"It go right foot up, left foot slide / Left food up, right foot slide" - so lautet die einfache Tanzanleitung zu Drakes Single "Toosie Slide", zu der es zahlreiche Videos gibt, die TikTok-Userinnen und -User aus der Quarantäne hochgeladen haben. Ob zu Hause mit Mama im Wohnzimmer, auf dem Basketballplatz mit Freunden oder mit Mundschutz im Krankenhaus - schon lange vor der offiziellen Veröffentlichung des Song war "Toosie Slide" ein Hit.
Anfang April stieg der eingängige Track mit seinem Release direkt auf Platz eins der amerikanischen Billboard-Charts ein - dank TikTok und besonders dank einem dort bekannten HipHop-Tänzer namens Toosie. Ihm ist der "Toosie Slide" namentlich gewidmet. Der 23-Jährige kommt aus Atlanta, wo er schon an der High School damit angefangen hatte, auf Instagram Tanzvideos von sich zu veröffentlichen. Sechs Jahre später denkt er sich Choreografien aus für so berühmte Rapper wie 2 Chainz, Diddy, Usher - und jetzt auch Drake.
Drakes erfolgreiche Social-Media-Kampagnen
In einem YouTube-Video erklärt Toosie, wie es zu der Zusammenarbeit kam: "Drake schrieb mich einfach an und meinte: 'Ich habe diesen Song für dich, kannst Du Dir dafür einen Tanzschritt ausdenken?' Zu diesem Zeitpunkt war der Track noch gar nicht fertig, wir hatten nur die Hook. Also dachten meine Freunde Hiii Key, Ayo, Teo und ich uns eine Choreografie dazu aus. Das war total easy, denn wir sind ja alle sehr gute Tänzer! Wir spielten den Song, ließen ihn auf uns wirken und los gings!"
Drakes Strategie ging auf, der "Toosie Slide" wurde ein viraler Hit - und der kanadische Rapper zeigte wieder einmal, was es für einen erfolgreichen Song heute braucht: eine gute Social-Media-Strategie.
Schon sein Video zum Song "Hotline Bling" war so konzipiert, dass jede Szene ein GIF hergegeben hat. So trat er 2015 regelrecht die Popsong-Meme-Ära los. Andere Drake-Singles, wie sein Nummer-Eins-Track "Nonstop" wurden im Netz zum Renner bei Pärchen, die zum gerappten "switch" ihre Kleidung wechseln. Und auch "Toosie Slide" animiert zum Mitmachen - eine der Grundvoraussetzungen für den Erfolg in sozialen Netzwerken. Der Refrain ist prägnant, lässt sich gut mitrappen, und auch der Tanzschritt ist schnell gemerkt: "Right foot up, left foot slide".
Tanzvideos generieren Hype
Es ist nicht das erste Mal, dass eine Tanz-Challenge, inszeniert von Fans, einen Song an die Spitze der Charts katapultiert. "Lottery" von K Camp wurde so zum Hit, genauso wie "The Box" von Roddy Ricch. Auch diese Songs gingen viral, allerdings geschah das organisch. Userinnen und User mochten einen Song oder einen Tanz, andere ahmten die Videos nach und so entstand ein Hype.
Drake entwickelt daraus nun eine Marketing-Strategie, die es ihm möglich macht, ohne großen Aufwand, allein mithilfe seiner TikTok-Influencerinnen und -Influencer, seine Musik in Umlauf zu bringen. Große Werbekampagnen, Plakat-Aktionen oder Radio-Airplays waren gestern, in der Popmusikwelt zählt heute, welche Unserinnen und User du in den sozialen Netzwerken ansprichst. Ist deine Idee gut, ist sie interaktiv und wird von namenhaften Influencerinnen und Influencern geteilt, dann übt sie einen Reiz auf die Masse aus und der Rest folgt wie von selbst.
"Das Bild ist wichtiger als der Sound
"Es gibt viele aufstrebende MusikerInnen und Musiker, bei denen - würde ich behaupten - die Musik selbst die zweite Geige spielt, und vielleicht das Bild an erster Stelle steht. Das ist nichts Neues. Allerdings ist die Überlegenheit des Bildes über den Klang heute stärker als jemals zuvor", so der Philosoph und Künstler Mat Dryhurst im Interview mit dem Attack Magazine. Dryhurst bringt es damit auf den Punkt: Das Bild ist wichtiger als der Sound. Wer oder was in einem Video zu sehen ist, zählt heute mehr als die Musik selbst, die die Szenerie höchstens ziert - nicht aber ausmacht.
Gerade in von Quarantäne und Ausgangssperre geprägten Zeiten wie diesen, kann also eine Rap-Line - egal wie clever, Hauptsache einprägsam - in Kombination mit einer Tanzbewegung und einem Influencer mit Millionen Followerinnen und Followern wie Toosie, viral gehen.
"Toosie Slide" erfüllt all diese Prämissen, mit dem feinen Unterschied, dass Drake die Fäden in der Hand hat. Er ermächtigt sich der Plattform TikTok und nutzt sie für sich. Das passiert sehr offensichtlich und scheint gerade deshalb auch so erfolgreich. Denn wer heute mit dem Smartphone alleine zu Hause sitzt, freut sich umso mehr über jede Form sozialer Verbindung, besonders die mit einem Star.