Peking 2008. Da standen sie auf dem Treppchen, die großen Gewinner. Vielleicht müssen einige ihre Medaillen ja zurückgeben. Auf alle Fälle droht derzeit 31 Olympiateilnehmern von damals das Aus für Rio. Denn für IOC-Präsident Thomas Bach "muss der Schutz der sauberen Athleten im Vordergrund stehen. Die sauberen Athleten sind das Herz der olympischen Bewegung".
Deshalb die große Anzahl von Nachtests auf einen Schlag. Einige der analysierten 454 Proben könnten aber auch vorher schon mal nachgetestet worden sein. Vor einer neuen Analyse geht es laut Dopinganalytiker Mario Thevis immer um die Frage: Wie viel Urin oder Blut ist überhaupt noch übrig? "Denn daran wird sicherlich auch festgemacht: Lohnt sich ein Nachtest, insofern dass man, wenn man einen Verdachtsmoment hat, diesen auch noch bestätigen kann, ob die Volumina dafür ausreichen".
Dilemma: Schnell sanktionieren? Oder abwarten?
Die Suche nach EPO etwa verbrauche viel Urin, knapp die Hälft aus der A-Probe, so Thevis. Bei Anabolika oder Stimulanzien würden schon deutlich geringere Mengen ausreichen. Schnell nachtesten oder länger warten? Ein Dilemma. Frühere Nachtests haben auf den ersten Blick den Vorteil: "Dass dopende Sportler möglicherweise zu ihrer aktiven Zeit noch sanktioniert werden. Spätere Nachtests haben den Vorteil, dass ein größeres Spektrum an verbotenen Substanzen möglicherweise mit deutlich besseren Verfahren getestet werden kann. Der Nachteil einer frühen Testung ist, dass möglicherweise für weitere Tests in der Zukunft nicht mehr genügend Restvolumen zur Verfügung steht".
Acht bis zehn Jahre lagern die Proben Olympischer Spiele tiefgefroren im Kontroll-Labor in Lausanne. Festgelegte Kriterien für die Auswahl der jetzt analysierten Proben habe es nicht gegeben, so ein Sprecher des Internationalen Olympischen Komitees. Das habe gemeinsam mit der Welt-Anti-Doping Agentur und den internationalen Sportverbänden Sportarten und ganz bestimmte Sportler ausgewählt, deren Proben also ganz gezielt nachgetestet.
Die Proben werden anonymisiert
Und so funktioniert's: Wenn das Labor die Proben bekommt, tragen diese nur einen anonymen Code. Nur das IOC hat die Namen zu den Codes aller Olympiaproben. Daher war es möglich, ganz bestimmte Proben für die Nachtests herauszufischen, so der Sprecher. Ergebnis: Athleten aus zwölf Nationen sind nun acht Jahre nach Peking nachträglich überführt – wenn die B-Probe das Ergebnis bestätigt. Die Sportarten nennt das IOC nicht. Leichtathletik, Schwimmen und etwa Gewichtheben dürften aber wohl dabei sein.
Seit den Spielen von Peking – also in den vergangenen acht Jahren – hat sich in der Analysetechnik viel getan. Bessere Geräte, sensiblere Messungen und neue wissenschaftliche Erkenntnisse über die Doping-Substanzen. So hat laut Mario Thevis die Analyse etwa bei Anabolika einen regelrechten Quantensprung gemacht: "Dass beispielsweise bei anabolen Steroiden die Nachweisbarkeit von wenigen Tagen auf mehrere Wochen bis sogar wenige Monate ausgeweitet werden konnte, was dann insbesondere bei den jetzt anstehenden und durchgeführten Nachtests zum Erfolg geführt hat".
Heißt, das Labor in Lausanne dürfte in den 31 positiven A-Proben von Peking hauptsächlich Anabolika gefunden haben. Mit den Nachtests der Proben habe das IOC seine Null-Toleranz gegenüber Doping bewiesen, meint Thomas Bach: "Damit wollen wir die Teilnahme von gedopten Sportlern an den Olympischen Spielen Rio 2016 möglichst ausschließen".
Auch die Proben Spiele von London sind bereits nachgetestet. Das Ergebnis will das IOC in der kommenden Woche bekannt geben.