haltungsfehler kompensieren mit Medikamenten, sondern wir wollen den Medikamenteneinsatz dadurch wieder reduzieren, dass eben die Zucht, die Haltung und die Fütterung so gestaltet werden, dass der Medikamenteneinsatz minimiert wird. Also Kexxtone passt überhaupt nicht in die Landschaft dessen, was gerade in Bundestag und Bundesrat beschlossen und auf den Weg gebracht wird."
Tatsächlich visieren Bund und Länder derzeit unter anderem eine Änderung des Arzneimittelgesetzes an, die zu einer Eindämmung und besseren Kontrolle des Antibiotikaeinsatzes in der Tierhaltung führen soll. Rupert Ebner glaubt aber nicht, dass das Kexxtone am Markt schaden werde. Er rechnet damit, dass Produkt flächendeckend zum Kuhdoping eingesetzt werden wird:
"Zu diesem Zeitpunkt, als dieses Medikament gegeben werden muss, weiß niemand, ob die Kuh krank wird oder nicht. Sondern man könnte sich vorstellen, dass die Kuh krank wird und deswegen wird das Medikament eingesetzt. Nachdem diese Krankheit dann möglicherweise in milder Form oder gar nicht auftritt, tritt automatisch eine höhere Milchleistung ein. Die Tierärzte, die gewissenhaft und bewusst Medikamente einsetzen wollen, die haben hier überhaupt keinen Spielraum mehr, weil wenn sich herumspricht in der Szene, dass diese Sache wirklich gut funktioniert und wirtschaftlichen Ertrag für den Betrieb darstellt, dann wird der Tierarzt liefern müssen."
Hochschulprofessor Jürgen Rehage hält diese Befürchtung für unbegründet:
"Wenn man in die Literatur schaut, da gibt es doch zahlreiche Studien, die zeigen eigentlich alle unisono eindeutig, dass es bei fitten Kühen keine Wirkung hat und es insofern auch ökonomisch keinen Sinn hat, es einzusetzen."
Wie hoch der Kexxtone-Einsatz derzeit tatsächlich ist, könne man nicht sagen, teilen die zuständigen - antibiotikakritischen - Ministerien in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen auf Anfrage mit. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit veranschlagt die Häufigkeit von Ketosen auf maximal 26 Prozent pro Milchviehherde und verweist darauf, dass Kexxtone laut Zulassung nur einzelnen Tieren und nicht ganzen Herden verabreicht werden darf. Gesundheitliche Risiken für Verbraucher gebe es keine. Auch nicht durch eventuelle Antibiotikaresistenzen, denn Monensin wird derzeit in der Humanmedizin nicht angewendet.
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