Helga Steinmaier unterrichtet seit Jahren Deutsch als Fremdsprache in Dortmund. Früher war das ein lukrativer Job, erinnert sich die 56-jährige Pädagogin. Als Studentin konnte sie von einer Woche Arbeit als Sprachlehrerin einen Monat leben. Das ist lange her.
"Als ich dann vor zehn Jahren wieder in diesen Bereich eingestiegen bin, waren die Honorare um einiges höher und ich war teilweise angestellt, befristet, aber immerhin immer wieder einen Vertrag mit Urlaub und halben Sozialabgaben, wie sich das gehört."
Dann kam das Jahr 2005. Die Bundesregierung verabschiedete das neue Zuwanderungsgesetz. Seither haben legal in Deutschland lebende Zuwanderer einen Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs auf Staatskosten. Finanziert vom Bundesinnenministerium. Berufstätige Teilnehmer müssen sich mit einem Euro pro Stunde beteiligen, die anderen zahlen nichts. Da viel mehr Migranten die Kurse nutzen als erwartet, wurde der Etat des Bundesamtes bereits mehrfach aufgestockt. Zuletzt Anfang des Jahres von 175 auf jetzt 218 Millionen Euro. Helga Steinmaier aber kann heute von ihrer Lehrtätigkeit allein nicht mehr leben – und das, obwohl sie freiberuflich für mehrere Auftraggeber arbeitet.
"In meinem Einkommensbescheid vom Finanzamt steht durchschnittlich im Monat 800 bis 900 Euro."
Für dieses Netto-Einkommen arbeitet sie mindestens 40 Stunden pro Woche. Bezahlt werden nur die 25 Unterrichtsstunden, nicht aber Vor- und Nachbereitungszeiten. Sie bekommt kein Krankengeld und ist nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert. Als Honorarkraft muss sie außerdem ihre Sozialversicherungsabgaben zu 100 Prozent selbst bezahlen.
"Und dazu kommt noch, dass wir kein Urlaubsgeld bekommen, in Ferienzeiten oder wenn der Kurs noch nicht anfängt, es sind vielleicht noch nicht genügend Teilnehmer gefunden, bekommen wir auch kein Geld. Das heißt, wir haben im Jahr mindestens drei Monate Leerlauf."
In dieser Zeit müssen viele Sprachlehrer staatliche Unterstützung beantragen. Auch für die Anbieter der Integrationskurse ist die finanzielle Situation immer schlechter geworden seit das Bundesamt die Kurse im Alleingang fördert: Ulrike Weber organisiert 15 Integrationskurse bei der Dortmunder Sprachschule "InLingua". Sie klagt:
"Wir sind abhängig vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die bezahlen derzeit 2,35 Euro pro Stunde und Teilnehmer."
Wenn sie überhaupt zahlen, sagt sie. Denn das Bundesamt sei chronisch überlastet und unterfinanziert. Die Konsequenz: Die Sprachschulen müssen lange auf ihr Geld warten und die Dozenten sind unzufrieden - ihre Bezüge sinken seit Jahren. Von garantierten 23,10 Euro im Jahr 2004 auf jetzt gerade noch 15 Euro im Durchschnitt.
"Meiner Meinung nach wird sehr viel Geld vom Bundesamt verschleudert. Es werden Teilnehmer verpflichtet, die überhaupt nicht die Einsicht in die Notwendigkeit haben, Deutsch zu lernen. Die kommen nicht oder bringen Krankenscheine und sind damit entschuldigt. Andere warten wiederum auf die Plätze, die wir nicht vergeben können und die Gelder sind futsch."
Damit will sich Helga Steinmaier nicht länger abfinden. Mit der Bochumerin Claudia Schol gründete sie im vergangenen Herbst ein NRW-weites Dozenten-Netzwerk. Inzwischen fanden mehrere Treffen statt und eine Resolution wurde verabschiedet. Darin fordern die Unterzeichner, unter ihnen auch Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, entweder deutlich höhere Honorare oder die Festanstellung. Claudia Schol:
"Wir fordern, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge uns anstellt, also, dass die Träger im Prinzip gar nicht als unsere Auftraggeber dazwischengeschaltet werden."
Das Bundesamt hat bisher nicht reagiert. Der Essener Bildungsexperte Rolf Dobischat hat erst kürzlich im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes an der Uni Duisburg/Essen die Situation im Weiterbildungsbereich untersucht. Dabei kommt er zu einem ähnlichen Ergebnis wie seine Kollegen von der dänischen Firma Ramboll, die im Auftrag des Bundes die Finanzierung der Integrationskurse geprüft haben: Die Klagen der Sprachschulen und der Dozenten sind gerechtfertigt.
"Im Grunde kann man sagen, dass die Dozenten mit einen großen finanziellen Beitrag leisten für die staatliche Integrationspolitik und das kann nicht sein. Wenn man wirklich überzeugende Integrationspolitik betreiben will, (...) dann muss der Staat eine Verantwortung übernehmen und muss besser bezahlen."
Damit dieses Geld nicht bei den Trägern versickert, sondern anteilig auch bei den Dozenten ankommt, empfiehlt der Essener Bildungsexperte Folgendes:
""Der Staat könnte eins machen: Nicht nur: Wir erhöhen die Pro-Kopf-Zahlungen für die Teilnehmer, sondern wir verpflichten auch unter Gesichtspunkten der Qualitätskontrolle und -messung die Träger dahingehend, festes Personal einzustellen.""
Wenn nicht bald mehr Geld in die Weiterbildung fließt, dann ist nach Aussage beider Studien die Qualität der Integrationskurse in Gefahr: Immer mehr Träger werden sich zurückziehen, immer mehr Lehrer besser dotierte Stellen suchen.
"Als ich dann vor zehn Jahren wieder in diesen Bereich eingestiegen bin, waren die Honorare um einiges höher und ich war teilweise angestellt, befristet, aber immerhin immer wieder einen Vertrag mit Urlaub und halben Sozialabgaben, wie sich das gehört."
Dann kam das Jahr 2005. Die Bundesregierung verabschiedete das neue Zuwanderungsgesetz. Seither haben legal in Deutschland lebende Zuwanderer einen Rechtsanspruch auf einen Integrationskurs auf Staatskosten. Finanziert vom Bundesinnenministerium. Berufstätige Teilnehmer müssen sich mit einem Euro pro Stunde beteiligen, die anderen zahlen nichts. Da viel mehr Migranten die Kurse nutzen als erwartet, wurde der Etat des Bundesamtes bereits mehrfach aufgestockt. Zuletzt Anfang des Jahres von 175 auf jetzt 218 Millionen Euro. Helga Steinmaier aber kann heute von ihrer Lehrtätigkeit allein nicht mehr leben – und das, obwohl sie freiberuflich für mehrere Auftraggeber arbeitet.
"In meinem Einkommensbescheid vom Finanzamt steht durchschnittlich im Monat 800 bis 900 Euro."
Für dieses Netto-Einkommen arbeitet sie mindestens 40 Stunden pro Woche. Bezahlt werden nur die 25 Unterrichtsstunden, nicht aber Vor- und Nachbereitungszeiten. Sie bekommt kein Krankengeld und ist nicht gegen Arbeitslosigkeit versichert. Als Honorarkraft muss sie außerdem ihre Sozialversicherungsabgaben zu 100 Prozent selbst bezahlen.
"Und dazu kommt noch, dass wir kein Urlaubsgeld bekommen, in Ferienzeiten oder wenn der Kurs noch nicht anfängt, es sind vielleicht noch nicht genügend Teilnehmer gefunden, bekommen wir auch kein Geld. Das heißt, wir haben im Jahr mindestens drei Monate Leerlauf."
In dieser Zeit müssen viele Sprachlehrer staatliche Unterstützung beantragen. Auch für die Anbieter der Integrationskurse ist die finanzielle Situation immer schlechter geworden seit das Bundesamt die Kurse im Alleingang fördert: Ulrike Weber organisiert 15 Integrationskurse bei der Dortmunder Sprachschule "InLingua". Sie klagt:
"Wir sind abhängig vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge. Die bezahlen derzeit 2,35 Euro pro Stunde und Teilnehmer."
Wenn sie überhaupt zahlen, sagt sie. Denn das Bundesamt sei chronisch überlastet und unterfinanziert. Die Konsequenz: Die Sprachschulen müssen lange auf ihr Geld warten und die Dozenten sind unzufrieden - ihre Bezüge sinken seit Jahren. Von garantierten 23,10 Euro im Jahr 2004 auf jetzt gerade noch 15 Euro im Durchschnitt.
"Meiner Meinung nach wird sehr viel Geld vom Bundesamt verschleudert. Es werden Teilnehmer verpflichtet, die überhaupt nicht die Einsicht in die Notwendigkeit haben, Deutsch zu lernen. Die kommen nicht oder bringen Krankenscheine und sind damit entschuldigt. Andere warten wiederum auf die Plätze, die wir nicht vergeben können und die Gelder sind futsch."
Damit will sich Helga Steinmaier nicht länger abfinden. Mit der Bochumerin Claudia Schol gründete sie im vergangenen Herbst ein NRW-weites Dozenten-Netzwerk. Inzwischen fanden mehrere Treffen statt und eine Resolution wurde verabschiedet. Darin fordern die Unterzeichner, unter ihnen auch Vertreter der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft, GEW, entweder deutlich höhere Honorare oder die Festanstellung. Claudia Schol:
"Wir fordern, dass das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge uns anstellt, also, dass die Träger im Prinzip gar nicht als unsere Auftraggeber dazwischengeschaltet werden."
Das Bundesamt hat bisher nicht reagiert. Der Essener Bildungsexperte Rolf Dobischat hat erst kürzlich im Auftrag des Deutschen Gewerkschaftsbundes an der Uni Duisburg/Essen die Situation im Weiterbildungsbereich untersucht. Dabei kommt er zu einem ähnlichen Ergebnis wie seine Kollegen von der dänischen Firma Ramboll, die im Auftrag des Bundes die Finanzierung der Integrationskurse geprüft haben: Die Klagen der Sprachschulen und der Dozenten sind gerechtfertigt.
"Im Grunde kann man sagen, dass die Dozenten mit einen großen finanziellen Beitrag leisten für die staatliche Integrationspolitik und das kann nicht sein. Wenn man wirklich überzeugende Integrationspolitik betreiben will, (...) dann muss der Staat eine Verantwortung übernehmen und muss besser bezahlen."
Damit dieses Geld nicht bei den Trägern versickert, sondern anteilig auch bei den Dozenten ankommt, empfiehlt der Essener Bildungsexperte Folgendes:
""Der Staat könnte eins machen: Nicht nur: Wir erhöhen die Pro-Kopf-Zahlungen für die Teilnehmer, sondern wir verpflichten auch unter Gesichtspunkten der Qualitätskontrolle und -messung die Träger dahingehend, festes Personal einzustellen.""
Wenn nicht bald mehr Geld in die Weiterbildung fließt, dann ist nach Aussage beider Studien die Qualität der Integrationskurse in Gefahr: Immer mehr Träger werden sich zurückziehen, immer mehr Lehrer besser dotierte Stellen suchen.