Hitzig sei sie gewesen, die Sitzung des Sportausschusses im Bundestag am gestrigen Abend. Das berichten mehrere Sportpolitikerinnen und Politiker am Tag danach. Kein Wunder, bei den Zahlen, die DOSB-Präsident Alfons Hörmann präsentiert hat.
12.000 Euro soll jeder deutsche Sportverein im Durchschnitt durch die Coronakrise verlieren. Bei 90.000 Sportvereinen ergibt das eine Summe von mehr als einer Milliarde Euro. Eine belastbare Rechnung, die eher noch zu tief greift, meint FDP-Sportpolitikerin Britta Dassler:
"Weil diese Hochrechnung, die uns präsentiert wurde, die ergab sich aus der Abfrage der Landessportbünde in Deutschland. Und ich persönlich gehe nicht davon aus, dass jeder Verein gewusst hat, dass er sich an der Abfrage beteiligen konnte. Deswegen denke ich persönlich, dass die Schadensprognose pro Verein noch höher liegen wird."
Die Summe könnte allerdings auch deutlich niedriger sein. Denn die Hochrechnung des DOSB ist sehr fehleranfällig. Zum einen ist gar nicht genau klar, für welchen Zeitraum sie gilt, da die Landessportbünde unterschiedliche Vorgaben bei der Erhebung gemacht haben.
Problematisch ist aber vor allem der Gebrauch des Durchschnittswertes. Der könnte sich durch einzelne Vereine mit großen Verlusten erhöhen - obwohl ein Großteil der Vereine deutlich geringere Schäden als 12.000 Euro aufweist. Verstärkt wird dieser Effekt noch dadurch, dass bereits die Ausgangszahlen, mit denen der DOSB rechnet, ebenfalls nur hochgerechnet sind.
Beispiel: In der Präsentation für den Bundestag, die dem Deutschlandfunk vorliegt, schreibt der DOSB, dass die Schadensprognose für Baden-Württemberg 150 Millionen Euro beträgt. Diese Zahl findet sich allerdings nur auf der Website des Württembergischen Sportbundes WLSB, der nur für einen Teil der Vereine im Bundesland zuständig ist.
"Haben die Schlussfolgerungen wissenschaftliche Standards?"
Rund ein Drittel dieser Vereine haben dem WLSB gemeldet, wie groß ihr Schaden ist. Darunter auch große Vereine wie der MTV Stuttgart mit einem gemeldeten Verlust von 150.000 Euro – also deutlich mehr als der Durchschnittwert, der in dem Bundesland bei etwa 13.000 Euro pro Verein liegt.
Trotzdem nimmt der WLSB diese 13.000 Euro pro Verein und multipliziert sie mit der Anzahl der Vereine im gesamten Bundesland Baden-Württemberg. Heraus kommen die 150 Millionen Euro, die der DOSB dann für seine Hochrechnung nutzt. Aus diesem Grund wirft Dagmar Freitag, Vorsitzende des Sportausschusses, dem DOSB vor, mit unbelegbaren Zahlen zu hantieren:
"Für mich ist einfach die Frage: Haben die Schlussfolgerungen wissenschaftliche Standards. Einfach nur Zahlen hochrechnen, das ist zu wenig. Wir reden hier über Steuergeld."
Als Freitag während der Ausschusssitzung ihre Zweifel äußert, antwortet DOSB-Präsident Hörmann laut mehrerer Teilnehmer: Beweisen Sie das Gegenteil. Obwohl er es ist, der auf einen millionenschweren Hilfsfonds aus Steuermitteln hofft. Freitag fordert nun, dass der DOSB die anonymisierten Angaben der Vereine bereitstellen soll – eine Forderung, der sich auch die FDP und die Grünen anschließen.