"Hier haben wir zum Beispiel die Verkaufsabrechnungen vom 21. April 2015 und vom 22. und vom 24. April - und da sieht man, dass mein durchschnittlicher Einstandspreis damals bei 234 Euro lag."
Kay Dünschede hat im April 2015 insgesamt 400 Vorzugsaktien der VW AG gekauft. Eine klug durchdachte Anlage, wie der Unternehmensberater aus Hamburg damals glaubte.
"VW ist ja über Jahrzehnte ein etwas konservatives, biederes Unternehmen, was aber Produkte herstellt, die in der ganzen Welt gefragt sind. Ich wollte eine grundsolide Anlage haben, wo ich mit meinen Dividenden-Erträgen dafür sorgen kann, dass ich ein bisschen was fürs Alter zur Seite legen kann."
Dann flog auf: Der Wolfsburger Autobauer und seine Konzerntochter Audi haben in den Jahren 2008 bis 2015 weltweit 11 Millionen Dieselmotoren manipuliert, um Abgaswerte zu schönen. Nach dem Bekanntwerden des Betrugs vor drei Jahren, am 18. September 2015, rauschte der Kurs der VW-Aktie steil nach unten. Investoren erlitten herbe Verluste. Bei rund 94.000 Euro Einsatz, sagt Dünschede, sei bei ihm ein Schaden von knapp 25.000 Euro aufgelaufen.
"Wenn sie offen gespielt hätten, hätte jeder entscheiden können, ob er trotzdem die Aktie kauft oder nicht. Wenn man die Informationen zurückhält, ist das nicht in Ordnung!"
Vergleiche, Strafzahlungen und Klagewellen
27 Milliarden Euro musste Volkswagen bereits für die Bewältigung des beispiellosen Schadensfalls aufwenden - für die Korrektur der Motorsoftware in den Werkstätten, für Vergleiche mit Autohaltern, Händlern und Behörden, aber auch für Prozesskosten und Strafzahlungen. Erst vor wenigen Wochen akzeptierte das Unternehmen ein Bußgeld von einer Milliarde Euro - zahlbar ausgerechnet an die Landeskasse des VW-Großaktionärs Niedersachsen. Und damit nicht genug: Im dritten Jahr der Krise rollen immer neue Klagewellen auf den Weltkonzern zu.
Nicht nur Kleinanleger, auch Banken, Versicherungen und Aktienfonds verlangen von VW Schadensersatz. Die allermeisten der knapp 1.700 Klagen sind derzeit ausgesetzt - bis das Oberlandesgericht Braunschweig gebündelt in einem Musterverfahren über die so genannten Feststellungsziele entschieden hat. Das sind grundlegende Rechtsfragen, die dann später, in den noch notwendigen Einzelverfahren, nicht mehr Fall für Fall geklärt werden müssen.
Nicht nur Kleinanleger, auch Banken, Versicherungen und Aktienfonds verlangen von VW Schadensersatz. Die allermeisten der knapp 1.700 Klagen sind derzeit ausgesetzt - bis das Oberlandesgericht Braunschweig gebündelt in einem Musterverfahren über die so genannten Feststellungsziele entschieden hat. Das sind grundlegende Rechtsfragen, die dann später, in den noch notwendigen Einzelverfahren, nicht mehr Fall für Fall geklärt werden müssen.
Die Forderungen gegen die Volkswagen AG und ihre Mutter-Holding Porsche SE belaufen sich insgesamt auf rund neun Milliarden Euro. Rechtsanwalt Andreas Tilp vertritt im Braunschweiger Verfahren die Musterklägerin. Dazu hat das Gericht die Sparkassen-Fondstochter Deka Investment bestimmt.
"Die Volkswagen AG hat seit 2007/2008 erkannt, dass sie eine Technik, die sie dem Markt versprochen hat - nämlich eine saubere Dieseltechnik vor allem auch in den USA anzubieten - nicht realisieren kann. Sonst hätte man ja nicht betrügerisch in den USA die Zulassung für diese Modelle erschlichen. Und diese Erkenntnis - wir schaffen das nicht! - die hätte dem Markt bekannt gegeben werden müssen."
Sauberer Diesel - schmutziges Geheimnis
Aktienunternehmen wie Volkswagen müssen offenbarungspflichtige Insiderinformationen unverzüglich in Form so genannter Ad-hoc-Mitteilungen bekannt machen. Ist ein Verschulden nachweisbar, können Investoren die Rückabwicklung ihrer Aktienkäufe oder Ersatz für den so genannten Kursdifferenzschaden geltend machen.
"Danach hat VW betrogen, auch das hätte dem Kapitalmarkt kommuniziert werden müssen. Weil der Anleger das nicht wusste, hat er Aktien gekauft, die zu teuer waren. Wäre die Erkenntnis im Markt gewesen, wären die Aktien billiger gewesen - und diesen Schaden, den fordern wir für unsere Kläger."
Es sind die die teuren Folgen eines technischen Jahrhundertbetrugs. Im Geschäftsbericht 2007 kündigt VW eine neue Baureihe von Dieselmotoren an. Im Jahr darauf startet die Werbekampagne für die angeblich fortschrittlichste Technologie zur Reinigung von Dieselabgasen. Die Idee: Die Deutschen können's, sie liefern den sauberen Dieselmotor. Vor allem in den USA will der Konzern Marktanteile gewinnen - dort waren Autos mit Selbstzünder schon vor "Dieselgate" als Dreckschleudern verpönt. Insbesondere das Dieselabgas Stickstoffdioxid löst schwere Krankheiten aus oder verschlimmert sie.
Es sind die die teuren Folgen eines technischen Jahrhundertbetrugs. Im Geschäftsbericht 2007 kündigt VW eine neue Baureihe von Dieselmotoren an. Im Jahr darauf startet die Werbekampagne für die angeblich fortschrittlichste Technologie zur Reinigung von Dieselabgasen. Die Idee: Die Deutschen können's, sie liefern den sauberen Dieselmotor. Vor allem in den USA will der Konzern Marktanteile gewinnen - dort waren Autos mit Selbstzünder schon vor "Dieselgate" als Dreckschleudern verpönt. Insbesondere das Dieselabgas Stickstoffdioxid löst schwere Krankheiten aus oder verschlimmert sie.
Die Vorgaben der Konzernspitze erweisen sich für die VW-Ingenieure als unlösbares Problem: Die strenge Abgasnorm und der enge Kostenrahmen lassen sich nur mit Hilfe einer illegalen Software einhalten, die auf dem Prüfstand den Testmodus erkennt - und dann die Motorsteuerung so verändert, dass weit weniger Stickoxide entweichen als im realen Straßenbetrieb.
Ihr schmutziges Geheimnis streiten die Wolfsburger lange ab - doch amerikanischen Experten gelingt der Nachweis. Im Frühjahr 2014 entdecken Wissenschaftler im Auftrag der Forschungsorganisation "International Council on Clean Transportation" bei zufälligen Kontrollen die erhöhten Abgaswerte. Die US-Umweltbehörden fordern Aufklärung vom Konzern.
Die Konzernspitze war früh gewarnt
Spätestens im Juli 2015 erfährt der damalige VW-Konzernchef Martin Winterkorn von den technischen Veränderungen zur Abgasmanipulation in den USA: Am sogenannten "Schadenstisch" lässt sich der Vorstand durch hochrangige, für die Produktsicherheit zuständige Führungskräfte unterrichten.
Allerdings gehe aus einer Füllevon Unterlagen hervor, dass die Führungsebene des VW-Konzerns bereits lange vorher über den Einsatz der Betrugssoftware informiert gewesen - und auch vor den kursrelevanten Folgen gewarnt worden sei, sagt Klägeranwalt Tilp.
"Winterkorn wusste es viel früher, insbesondere ab dem so genannten Wochenendkoffer am 23. Mai 2014. Herr Winterkorn hatte eine rechte Hand, die hat ihm immer die wichtigen Dinge quasi zum Lesen über das Wochenende mitgegeben. So kann man sich organisieren, aber wenn man das so tut, dann muss man sich auch so behandeln lassen, als ob man das gelesen hätte."
Strittig ist, ob der Führungszirkel damals auch schon erkennen konnte, welche ungeheuren Risiken mit dem Betrug verbunden waren.
VW: Milliardenstrafen waren nicht absehbar
In seiner Klageerwiderung stellt VW die Vorgänge so dar: Den folgenschweren Beschluss zum Einsatz der verbotenen Abschalteinrichtung soll eine kleine Gruppe von Mitarbeitern unterhalb der Vorstandsebene bereits 2005 getroffen - und dieses so genannte Defeat Device tief in der Motorsteuerung versteckt haben. Der Konzern-Vorstand habe nichts gewusst. Auch die kursrelevanten Milliardenstrafen waren nicht absehbar, sagt Markus Pfüller von der Kanzlei SZA, die für VW den Prozess führt.
Erst aus der so genannten "Notice of violation" aus den USA vom 18. September 2015 habe sich ein Risiko für den Kurs der VW-Aktie ergeben.
In dem auf der Website veröffentlichten Schreiben bezichtigten die US-Umweltbehörden VW der Abgasmanipulation und deuteten dafür einen Bußgeldrahmen bis zu 18 Milliarden Euro an. Solch drakonische Strafen seien aber nicht zu erwarten gewesen, betont Anwalt Pfüller, weil es für andere Hersteller in ähnlichen Fällen stets vergleichbar milde Sanktionen gegeben habe.
"Das Risiko war objektiv zu keinem Zeitpunkt vorhersehbar. Dagegen sprach die fest etablierte Behördenpraxis in den USA - und zu Einzelereignissen und Einzelbewertungen werden wir dann im Verfahren uns einlassen."
Erst am 22. September informiert die Volkswagen AG ihre Aktionäre in einer Ad-hoc-Mitteilung über das weltweite Ausmaß des Abgas-Betrugs.
Volkswagen-Chef Martin Winterkorn braucht ein Weilchen, bis er sich in die Pose der Zerknirschung wirft. In einer persönlichen Erklärung kurz vor seinem Rücktritt gelobt der Konzernchef, alle Fakten würden nunmehr schonungslos auf den Tisch gelegt:
"Die Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren unseres Konzerns widersprechen allem, für was Volkswagen steht!"
Internationale Ermittlungen
Doch reicht der Abgasskandal über Wolfsburg hinaus - die gesamte Autoindustrie ist betroffen. Auch bei Dieselfahrzeugen anderer Hersteller, selbst bei neuesten Modellen, sind die Abgaswerte besorgniserregend.
In den USA haben Strafjuristen und Anwälte viel herausgeschlagen: VW musste betroffene Fahrzeuge zurückkaufen oder umbauen - dazu kamen Entschädigungszahlungen. In einem über vier Milliarden Dollar teuren Vergleich hat sich VW Rechtsfrieden in strafrechtlichen Fragen erkauft. Die Strafverfahren gegen einzelne Konzernmitarbeiter blieben davon unberührt. Zwei VW-Mitarbeiter mussten ins Gefängnis; nach fünf Personen, darunter Ex-VW-Lenker Winterkorn, fahndet die US-Justiz per Haftbefehl.
Auch in Deutschland wird gegen 49 aktuelle und gewesene Führungskräfte des Konzerns ermittelt, darunter der heutige Chef des VW-Aufsichtsrats, Hans-Dieter Pötsch, ebenso wie Winterkorns Nachfolger Matthias Müller, und Ex-VW-Markenchef Herbert Diess, der wiederum die Interims-Notlösung Müller auf dem Chefposten ablöste.
Konzernstrukturen ändern
Dennoch behauptete eben dieser Herbert Diess Anfang Mai 2018 auf der Hauptversammlung in Berlin: "Dieselgate" sei im Wesentlichen abgehakt. Als Konsequenzen kündigte er an:
"Wir brauchen belastbare Strukturen, Prozesse und Programme - vor allem aber müssen wir auch danach handeln. Und neben Recht und Gesetz geht es immer auch um Ethik, um einen klaren Wertekompass, um die innere Richtschnur, der alle im Unternehmen folgen. Volkswagen muss in diesem Sinne ehrlicher, offener, wahrhaftiger - in einem Wort: anständiger - werden!"
Aktuell ist die ehemalige Leiterin der Konzernrevision Hiltrud Werner damit beauftragt, die Führungskultur umzubauen. Bisher waren die Strukturen im Konzern streng hierarchisch auf "Befehl und Gehorsam" ausgerichtet. Der Vorstand um Konzernchef Diess will es nun anders machen.
Aktuell ist die ehemalige Leiterin der Konzernrevision Hiltrud Werner damit beauftragt, die Führungskultur umzubauen. Bisher waren die Strukturen im Konzern streng hierarchisch auf "Befehl und Gehorsam" ausgerichtet. Der Vorstand um Konzernchef Diess will es nun anders machen.
"Wir möchten nicht noch mehr Compliance-Spezialisten im Unternehmen haben, sondern wir wollen Manager haben, die 'compliant' agieren. Wenn die Werte, für die das Unternehmen Volkswagen steht, allen Mitarbeitern bekannt sind, dann hilft uns das gleichzeitig auch, das Unternehmen schneller und agiler zu machen."
Politik agiert taten- und hilflos
Aber wie kann man - bei laufenden Betrugsermittlungen - das gegenseitige Vertrauen unter den 600.000 Mitarbeitern fördern und glaubhaft vermitteln, dass nun eine andere Fehler- und Diskussionskultur herrscht?
"Wir haben sehr stark investiert in den Schutz des Hinweisgebers, aber auch in den Schutz des Betroffenen. Und ich glaube, das wird uns helfen, dass Probleme, die zwangsläufig in einem solch großen Unternehmen entstehen, sich nicht zu einem Skandal ausweiten, sondern schnell auf dem Schreibtisch desjenigen landen, der auch das Problem lösen kann."
Dazu passt in den Augen von Kritikern freilich nicht, dass VW stets nur das zuzugeben scheint, was längst bewiesen ist. VW nennt keine Zeugen, keine Namen - spricht nebulös nur von den "Involvierten".
Allerdings hat die Politik den Konzern bislang auch nicht zu etwas Besserem genötigt. Im Gegenteil: Noch immer gibt es keine einheitliche Strategie, wie mit dem Diesel-Komplott umzugehen ist. Das liegt auch daran, dass die Einflussmöglichkeiten der Politik auf die Auto-Industrie begrenzt sind.
Gezeigt hat sich das unter anderem bei der Aussage von Ex-VW-Chef Martin Winterkorn vor dem Abgas-Untersuchungsausschuss des Bundestags am 19. Januar 2017. Winterkorn bestreitet früheres Wissen über Abgasmanipulationen in den USA. Der Erkenntnisgewinn sei gering, beklagen die Abgeordneten nach der Sitzung.
"Für uns gab es weiterhin keine Erkenntnisse aus diesem Zeugen." "Das macht entweder ein Bild eines Konzernchefs, der nicht wusste, was in seinem Unternehmen passierte, oder aber die andere Alternative, Herr Winterkorn stellt die Dinge nicht so dar, wie sie wirklich waren, und macht seine Rolle in dieser ganzen Abgas-Affäre klein."
Im Abschlussbericht vom Juni 2017 können Koalition und Opposition sich nicht einigen, ob Behörden oder Ministerien systematisch versagt hätten.
Kommen jetzt doch Nachrüstungen?
Viele zentrale Fragen für die Bürger bleiben offen. Sollen Diesel-PKW nur mit einem relativ preisgünstigen Software-Update versehen werden? Oder ist es besser, wenn Abgasreinigungsanlagen nachträglich ins Auto eingebaut werden? Wer aber zahlt dann die mehreren tausend Euro pro Wagen?
Das SPD-geführte Umweltministerium und das Verkehrsministerium in CSU-Hand spielen nun seit Jahren quasi Positions-Ping-Pong: zuerst Barbara Hendricks gegen Alexander Dobrindt, inzwischen Svenja Schulze gegen Verkehrsminister Andreas Scheuer. Ergebnis: mau.
Mit Software Updates und dem "Sofortprogramm saubere Luft" lasse sich das Problem schon in den Griff bekomme, heißt es zunächst. In fünf Modellstädten wird außerdem der öffentliche Personennahverkehr mit 130 Millionen Euro gefördert.
Doch eine durch den Diesel-Gipfel eingesetzte Expertengruppe hat nach über einem Jahr offenbar immer noch kein greifbares Resultat.
Nachdem auch die Kanzlerin gemeinsam mit den Autokonzernen bis vor wenigen Tagen mehrfach eine teure Hardware-Lösung abgelehnt hat, scheint die industriefreundliche Haltung speziell in der Union jetzt jedoch zu bröckeln. CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer sagte am 10. September:
"Dass wenn die anderen Maßnahmen eben nicht ausreichen, dann muss in der Frage dort, wo es sinnvoll machbar ist und auch schnell machbar ist, (dann muss) dort auch über Nachrüstungen der Hardware gesprochen werden."
Das bleibe in der Verantwortung der Automobil-Industrie. Und auch im Verkehrsministerium gibt es nun Bewegung. Minister Scheuer kündigte via Video-Botschaft ein neues Konzept an:
"Wo wir zum einen uns Gedanken machen, wie ein Umstieg möglich ist in ein neues Fahrzeug. Und wir werden uns technische Gedanken machen, wie wir bestehende Fahrzeuge noch sauberer bekommen. Dazu brauchen wir aber auch die Automobilhersteller, denn ohne ihre Bereitschaft, für die Zukunft des Diesels zu sorgen, wird es nicht möglich sein."
In einem Zeitungsinterview wurde Scheuer nun konkret: Nachrüstungen könne man bei einem Teil der Euro 5-PKW ins Auge fassen. Besitzer von älteren Dieselfahrzeugen bräuchten attraktive Angebote der Händler für einen Wechsel.
Neue Messgeräte für Bundesbehörden
Die Zeit drängt. Denn die Autofahrer beginnen, die Folgen des Skandals zu spüren: Nach einem Urteil des Leipziger Bundesverwaltungsgerichts haben bereits mehrere Städte Fahrverbote für ältere Dieselfahrzeuge verfügt oder in Arbeit. Hamburg ist schon so weit, Stuttgart, Aachen und Frankfurt bereiten sich darauf vor.
Eigentlich klingt es naheliegend, aber es ist eine Premiere: Zum ersten Mal seit dem Auffliegen des Diesel-Betrugs besucht Verkehrsminister Andreas Scheuer die Prüfbehörde in Flensburg. Ende August begutachtet der CSU-Minister Messgeräte, die Testverfahren auch auf der Straße ermöglichen sollen.
Mit dem Labor in Harrislee bei Flensburg soll die Behörde endlich selbst Abgaswerte messen können.
Dem Kraftfahrtbundesamt in Flensburg, zuständig dafür, neue Fahrzeugtypen zu genehmigen, waren die abweichenden Labor- und Straßenwerte beim Stickoxid - im Gegensatz zu den amerikanischen Behörden - nicht aufgefallen. Man habe auch nicht danach gesucht, sagen Kritiker. KBA-Chef Ekhard Zinke freut sich nach den drei Jahren Dieselgate vor allem über das neue Labor:
"Wir, das Kraftfahrtbundesamt, sind in die Lage versetzt worden, sehr genau, detaillierter, als wir vorher in der Lage waren, hier Messungen und Kontrollen durchzuführen. Das ist auf jeden Fall eine sehr positive Wendung, die aus dieser sehr unerfreulichen Geschichte rausgekommen ist."
Der Chef des Kraftfahrtbundesamtes sieht sich als ausführender Beamter, nicht als Ermittler:
"Meine Rolle in dem gesamten Prozess ist, ganz nüchtern nach technischen Vorgaben nachzumessen, sind die gesetzlichen Anforderungen erfüllt oder sind sie nicht erfüllt. Ich habe die Rechte, so wie sie festgeschrieben sind, zu vollziehen, zu exekutieren. Und da gucke ich weder nach rechts oder nach links, sondern da marschieren wir gerade durch und lassen uns überhaupt nicht beeinflussen."
Rekordwerte für VW beim Umsatz - trotz allem
VW-Fahrzeughalter, denen nicht einleuchten will, dass Betrugsopfer in den USA eine Entschädigung bekommen, alle anderen aber bloß eine Nachrüstung, haben eine andere Option: Sie können einzeln vor Gericht ziehen, wenn sie Schadensersatz von ihren Händlern oder dem Konzern selbst, oder einen Rückkauf fordern. Inzwischen gibt es zahlreiche Urteile von Landgerichten, die allerdings sehr unterschiedlich ausfallen.
"Ich log mal in mein Depot ein, um zu gucken, wo wir heute denn stehen."
Trotz der Abgasschwaden konnte VW zuletzt wieder Rekordwerte bei den Auslieferungen, beim Umsatz und dem operativen Ergebnis vor Sondereinflüssen vermelden. Der Konzern hat weltweit mehr Autos an seine Kunden ausgeliefert als je zuvor.
Jede Milliarde, die der Abgas-Skandal den Konzern kostet, fehlt für die notwendigen Investitionen in zukunftsträchtigere Fahrzeuge. Kay Dünschede sagt, dass ihm das vollkommen klar sei. Bei seiner Klage gegen Volkswagen gehe es ihm nicht nur ums Geld, sondern auch ums Prinzip.
"Mir geht es darum, dass ich es sehr schlecht verknusen könnte, wenn die damit durchkämen. Es widerspricht komplett meinem Gerechtigkeitsempfinden. Normalerweise wäre es für meinen Blutdruck wahrscheinlich besser gewesen, das einfach abzuhaken und auf sich beruhen zu lassen und als schlechte Lebenserfahrung abzubuchen - aber da hätte ich mich nicht gut bei gefühlt!"