Der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) hat den nächsten Schritt hin zu einer möglichen Olympia-Bewerbung gemacht. Auf der 20. DOSB-Mitgliederversammlung in Frankfurt am Main stimmten die Delegierten für die Erstellung eines Feinkonzepts, das in der zweiten Hälfte des kommenden Jahres vorgestellt werden soll.
"Wenn man sich die Chancen anschaut, muss man ja sagen, dass auch dieser Anlauf, nach schon sieben gescheiterten Anläufen, zum Scheitern verurteilt ist", sagte Journalist Johannes Aumüller im Deutschlandfunk-Sportgespräch.
Aumüller: "Mit Blick auf 2036 hat der deutsche Sport keine Chance"
Der DOSB gebe klar zu erkennen, dass er sich für Sommerspiele bewerben möchte, sagte er. "Und in dieser Frankfurter Erklärung steht der denkwürdige Satz drin: Es muss die Bewerbung für das Jahr 2036 erfolgen. Und zumindest mit Blick auf 2036 muss man sagen, der deutsche Sport hat da keine Chance."
Schon bei der Vergabe der Spiele 2032 nach Brisbane, für die sich der DOSB mit der Region RheinRuhr bewerben wollte, sei man kalt erwischt worden. Nun könne man "zusehen, wie der der DOSB mit Blick auf 2036 in die nächste Olympia-Pleite schlittert."
Hecker: "Größer und mutiger herangehen"
Auch Anno Hecker von der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" räumt einer deutschen Olympia-Bewerbung wenig Chancen ein. "Es hat über Jahrzehnte nicht funktioniert, sodass es da eine Verschüchterung und vielleicht auch eine Angst gegeben hat, sodass der Verband jetzt im ersten Jahr erst einmal um sich selbst kreist und dann im zweiten Jahr überlegen will, ob wir vielleicht wollen möchten. Das hat dazu geführt, dass man es mit dieser Bewerbung jetzt allen recht machen will."
Mit sogenannten "Fachtalks" und Dialogforen hatte der DOSB versucht, in der Bevölkerung für Olympische Spiele in Deutschland zu werben. "Die waren sehr spärlich besetzt", sagte Hecker. "Das macht bei mir den Eindruck, dass man nicht die Größe oder den Mut hat, den man bei der Generalversammlung eingefordert hat. Wenn man etwas Großes erreichen will, muss man das größer und mutiger herangehen. Auch mit dem Mut zu scheitern und das sehe ich nicht. Der Versuch, auf Sicherheit zu gehen ist nicht das, was Leistungssport ausmachen und was Leistungssport auch zum Erfolg führt."
Kempe sieht "Rauspressen" einer Olympia-Bewerbung
Die Olympia-Diskussion sei eine Diskussion, die von Sportfunktionären geführt werde, aber von der die Gesellschaft nichts mitbekomme, sagte Journalist Robert Kempe. "In der Frankfurter Erklärung steht auch, dass die Webseite, die man für die Dialogforen eingerichtet hat, 15.000 Abrufe hatte. Und dann redet man darüber, die größte Sportveranstaltung, die man sich als Staat oder Region ins Land holen kann, hierher zu holen, weil man die Bevölkerung damit begeistern möchte und mitnehmen möchte. Das stimmt schon einmal nicht."
Kempe sehe eher ein "Rauspressen" einer Olympia-Bewerbung, "weil man hofft, dadurch letztlich an Finanzmittel des Bundes zu kommen".
Dazu passe auch, "was alles mit einer Olympia-Bewerbung und Olympischen Spielen in Deutschland verbunden wird. Das geht es schon so weit, dass Adipositas bekämpft wird. Das wird alles so überhöht, was man versucht, mit dieser Olympia-Bewerbung zu kitten: Die Erfolge deutscher Sportlerinnen und Sportler, die Schulstunden, die dadurch irgendwie wiederkommen, obwohl es dafür keinerlei Konzepte gibt, die mir bekannt sind und mal groß diskutiert wurden."
Innovative Ideen sehe Kempe nicht. "Das ist das Alte, was da diskutiert wird, was immer wieder gescheitert ist. Und deswegen wird diese Olympia-Bewerbung sehr kritisch zu beäugen sein, wenn sie dann mal kommt."