Archiv

Dringlichkeitsvermerk von Interpol
Türkei lässt Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli festnehmen

Der türkischstämmige Kölner Schriftsteller Dogan Akhanli ist auf Betreiben türkischer Behörden in Spanien festgenommen worden. Grundlage ist ein internationaler Haftbefehl. Akhanlis Rechtsanwalt vermutet politische Motive und bezeichnet das Vorgehen als einen "Justizskandal".

Von Kemal Hür |
    Leider liegt für dieses Bild keine Bildbeschreibung vor
    Der deutsche Schriftsteller türkischer Abstammung, Dogan Akhanli in Köln. Die Türkei wirft die Beteiligung an einem Raubüberfall, 2010 wurde er freigesprochen. Nun die Festnahme. (picture alliance / dpa / Oliver Berg)
    Es war heute in den frühen Morgenstunden. Doğan Akhanli schlief noch, als drei bewaffnete spanische Polizisten in Granada an seine Hoteltür klopften und ihn nach seinem Ausweis fragten, erzählt Ilyas Uyar, der Rechtsanwalt des inhaftierten Schriftstellers.
    "Vor dem Hotel sind zwei Polizeiautos mit sechs bis acht Polizisten da gewesen. Er ist wie ein Schwerkrimineller abgeführt worden. Er befindet sich jetzt in Gewahrsam."
    Türkischer Staatsanwaltschaft hob Freispruch wieder auf
    Der 60-jährige Akhanli ist deutscher Staatsbürger. Einen türkischen Pass besitzt er nicht. Gegen den Schriftsteller lag dennoch ein internationaler Haftbefehl aus der Türkei vor. Grund dafür: In der Türkei wurde Doğan Akhanli die Beteiligung an einem Raubüberfall vorgeworfen. Nach einer Untersuchungshaft wurde er 2010 freigesprochen. Aber die Staatsanwaltschaft hob den Freispruch später wieder auf. Akhanlis Rechtsanwalt Ilyas Uyar vermutet hinter dem Verfahren politische Motive, die auch zur heutigen Festnahme geführt haben sollen.
    "Doğan Akhanli ist ein politischer Mensch. Er hat sich für die Menschenrechte in der Türkei eingesetzt. Er hat sich für die Minderpolitik und vor allem für den Genozid an den Armeniern immer wieder als Sprachrohr betätigt. Das hat der offiziellen Türkei auch bei seinem Verfahren 2010 nicht gepasst. Deswegen haben sie ihn kriminalisiert. Diese Kriminalisierung stellen wir heute immer noch fest. Die Türkei hat nicht davon abgelassen, Menschen, die zum Genozid an den Armeniern eine eindeutige Meinung haben, weiter zu drangsalieren."
    Rechtsanwalt: Spanisches Vorgehen ein Justizskandal
    Akhanli wurde in der Türkei geboren und engagierte sich bereits in jungen Jahren gegen die Militärherrschaft. Nach einer zweijährigen Haft flüchtete er aus politischen Gründen 1992 nach Deutschland. Er ist Mitglied des internationalen PEN-Zentrums. Das Auswärtige Amt teilte auf Anfrage mit, über die Festnahme Akhanlis informiert zu sein. Man bemühe sich um eine konsularische Betreuung. Der Kölner Rechtsanwalt Uyar bezeichnet das spanische Vorgehen gegen seinen Mandanten als einen Justizskandal.
    "Es muss Schluss sein damit, dass die Türkei über Interpol versucht, ihre undemokratischen Grundsätze durchzusetzen und unbescholtene Bürger, die seit Langem im Europa leben, weiterhin zu kriminalisieren und in Haft zu bringen. Die ganzen Haftbefehle, die von der Türkei ausgestellt worden sind, sind rechtswidrig, weil es in der Türkei keine rechtsstaatlichen Grundsätze mehr gibt. Aber die Türkei ist jetzt um viel schärfere Methoden bemüht, um Oppositionelle auch im Ausland zu jagen."
    Akhanlis Partnerin durfte ihn nicht sehen
    Doğan Akhanli soll laut Auskunft seiner Lebenspartnerin heute Abend nach Madrid verbracht werden. Dort werde er morgen Vormittag einem Haftrichter vorgeführt werden, der dann über eine Festnahme oder Freilassung entscheiden werde. Akhanlis Partnerin durfte ihn im Polizeigewahrsam heute weder sehen noch sprechen.