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Olympische Spiele in Deutschland
Wie der DOSB einen Dialog über die Olympia-Bewerbung anstoßen will

Der DOSB möchte herausfinden, ob eine Olympia-Bewerbung Rückhalt in der Bevölkerung hätte. Dafür hat der Verband im Rahmen der Initiative "Deine Ideen. Deine Spiele." Podiumsdiskussionen abgehalten. Die Resonanz ließ bisher aber zu Wünschen übrig.

Von Raphael Späth |
Kanu-Weltverbandspräsdient Thomas Konietzko, Fechterin und Athletensprecherin Léa Krüger, Rennrodler Felix Loch und Juliane Seifert, Staatsekretärin im Bundesinnenministerium (v.l.), diskutieren im Rahmen der DOSB-Initiative "Deine Ideen. Deine Spiele.".
Kanu-Weltverbandspräsdient Thomas Konietzko, Fechterin und Athletensprecherin Léa Krüger, Rennrodler Felix Loch und Juliane Seifert, Staatsekretärin im Bundesinnenministerium (v.l.), diskutieren im Rahmen der DOSB-Initiative "Deine Ideen. Deine Spiele.". (IMAGO / Sven Simon / IMAGO / Malte Ossowski / SVEN SIMON)
„Wir machen das ja anders als vorher": DOSB-Präsident Thomas Weikert ist überzeugt vom Konzept seiner Organisation. In insgesamt zehn Fachtalks debattieren Expertinnen und Experten über jeweils einen Aspekt einer Olympia-Bewerbung und Olympischen Spielen generell.
Beim Fachtalk über das Internationale Olympische Komitee sitzt Weikert selbst auf dem Podium. „Wenn wir denn im Ergebnis irgendwann zu einer Bewerbung kommen und die Bewerbung vielleicht zurückgewiesen wird, dann ist es eben so. Aber wir müssen uns dann selbst nicht kritisieren, dass wir in Deutschland – ich sag jetzt Mal – alle gefragt haben, ob sie denn Olympische und Paralympische Spiele hier haben wollen. Und zwar alle: Sportler und Sportlerinnen, Wirtschaft, alle eben. Und ich finde das ist zumindest ein gutes System, um herauszufinden: Wollen wir denn die Spiele hier haben oder nicht?“

Kaum kontroverse Debatten

Kontroverse Debatten gibt es bei den bisherigen Podiumsdiskussionen aber kaum. Stattdessen finden fast alle ausgewählten Teilnehmenden, egal ob aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft oder dem Sport selbst viele positive Argumente für eine Bewerbung.

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Auch DOSB-Vizepräsidentin Verena Bentele, früher erfolgreiche Para-Athletin im Biathlon und Langlauf, nimmt per Videoschalte an einem der Fachtalks teil: „Erstmal vielen Dank für die Einladung und auch danke an alle Zuschauerinnen und Zuschauer, dass ihr dabei seid und Euch das anhört und mit uns diskutiert. Das ist klasse.“
Ein breites Publikum adressiert Bentele an diesem Donnerstagabend aber nicht. Beim Fachtalk darüber, welche sozialen Komponenten eine Olympia-Bewerbung und der Sport generell mit sich bringen können, schalten in der Spitze nur gut 30 Menschen ein. Auch die Zuschauerzahlen anderer Podiumsdiskussionen, die teils mit großen Namen aus der Sportpolitik besetzt sind, bewegen sich im niedrigen bis mittleren zweistelligen Bereich. Die Talks sind nach der Live-Übertragung weiter online abrufbar. Auch dort reißen aber nur wenige Debatten bisher die 100-Klicks-Marke.

Medienwissenschaftler Bertling: Keine Repräsentativität

„Wenn es 100 Leute sind, dann ist es natürlich zu wenig, um nicht einmal annähernd eine Repräsentativität dort reinzubekommen“, sagt Sportkommunikations-Experte Christoph Bertling von der Sporthochschule Köln. „Da könnten wir ja sagen, dass das wiederum fast Meinungsführer sind, die sich sportpolitisch auch nochmal stärker auskennen. Aber man kann durchaus durch solche Expertentalks, auch wenn es 100 Leute sind, auch Impulse bekommen. Ich würde das dann eher wie Fokusgruppen ansehen, wo Experten mit anderen sehr interessierten Leuten sprechen, aber eben auch eine Basis weiter ansprechen, um Vertrauen zu bekommen. Das ist denke ich auch noch ein weiterer wichtiger Prozess.“
Die Fachtalks sind für Bertling nur einer von vielen Bausteinen hin zu einer erfolgreichen Initiative. „Aus akademischer Sicht macht es natürlich Sinn, einen Kommunikations-Mix herzustellen. Also ich denke Mal, wenn wir Live-Veranstaltungen haben, die nicht über digitale Plattformen gehen, dann stützt das viel stärker das Vertrauen und auch die Dialogstruktur. In den Sozialen Medien ist es manchmal auch nur eine Inszenierung von Dialog.“
Auch den Social-Media-Accounts von „Deine Ideen. Deine Spiele.“ Folgen bisher nur einige hundert Menschen. Der Dialog, den der DOSB sich anfangs gewünscht hat, findet bisher hauptsächlich auf der Show-Bühne der Fachtalks unter Expert*innen statt.

Sportökonim Maenning: "Begeisternde Persönlichkeiten gewinnen"

„Vielleicht hat sich in der Bevölkerung noch nicht so richtig der Gedanke verwurzelt, dass wir uns für Olympische Spiele bewerben", meint Wolfgang Maennig von der Universität Hamburg. „Es ist aber halt auch so: Es kommt drauf an, wer es macht. Das ist ja bei einem Rundfunksender so, oder in der Universität oder im Unternehmen: Es kommt auf die Leute an. Und ich denke, wir müssen uns Gedanken machen, dass wir begeisternde Persönlichkeiten gewinnen, die das machen und die Leute mitreißen können.“
Maennig fehlen im bisherigen DOSB-Prozess noch Aushängeschilder wie Kati Witt, die sich 2011 intensiv für die Bewerbung der Stadt München für Olympische Winterspiele eingesetzt hat.
Außerdem findet der Sportökonom: Für einen erfolgreichen und gewinnbringenden Dialog-Prozess braucht es weniger Fachtalks und mehr direkte Gespräche mit der Bevölkerung vor Ort. „Und ich sags auch immer wieder, weil ich das für eine gewisse Schwäche in den letzten Olympia-Bewerbungen empfunden habe: Wir müssen vielleicht weniger nach Berlin-Grunewald gehen, wo die sowieso positiver sind, sondern eher nach Berlin-Kreuzberg, wo sie eher negativer sind. Das ist eigentlich wichtig, dass wir da überzeugen.“

Lokale Bevölkerung soll im Herbst zu Wort kommen

Solche Dialogforen plant der DOSB im Herbst mit seiner Initiative „Meine Ideen. Meine Spiele.“. In den Städten und Ländern, die am Prozess beteiligt sind – also Hamburg, Berlin, München, Leipzig und Nordrhein-Westfalen – soll dann auch die lokale Bevölkerung Gelegenheit bekommen, Fragen zu stellen und Kritikpunkte anzusprechen. Wann, wo und mit wem diese Foren genau stattfinden, steht aber noch nicht fest.