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Doppelte Dröhnung mit der Krönung

Die Nachricht blieb beinahe unbemerkt von der Öffentlichkeit: ZDF-Intendant Markus Schächter will die zeitgleiche Übertragung von Adelshochzeiten durch das Erste und Zweite Fernsehprogramm zukünftig vermeiden.

Von Rüdiger Heimlich | 05.06.2004
    Dass die Meldung in eigener Sache von Tageschau und heute-journal nicht aufgegriffen wurde, kommt nicht von ungefähr. Schon seit geraumer Zeit nährt das Programmgebaren von ARD und ZDF einen furchtbaren Verdacht: bei der doppelten Dröhnung mit der Krönung geht es nicht mehr nur um die mediale Grundversorgung des Adels. Es geht um die dauerhafte Einführung der Monarchie durch den Öffentlich-rechtlichen Rundfunk zur nachhaltigen Steigerung der Quote.

    Welchen Sinn sollte sonst die grandiose Geldverschwendung durch das stundenlange Übertragen der mehr oder weniger gleichen Bilder machen? Jetzt will man nur getrennt marschieren, aber gemeinsam siegen.

    Dahinter steckt eine fundamental-restaurative Programmpolitik: Die Royalty-Magazine im Ersten, das beständige Ablichten europäischer Adelshäuser in öffentlich-rechtlichen Boulevard-Sendungen, die Inszenierung des Millionen Euro teuren Zweiteilers "Soraya". Seit Jahren propagieren die Dritten Programme zur identischen Zeit dieselbe Leitbild-Kultur: Fröhlicher Weinberg und Chiemgauer Volkstheater, Achims Hitparade und Zauberhafte Heimat. Im Ersten läuft zeitgleich "Da wo die Heimat ist". Das bringt Quote. Das stellt kein Medienpolitiker ab.

    Nachdem die öffentlich-rechtlichen Sender den Zweiten Weltkrieg nunmehr endgültig für verloren erklärt haben, wenden sie sich demnächst dem Ersten Weltkrieg zu. Danach droht uns die Monarchie. Eine Doku-Soap aus dem Hause Hohenzollern ist geplant, eine Reihe über die schönsten Schlösser der Wittelsbacher, die Verlesung des Gothaer Adelsregisters durch Freiherrn Seelig zu Eggebert auf dem Royaltykanal Phönix. - Seit geraumer Zeit schon wird gemunkelt: nach der Quotenanlyse erheben sich die ARD-Programmdirektoren und stimmen ein das Marschlied: "Wir wollen unseren alten Kaiser Wilhelm wieder haben!" -- Wir kehren unaufhaltsam zur Monarchie zurück.