Ein Klima der Angst – so wurde die Atmosphäre im Deutschen Olympischen Sportbund vor etwas mehr als einem Jahr beschrieben, in einem anonymen Brief. Weibliche Angestellte seien mental und psychisch an die Grenze des Belastbaren getrieben worden, war zum Beispiel ein Vorwurf.
Besonders im Fokus: Der damalige Präsident Alfons Hörmann und die Vorstandsvorsitzende Veronika Rücker. Ihr Umgang mit den Vorwürfen hat dann mit dafür gesorgt, dass sie nicht mehr in ihren Ämtern sind.
Das neue DOSB-Präsidium um Präsident Thomas Weikert hatte außerdem eine Untersuchungskommission eingesetzt, um die Umgang mit dem Brief zu untersuchen.
Die Kommissionsmitglieder Christa Thiel und Clemens Basdorf bezeichneten dem Umgang der DOSB-Führung mit dem Brief als nicht selbstkritisch und beratungsresitent.
700.000 Euro für Suche nach Brief-Urheber
Der damalige DOSB-Präsident Alfons Hörmann sei „im Tandem“ mit der ehemaligen Vorstandsvorsitzen Veronika Rücker getrieben gewesen von der fixen Idee, den oder die Urheberin des Schreibens ausfindig zu machen. Zu diesem Zweck seien diverse Spezialkanzleien und Beratungsagenturen beauftragt und sogar ein Sprachgutachten erstellt worden.
Den für diese Dienstleistungen aufgewendeten Betrag aus DOSB-Mitteln beziffert der Bericht mit „deutlich mehr als 700.000 Euro“ und bewertet das als „bedenkliches Ausmaß“. Ein „strafrechtliches Fehlverhalten“ im Agieren der Führungsgremien sieht die Kommission darin nicht.
Wie hoch die Summe an Kosten, die die ehemalige DOSB-Führung im Umgang mit dem anonymen Brief ausgegeben hat, tatsächlich ist, bleibt unklar. Die Seiten des Berichts mit den Auflistungen der Berater-Honorare und Abrechnungen sind komplett geschwärzt.
Mayer: "Nach vorne blicken"
"Natürlich war das alles unsäglich und mit Sicherheit auch nicht erfreulich, was sich im letzten Jahr im DOSB abgespielt hat. Aber die Quintessenz dieses Berichts sollte aus meiner Sicht auch sein, dass man jetzt nach vorne blickt", sagte der CSU-Bundestagsabgeordnete und Mitglied des Sportausschusses, Stephan Mayer im Deutschlandfunk.
"Man muss jetzt natürlich die Konsequenzen ziehen, was den Umgang mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern anbelangt. Der Appell, respektvoll und fair miteinander umzugehen, ist mit Sicherheit richtig und gilt natürlich auch für die aktuelle DOSB-Führung."
Als der Brief an den DOSB veröffentlicht wurde, war Mayer noch Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesinnenministerium und dankte dem DOSB 2020 auf der Mitgliederversammlung für die partnerschaftliche Zusammenarbeit. Damals habe er aber "keinen Einblick in die internen Vorgänge im DOSB" gehabt.
"Autonomie des Sports ein wichtiger Grundsatz"
Härtere Konsequenzen seitens der Politik gegenüber dem DOSB brauche es laut Mayer aber nicht. "Die Autonomie des Sports ist ein wichtiger Grundsatz, der auch gelebt werden muss", sagte er. "Ich sehe keine Notwendigkeit, auch für die neue Spitze des Bundesinnenministeriums, jetzt Konsequenzen aus diesem Bericht zu ziehen, dass die Kontrolltätigkeit gegenüber dem DOSB intensiviert wird."
Das solle aber nicht bedeuteten, dass der DOB "ungeschoren davonkommt", sagte Mayer. "Die Kultur des Miteinanders muss sich deutlich verbessern. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter müssen sich deutlich stärker wertgeschätzt fühlen in ihrer Arbeit."
Auch Geld müsse eingespart werden: "Es sollte peinlichst darauf geachtet werden, dass möglichst wenig extern vergeben wird, was Berater, Verträge oder Beratermandate anbelangt, sei es an Rechtsanwaltskanzleien, Unternehmensberatungen oder andere Beraterfirmen", sagte Mayer. "Die üppigen Haushaltsjahre sind jetzt erst einmal vorbei."
Der Sportausschuss werde dem DOSB "genau auf die Finger schauen, was die Frage anbelangt, wie er das sehr kostbare Steuergeld ausgibt."
Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version des Beitrags hieß es, dass der DOSB Steuergeld verschwendet hat. Der DOSB schreibt dazu, dass dies nicht der Fall war, weil die Gelder des Bundes rein projektbezogen ausgeben würden.