Die Forschungsergebnisse scheinen zunächst einmal dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen: Bakterien in der Wunde sind gut gegen Schmerzen. Denn Bakterien bringen den Körper dazu, sein eigenes Schmerzmittel auszuschütten. Das haben Christoph Stein und seine Kollegen von der Berliner Charité jetzt herausgefunden – in Versuchen mit Ratten.
"Wir haben eine Entzündung erzeugt in der Pfote der Ratte, da bekommt das Tier erstmal eine kurze Narkose und mit einer kleinen Nadel werden Mykobakterien unter die Haut gespritzt an der Pfote."
Entzündung bedeutet: Der Körper fängt damit an, die verletzte Stelle zu versorgen. Die Pfote schwillt an, weil die Wunde stärker durchblutet wird. Das Blut schwemmt eine Menge Zellen in die Wunde. Das sind Zellen, die das kaputte Gewebe reparieren sollen, und auch Zellen des Immunsystems, weiße Blutkörperchen. Sie sollen die Bakterien bekämpfen, doch die lassen sich manchmal nicht so schnell vertreiben. Christoph Stein.
"Dann richten die zunächst einmal Schaden an in dem Gewebe, die gelangen dann womöglich sogar in die Blutbahn und können eine Infektion hervorrufen."
Doch die Bakterien haben auch ihr Gutes. Sie locken nämlich einen ganz bestimmten Typ von weißen Blutkörperchen an, die Neutrophile. Die Neutrophile schütten ein körpereigenes Schmerzmittel aus, so genannte Opioidpeptide. Dazu zählen zum Beispiel auch die Endorphine, die als Glückshormon bekannt sind. Die Endorphine blockieren die Nervenzellen an der Wunde, wodurch weniger Schmerzreize ans Gehirn weitergeleitet werden.
"Da kann man dann zunächst mal eine Schmerzreaktion messen, das funktioniert so, dass Druck auf die Pfote appliziert wird, mit einem kleinen Gewicht, und dieses Gewicht kann man stetig erhöhen, und an irgendeinem Punkt zieht dann die Ratte die Pfote weg, weils eben weh tut."
Und es tut offenbar weniger weh, wenn Bakterien in der Wunde sind. Sie helfen dabei, den Schmerz zu unterdrücken. Dass Bakterien die Neutrophile zur Wunde lotsen, ist schon seit Jahren bekannt. Christoph Stein und seine Kollegen wollten wissen: Wer gibt den weißen Blutkörperchen das Signal, ihr Schmerzmittel freizusetzen? Das sind offenbar auch die Bakterien, genauer gesagt: es ist ein Botenstoff in der Zellwand der Bakterien, das Formylpeptid. Im Reagenzglas haben die Forscher entdeckt: Erst wenn das Formylpeptid an die Zelloberfläche der weißen Blutkörperchen andockt, schütten die Blutkörperchen ihr Schmerzmittel aus. Dass der Mechanismus auch in der verletzten Rattenpfote funktioniert, haben die Mediziner dann mit einem Trick nachgewiesen. Sie spritzten den Tieren eine Substanz, die verhinderte, dass das Formylpeptid von den Bakterien an die weißen Blutkörperchen andockt. Prompt zogen die Ratten beim Schmerztest ihre Pfote schneller zurück, sie hatten also heftigere Schmerzen. Ein deutliches Zeichen dafür, dass natürliche Schmerzmittel nur mit Hilfe von Bakterien freigesetzt werden können.
"Das gilt für sehr viele Bakterien, für alle Bakterien, die Formylpeptid in ihrer Zellwand haben, und das sind praktisch auch alle Bakterien."
Die Entdeckung der Berliner wirft einige Fragen auf. Zum Beispiel, ob es wirklich sinnvoll ist, entzündete Wunden gleich mit Antibiotika zu behandeln – mit Medikamenten also, die Bakterien bekämpfen.
"Man kann natürlich die Reparation, die Wiederherstellung schon durch Antibiotika beschleunigen. Die Frage ist tatsächlich, was passiert denn dann mit dem Schmerz. Also wenn wir tatsächlich mit Antibiotika sehr schnell diese Bakterien beseitigen, könnte man sich vorstellen, dass das ist einer erhöhten Schmerzreaktion resultiert."
Das sei bislang aber nur eine Vermutung, sagt Christoph Stein. Die Formylpeptide aus der Bakterienwand könnten Forschern aber auch dabei helfen, neuartige Schmerzmedikamente zu entwickeln.
"Also man könnte die Formylpeptide als Muster jedenfalls verwenden, um weitere Substanzen herzustellen, die ähnlich funktionieren, und dadurch Opioidpeptide freisetzen."
Diese Substanzen könnten den weißen Blutkörperchen noch mehr Schmerzmittel entlocken als die natürlichen Formylpeptide aus den Bakterien. Und sie könnten direkt in die Wunde gespritzt werden und hätten dadurch wahrscheinlich weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Schmerzmittel. Aber bis es dahin haben Schmerzforscher noch viel Arbeit vor sich.
"Wir haben eine Entzündung erzeugt in der Pfote der Ratte, da bekommt das Tier erstmal eine kurze Narkose und mit einer kleinen Nadel werden Mykobakterien unter die Haut gespritzt an der Pfote."
Entzündung bedeutet: Der Körper fängt damit an, die verletzte Stelle zu versorgen. Die Pfote schwillt an, weil die Wunde stärker durchblutet wird. Das Blut schwemmt eine Menge Zellen in die Wunde. Das sind Zellen, die das kaputte Gewebe reparieren sollen, und auch Zellen des Immunsystems, weiße Blutkörperchen. Sie sollen die Bakterien bekämpfen, doch die lassen sich manchmal nicht so schnell vertreiben. Christoph Stein.
"Dann richten die zunächst einmal Schaden an in dem Gewebe, die gelangen dann womöglich sogar in die Blutbahn und können eine Infektion hervorrufen."
Doch die Bakterien haben auch ihr Gutes. Sie locken nämlich einen ganz bestimmten Typ von weißen Blutkörperchen an, die Neutrophile. Die Neutrophile schütten ein körpereigenes Schmerzmittel aus, so genannte Opioidpeptide. Dazu zählen zum Beispiel auch die Endorphine, die als Glückshormon bekannt sind. Die Endorphine blockieren die Nervenzellen an der Wunde, wodurch weniger Schmerzreize ans Gehirn weitergeleitet werden.
"Da kann man dann zunächst mal eine Schmerzreaktion messen, das funktioniert so, dass Druck auf die Pfote appliziert wird, mit einem kleinen Gewicht, und dieses Gewicht kann man stetig erhöhen, und an irgendeinem Punkt zieht dann die Ratte die Pfote weg, weils eben weh tut."
Und es tut offenbar weniger weh, wenn Bakterien in der Wunde sind. Sie helfen dabei, den Schmerz zu unterdrücken. Dass Bakterien die Neutrophile zur Wunde lotsen, ist schon seit Jahren bekannt. Christoph Stein und seine Kollegen wollten wissen: Wer gibt den weißen Blutkörperchen das Signal, ihr Schmerzmittel freizusetzen? Das sind offenbar auch die Bakterien, genauer gesagt: es ist ein Botenstoff in der Zellwand der Bakterien, das Formylpeptid. Im Reagenzglas haben die Forscher entdeckt: Erst wenn das Formylpeptid an die Zelloberfläche der weißen Blutkörperchen andockt, schütten die Blutkörperchen ihr Schmerzmittel aus. Dass der Mechanismus auch in der verletzten Rattenpfote funktioniert, haben die Mediziner dann mit einem Trick nachgewiesen. Sie spritzten den Tieren eine Substanz, die verhinderte, dass das Formylpeptid von den Bakterien an die weißen Blutkörperchen andockt. Prompt zogen die Ratten beim Schmerztest ihre Pfote schneller zurück, sie hatten also heftigere Schmerzen. Ein deutliches Zeichen dafür, dass natürliche Schmerzmittel nur mit Hilfe von Bakterien freigesetzt werden können.
"Das gilt für sehr viele Bakterien, für alle Bakterien, die Formylpeptid in ihrer Zellwand haben, und das sind praktisch auch alle Bakterien."
Die Entdeckung der Berliner wirft einige Fragen auf. Zum Beispiel, ob es wirklich sinnvoll ist, entzündete Wunden gleich mit Antibiotika zu behandeln – mit Medikamenten also, die Bakterien bekämpfen.
"Man kann natürlich die Reparation, die Wiederherstellung schon durch Antibiotika beschleunigen. Die Frage ist tatsächlich, was passiert denn dann mit dem Schmerz. Also wenn wir tatsächlich mit Antibiotika sehr schnell diese Bakterien beseitigen, könnte man sich vorstellen, dass das ist einer erhöhten Schmerzreaktion resultiert."
Das sei bislang aber nur eine Vermutung, sagt Christoph Stein. Die Formylpeptide aus der Bakterienwand könnten Forschern aber auch dabei helfen, neuartige Schmerzmedikamente zu entwickeln.
"Also man könnte die Formylpeptide als Muster jedenfalls verwenden, um weitere Substanzen herzustellen, die ähnlich funktionieren, und dadurch Opioidpeptide freisetzen."
Diese Substanzen könnten den weißen Blutkörperchen noch mehr Schmerzmittel entlocken als die natürlichen Formylpeptide aus den Bakterien. Und sie könnten direkt in die Wunde gespritzt werden und hätten dadurch wahrscheinlich weniger Nebenwirkungen als herkömmliche Schmerzmittel. Aber bis es dahin haben Schmerzforscher noch viel Arbeit vor sich.