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Drei Gene gegen Parkinson

Medizin. - Allein in Deutschland erkranken pro Jahr 15.000 Menschen an der Parkinson‘schen Krankheit. Ihr Gehirn produziert nicht mehr genug von dem Botenstoff Dopamin. Mit Medikamenten läßt sich der Dopaminspiegel künstlich anheben, aber die Nebenwirkungen sind stark. Französischen Forscher haben jetzt eine Gentherapie getestet, um die körpereigene Dopaminproduktion wieder anzukurbeln.

Von Marieke Degen |
    Honeymoon Period, so nennen Ärzte die erste Phase, in der Parkinsonpatienten das Medikament L-Dopa schlucken: Flitterwochen, in denen alles perfekt zu sein scheint. Kein Zittern mehr, dafür ruhige, fließende Bewegungen: Die Patienten haben sich vollständig erholt. Doch der Schein trügt. Durch die Einnahme von L-Dopa steigt zwar der Dopaminspiegel im Gehirn, aber er schwankt ständig. Und das verträgt das Gehirn auf Dauer nicht.

    "Alle Parkinson-Patienten kennen das: Nach Monaten, vielleicht auch erst nach einigen Jahren bekommen sie auf einmal neue Symptome, eine so genannte Dyskinesie. Ruckartige Bewegungen, die nichts mit Parkinson zu tun haben, die die Patienten nicht kontrollieren können. Das ist manchmal schlimmer als Parkinson selbst."

    Bechir Jarraya ist Neurobiologe am Henri-Mondor-Krankenhaus in Paris. Am besten wäre es, wenn Parkinson-Patienten das Dopamin wieder selbst im Gehirn produzieren könnten, sagt er. Und zwar kontinuierlich, genau wie gesunde Menschen, ohne Schwankungen. Zusammen mit seinen Kollegen hat Bechir Jarraya dafür eine Gentherapie entwickelt. Die Wissenschaftler injizieren drei verschiedene Gene ins Gehirn. Die Gene wiederum enthalten den Bauplan für drei Enzyme, die das Dopamin herstellen.

    "Bei Affen hat die Therapie funktioniert, und keines der Tiere hat eine Dyskinesie entwickelt."

    Makaken sind das Standard-Tiermodell in der Parkinson-Forschung. Die Wissenschaftler verabreichen den Tieren erst einmal ein Nervengift. Genau wie Parkinson-Patienten können die Affen dann kein Dopamin mehr im Gehirn produzieren, und sie haben auch ähnliche Krankheitssymptome: Die Makaken kauern auf dem Käfigboden, springen und spielen nicht mehr. Anschließend hat Bechir Jarraya einige der Affen mit der Gentherapie behandelt: Er injizierte ihnen viele Kopien der drei Gene ins Striatum. Das ist eine Hirnregion, die für Bewegungen wichtig ist, und die ohne Dopamin nicht funktioniert. Jarraya:

    "Ich erinnere mich gut an die ersten Experimente, an den allerersten Affen. Ich bin morgens ins Labor gekommen, habe den Affen gesehen und gedacht: Mein Gott! Übers Wochenende hatte sich das Tier vollkommen verändert, sprang plötzlich in seinem Käfig herum. Die Versuchstiere haben sich zu 80 Prozent von ihren Parkinsonsymptomen erholt."

    Und das blieb so. Auch ein Jahr nach der Injektion ging es den Tieren gut. Einen Affen haben die Forscher sogar über dreieinhalb Jahre beobachtet. In seinem Hirn waren die Gene immer noch aktiv. Seit Anfang 2008 läuft in Paris sogar eine erste Studie mit Menschen. Sechs Parkinson-Patienten haben die Gentherapie bislang erhalten. Es sei noch zu früh, um über die Ergebnisse zu sprechen, sagt Jarraya. Aber:

    "Although we do not have the definite data, it is really encouraging."

    Die ersten Ergebnisse seien sehr ermutigend. Schwere Nebenwirkungen, Tumoren zum Beispiel, habe es bislang nicht gegeben. Die Gentherapie aus Paris ist nicht die erste auf dem Gebiet. Forscher aus New York haben bereits vor einigen Jahren eine Gentherapie gegen Parkinson entwickelt. Ihr Ansatz war aber ein anderer: mit Hilfe eines Gens haben sie ein überaktives Hirnareal der Patienten beruhigt. Ähnliches tun Ärzte auch bei der tiefen Hirnstimulation, bei der sie einen Hirnschrittmacher in das hyperaktive Areal legen. Gerade die tiefe Hirnstimulation ist sehr erfolgreich und wird seit Jahren bei Parkinson-Patienten angewandt. Dennoch hat sie einen entscheidenden Nachteil, sagt Bechir Jarraya. Denn das Dopamin wird durch die tiefe Hirnstimulation nicht wieder hergestellt.

    "Einige Parkinson-Patienten hatten Hirnschrittmacher bekommen und ihre Bewegungsfähigkeit wiedererlangt. Aber sie haben sich nicht bewegt. Sie sind einfach vor dem Fernseher sitzengeblieben, sie waren apathisch. Wir Neurologen sind davon überzeugt, dass das folgende Ursache hat: Die Bewegungen wurden wiederhergestellt - nicht aber der Dopaminspiegel."

    Das Gehirn aber braucht Dopamin, nicht nur, um Bewegungen zu steuern, sondern auch für Motivation und Emotionen. Vielleicht gelingt es Bechir Jarraya und seinen Kollegen eines Tages, Parkinson-Patienten nicht nur ihre Bewegung, sondern auch ihre Lebensfreude wiederzugeben.