DOSB-Mitgliederversammlung
Drohen die eigentlichen Themen im Personalumbruch unterzugehen?

Am 7. Dezember findet die Mitgliederversammlung des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) statt. Die Delegierten haben viel zu entscheiden. Aufgrund von Querelen in der Verbandsführung könnten die aber in den Hintergrund rücken.

Von Sabine Lerche |
Die Olympischen Ringe des Berliner Olympiastadions vor blauem Himmel.
Der DOSB will in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres ein Feinkonzept für eine Olympia-Bewerbung vorstellen. (IMAGO / Manngold / IMAGO / Rainer Keuenhof)
Knapp drei Wochen vor seiner 21. Mitgliederversammlung hat der Deutsche Olympische Sportbund die Tagesordnung der Veranstaltung veröffentlicht. Nicht mal eine Woche später stellt sich die Frage, ob die Mitgliederversammlung überhaupt noch so durchführbar sein kann.
Denn offenbar ohne Absprache mit der DOSB-Führungsriege hat sich Torsten Burmester, der Vorstandsvorsitzende, zum SPD-Kandidaten für die Oberbürgermeisterwahl in Köln aufstellen lassen. Die Reaktionen: überwiegend kritisch.
„Die entscheidende Frage ist natürlich, ob diese Kandidatur kompatibel ist mit dem ja auch sehr aufwendigen und einnehmenden Amt des DOSB-Vorstandsvorsitzenden. Und da komme ich persönlich klar zu der Konsequenz, zu dem Schluss aus meiner Sicht sind diese beiden Tätigkeiten nicht miteinander in Einklang zu bringen.“

Burmester hat Entwicklungen angestoßen

Der sportpolitischen Sprecher der Unions-Fraktion im Bundestag Stephan Mayer ist dafür, dass Burmester sein Amt beim DOSB ruhen lässt. SPD-Genossin Sabine Poschmann springt ihm hingegen zur Seite und hält die Kandidatur für legitim.
Der DOSB kündigte einen Wechsel des Vorsitzpostens an. Mittlerweile wird davon ausgegangen, dass Burmester ohnehin schon freigestellt worden ist. Er werde bezüglich seiner Kandidatur zu wenig unterstützt, beklagt Burmester daraufhin gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger. Er glaubt, dass er seinen DOSB-Aufgaben parallel zum Wahlkampf in Köln nachgehen könne.
Tatsächlich hat der DOSB in den letzten Jahren eine Menge an Entwicklungen angestoßen – mit Torsten Burmester. Über eine deutsche Bewerbung für Olympische und Paralympische Spiele sollen die Delegierten bei der Versammlung abstimmen und Thema wird auch die Leistungssportreform und das Sportfördergesetz sein, dessen baldige Umsetzung wegen des Scheiterns der Ampel-Koalition aber fraglich ist.

Regelwerk gegen Gewalt im Sportsystem

Zu den Punkten bei der Versammlung gehören unter anderem auch der Safe Sport Code, ein Regelwerk, dass Millionen Menschen im organisierten Sport helfen soll, jegliche Form von interpersonaler Gewalt in ihrer Organisation effektiver zu bekämpfen.
Es geht also um Themen, die für sehr viele Menschen im deutschen Sport wichtig sind. Bleiben sie auch im Vordergrund, wenn erstmal Personalfragen geklärt werden müssen? Und was ist mit den Absprachen, die Burmester getroffen hat – haben sie noch Bestand?
Gerade das Sportfördergesetz war Burmester wichtig, zumindest Anfang November noch im Deutschlandfunk-Sportgespräch nach dem Ampel-Aus: „Wir im Sport werden weiterhin für dieses Gesetz, für eine solche Regelung eintreten, den Spitzensport in Deutschland gesetzlich abzusichern.“

Lobby-Arbeit dringend nötig

Ob das so auch weitergeführt werden kann – fraglich, denn als Vorstandsvorsitzender ist Burmester für die Repräsentation und politische Interessenvertretung zuständig – gerade hinsichtlich der anstehenden politischen Neuwahlen eine aktuell vakante Aufgaben.
Auch dass die Ampel-Regierung noch keinen Haushalt für 2025 beschließen konnte, hat Auswirkungen auf den Sport: Eine vorläufige Haushaltsführung ist mit Einsparungen verbunden und nimmt Planungssicherheiten.
Die Landessportbünde wünschen sich laut ihrem Sprecher Jörg Ammon eine geschlossene Verbandsspitze. Geschlossen wirkt sie aktuell aber nicht.

Querelen in der Führung

Dass es Abstimmungsschwierigkeiten und misslungene Kommunikationsprozesse zwischen dem Präsidium und dem Vorstand gibt, zeigt nicht nur die wohl unabgesprochene OB-Kandidatur, sondern auch der Bericht der DOSB-Ethikkommission zur Vergabe der World Games 2029 nach Karlsruhe. Das Verfahren sei weder fair, noch ordnungsgemäß verlaufen, heißt es im Bericht. Die Beteiligten haben eher aneinander vorbeigearbeitet und in Eigenregie Entscheidungen getroffen.
Außerdem ist im Sommer der Vizepräsident Oliver Stegemann von seinem Amt zurückgetreten. Seine knappe Stellungnahme dazu zeugt davon, dass es auch hier Meinungsverschiedenheiten gab.
Seine Nachbesetzung steht auf der Tagesordnung der Versammlung am kommenden Samstag. Für die Nachbesetzung von Burmester hingegen ist nicht die Mitgliederversammlung, sondern das DOSB-Präsidium verantwortlich. DOSB-Mitglieder haben aber die Möglichkeit, von ihrem Antragsrecht Gebrauch zu machen und ad hoc-Änderungen einzubringen – und damit können sie auch generell die Instabilität in der Führungsriege angreifen.

Sturm nur hinter den Kulissen?

Einen Machtkampf könne der DOSB jetzt aber nicht gebrauchen, so Stephan Mayer von der CDU: „Ich hoffe nicht, dass sich da ein Machtkampf abzeichnet, weil aus meiner Sicht der DOSB in den nächsten Wochen und Monaten auch wirklich Ruhe braucht. Es gibt große sportpolitische Herausforderungen, die in den nächsten Wochen und Monaten vor allem dann auch mit Beginn der neuen Legislaturperiode anstehen.“
Nach Ruhe sucht man vor der anstehenden Mitgliederversammlung vergeblich. Möglich aber, dass der Sturm sich nur hinter den Kulissen abspielen wird.