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Doping in Westdeutschland
"Wir waren alle Teil des Systems"

Auch in Westdeutschland hat es in der Vergangenheit systematisches Doping gegeben. Schuld daran seien nicht nur die Sportler und Ärzte, sagte der Doping-Journalist Ralf Meutgens im Deutschlandfunk: "Der Medaillenwahn, die Medien, das Publikum - wir müssen uns da alle an die eigene Nase fassen."

    Sprinter bei den Olympischen Spielen in München 1972
    Sprinter bei den Olympischen Spielen in München 1972 (imago sportfotodienst)
    "Ich glaube, dass weitaus mehr als 50 Prozent der männlichen westdeutschen Leichtathleten in der Doping-Hochphase gedopt haben", sagte Meutgens. Auch im Radsport habe es klare Strukturen gegeben. So sei ein Radsportler aus dem deutschen Bahnradkader aussortiert worden, weil er sich den Medikamenten und jeder Spritze verweigert habe.
    Der Medaillenwahn, durch Medien und Publikum gefordert, sei aber mitverantwortlich. "Wir waren alle Teil dieses Systems. Der Glaube an unbegrenztes Wachstum, an immer höhere Leistungen, das frisst uns ja alle."
    Der Sport könne eigentlich Dinge leisten, die wichtig seien: Integration, Kommunikation oder Gesundheit. "Das sind Werte, die der Sport vermitteln könnte, wenn er wollte", sagte Meutgens. "Ob der Leistungssport das noch leisten kann, ist sehr fraglich."
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