Viele Sportfans und Anti-Dopingkämpfer empfanden es als herbe Niederlage, als Radstar Chris Froome im vergangenen Sommer vom Dopingvorwurf freigesprochen wurde. Während der Vuelta 2017 waren bei einer Kontrolle deutlich erhöhte Werte des Asthmamittels Salbutamol festgestellt worden.
Froome sagte: "Natürlich ist das ein Schock für viele. Ich bleibe dabei, ich habe keine Regel verletzt. Ich habe nur die erlaubte Menge Salbutamol inhaliert. Ich bin sicher, am Ende wird sich die Wahrheit zeigen."
Ein "schrecklicher Fehler"
Schützenhilfe erhielt Froome von Ken Fitch. Der australische Wissenschaftler hatte für die Welt-Anti-Doping-Agentur WADA den Urin-Grenzwert erarbeitet, den Froomes Anwälte für zu ungenau hielten Nun sprach Fitch davon, einen "schrecklichen Fehler" gemacht zu haben, nämlich bei der Berechnung der Proben. Fitchs Vergleich zum Schwimmen, bei dem statistisch gesehen die meisten Asthmafälle auftreten:
"Was passiert nach einer Stunde Schwimmen? Eine volle Blase. Fünf Stunden Radfahren ist völlig anders, man hat wenig, aber ziemlich konzentrierten Urin. Und ein großer Fehler bei unseren Studien war, dass wir den Urin nicht für das spezifische Gewicht gemessen haben."
Letztlich sprach der Radsport-Weltverband UCI Froome frei. Präsident David Lappartient erklärte im ARD-Fernsehen:
"Dazu muss man wissen, dass zwischen der Dopingkontrolle am 7. September und der jetzigen Entscheidung eine neue Regel da war. Die besagt, dass der Flüssigkeitsverlust berücksichtigt werden muss. Das mit dem Salbutamol ist sehr kompliziert. Und wenn man das so neu berechnet, dann sinkt der Salbutamol-Wert."
Ungenauigkeiten bei der Umrechnung hätte man mittels einer Blutkontrolle überprüfen können. Mario Thevis, der Leiter des Kölner Doping-Kontroll-Labors, glaubt damit alle Umstände klären zu können. Er sagt:
"Man hätte die gleiche Substanz, den gleichen Wirkstoff, Salbumatol auch im Blut, im Bluttropfen bestimmen können. (Ob ein plausibler Zusammenhang zwischen der Urinmenge und der Blutmenge an Salbumatol besteht und) ob es Auffälligkeiten gibt im Sinne von Überdosierung oder einer regulären, normalen Dosierung."
Nur geringfügig höhere Materialkosten
Die Blutstropfenanalyse könnte nach Thevis‘ Meinung so zur idealen Ergänzung einer Urinprobe werden. Ähnlich wie bei einem Blutzuckertest, genügt ein kleiner Piks in den Finger oder das Ohrläppchen für ein paar Tropfen Blut auf ein scheckkartengroßes Stück Zellstoff.
Da der Kontrolleur für die Urinprobe ohnehin schon vor Ort wäre, würden nur noch geringfügig höhere Materialkosten von weniger als fünf Euro anfallen. Nur bei verdächtigen Urinwerten müsste das Blut überhaupt zur Absicherung analysiert werden.
Thevis erklärt: "Sollte dieser Konzentrationsbereich überschritten werden, bietet es sich an, eine Blutkontrolle, auch einen Blutstropfen, zu untersuchen. Denn daraufhin könnte man deutlich genauer den Einfluss der Medikation oder der verbotenen Substanz auf den Athleten zum Zeitpunkt des Wettkampfes bestimmen."
Bisher nutzen nur einige Anti-Doping-Agenturen und Verbände diese Möglichkeit. Die Welt-Anti-Doping-Agentur hat zwar einige Forschungsprojekte dazu unterstützt, aber immer noch nicht in ihren WADA-Code implementiert. Das könnte sich aber bald ändern, denn das Internationale Olympische Komitee will die Blutstropfenanalyse bei den Sommerspielen 2020 in Tokio einführen.
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