Es wird eng für Craig Reedie. Der Präsident der eigentlich unabhängigen Welt-Anti-Doping-Agentur stellt sich an die Seite Russlands. Und zwar nicht im Kampf gegen Doping sondern im Vertuschen des Dopingproblems. Das jedenfalls legt die Email nah, die der ARD vorliegt. Darin schreibt Reedie: "Es macht mich betroffen, dass anscheinend zwischen der WADA und der russischen Regierung atmosphärische Probleme durch die ARD-Berichterstattung im Dezember entstanden sind."
Es liest sich wie eine Entschuldigung, wenn der Präsident der Welt-Anti-Doping-Agentur seiner russischen Ansprechpartnerin erklärt, warum er eine Ermittlungskommission eingesetzt hat. Auslöser dafür war der ARD-Film "Geheimsache Doping - Wie Russland seine Sieger macht". Der Film hatte schwere Dopingvorwürfe gegen die russische Leichtathletik erhoben und Belege geliefert: "Die WADA ist durch eine Reihe nationaler Anti-Doping Agenturen aus verschiedenen Teilen der Welt unter Druck gesetzt worden, Ermittlungen aufgrund der Anschuldigungen in der ARD-Berichterstattung einzuleiten."
Weiter versichert Reedie, er wolle die guten Beziehungen zu Russland fortführen. Hajo Seppelt, Autor des Films "Wie Russland seine Sieger macht" und ARD-Dopingexperte sieht in der Email eine Gefahr für saubere Athleten. Sie könnten sich nicht mehr auf die Welt-Anti-Dopingagentur verlassen: "Da gibt's einen WADA-Präsidenten, der ein sportpolitisch doppeltes Spiel betreibt, der versucht, die Verbindungen zu Russland im positiven Sinn aufrecht zu erhalten und noch mehr, der eigentlich den Eindruck vermittelt, dass er das Ganze politisch bitte nicht allzu hochhängen soll."
In einer Reaktion bezeichnete die WADA die Email offenbar als missverständlich und aus dem Zusammenhang gerissen, erklärte Hajo Seppelt im ARD-Morgenmagazin. Auch die Russen hätten reagiert und sehen, laut Seppelt einen großen Komplott. Die Email zeige, dass der WADA-Präsident hinter ihnen stehe. Dass gerade das das Problem ist, erkennen offenbar weder Russland noch die WADA. Deren Anti-Doping-Kampf wird immer unglaubwürdiger.
"Das ist - glaube ich - sportpolitisch höchst brisant und müsste eigentlich Folgen für die WADA und deren Präsidenten haben", urteilt Hajo Seppelt.