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Dreihebige Jamben und Fäkalmetaphorik

Mit seinem Skandal-Song "Stress ohne Grund" hat sich Bushido kaum neue Freunde gemacht. Politiker wollen gegen ihn klagen. Dabei ist der Text stilistisch beachtenswert. Eine nicht ganz ernst gemeinte Analyse.

Von Christian Schiffer |
    "Peter Pan Syndrom, Bitch
    ich rauch Marlboro Bitch
    du trinkst Aperol Spritz
    ich bin Fahrer, ohh Bitch"

    Schon in der ersten Strophe meldet sich das Lyrische Ich direkt zu Wort und drückt eine sensitiv-emotionale Stimmung aus. Als Stilmittel benutzt der Autor hier die Anapher "Bitch", "Bitch" und "Bitch". Die Asymmetrie der Verse illustriert hierbei die sensitiv-emotionale Stimmung des Verfassers, etwa über das Wort "Spritz". Die Überschrift "Stress ohne Grund" weckt bereits Assoziationen. Das Wort "Stress", entstanden aus dem lateinischen "stringere"‚ bezeichnet eine entstehende körperliche und geistige Belastung, hervorgerufen durch besondere Beanspruchung. Diese Vorahnungen bestätigen sich spätestens im Refrain:

    "Du Pisser sagst jetzt gar nichts, wenn die Gangster auf dich kacken
    Ich-ich-ich komm auf die Party und mach Stress ohne Grund
    Ich bring -- Ich bring den Sound, zu dir und deiner Mutter Homes
    Du Hurensohn, verpiss dich denn die Banger sind am Mic"

    Die nachdenklich-sehnsuchtsvolle Stimmung dieser Zeilen beruht auch auf ihrer phonetischen Gestaltung. Der dreihebige Jambus, der sich durchgängig durch alle drei Strophen zieht, vermittelt eine ruhige Stimmung, die der Thematik entspricht und von "harten" und "kantigen" männlichen Kadenzen kontrastiert wird. Auffällig ist, dass Bushido im weiteren Verlauf zum Stilmittel der Personifizierung greift und dieses mit Fäkalmetaphorik auflädt. Zeilen wie

    ""Du Pisser sagst jetzt gar nicht, wenn die Gangster auf dich kacken", …"

    sind typisch expressionistisch, assoziiert werden sie in diesem Werk mit gesellschaftlichen Eliten, die in den Augen des Verfassers vor allem eines darstellen: Opfer. Bushido ist hier ein unvergessliches Stück Stimmungslyrik gelungen, das beim heutigen Rezipienten jedoch vor allem einen Gedanken auslöst: was für ein Bullshit.