Ein Hype entsteht da, wo ein Hype gebraucht wird, im gesellschaftlichen Brachland. Der Hype verspricht, bestimmte Bereiche menschlicher Leere zu füllen, und dann finden sich plötzlich der Kahn und der Benedikt in unseren Herzen ein, dann der Klinsmann, der Lam und jetzt der Knut.
Gesellschaftliches Brachland tritt nicht nur in den Schlagzeilen der "Bild"-Zeitung zutage, sondern auch auf höherem Niveau, etwa im "Spiegel", der "Zeit" und den Feuilletons der großen Tageszeitungen. Dort halten sich Hypes länger und gehen tiefer. Der große, über allem schwebende Hype, sozusagen der Meta-Hype, heißt seit einigen Monaten Web 2.0. Dahinter steckt die Sehnsucht, jenseits des Internet, wie wir es heute kennen und schätzen, etwas noch Spannenderes zu entdecken.
Weil allen das Wort Web 2.0 so gut gefiel, aber keiner wusste, was es sein könnte, hätte man Web 2.0 fast vergessen, wäre da nicht "Second Life" um die Ecke gekommen, ein Computerprogramm, mit dessen Hilfe sich Menschen aus aller Welt in einem virtuellen Raum treffen und miteinander Handel treiben können. Man sieht die Landschaft, das Meer, die Berge, die Häuser, und dazwischen wandern die anderen "Second Life"-Mitglieder herum, wie man selbst. Natürlich sehen sie nicht aus wie im wahren Leben, sondern eben künstlich. Diese 3D-Repräsentationen des Ich heißen "Avatare".
"Avatar" klingt hervorragend, "Parallelwelt" erst recht, "virtueller Sex" auch. In Form von "Second Life" schien das diffuse Web 2.0-Gefühl endlich eine Killer App bekommen zu haben, eine konkrete Anwendung, die jeden umhaut. Man konnte in den letzten Monaten regelrecht miterleben, wie "Second Life" einen Medienexperten, einen Feuilletonisten nach dem anderen umhaute. Soziologen machten an "Second Life" neue Gesellschaftstheorien fest, am liebsten eine "Community 2.0", Psychologen wurden nach den Konsequenzen dieser Virtualität auf die Seele befragt, Wirtschaftsexperten wagten Umsatzprognosen in Millionenhöhe. "Second Life" war das Leitmotiv der letzten Monate für die großen Nachdenker unserer Feuilletons.
Leider mischten sich aber nur wenige dieser Nachdenker selbst unter die Avatare von "Second Life". Sie reflektierten lieber über das Phänomen an sich. Und noch weniger von ihnen hatten überhaupt in letzter Zeit ein Computerspiel gespielt, etwa "World of Warcraft" oder die "Sims". Denn dann wäre ihnen aufgefallen, dass "Second Life" eine Ästhetik hat, die eher an die späten 90er Jahre erinnert, und eine Spielbarkeit, die locker 15 Jahre hinter dem aktuellen Stand herhinkt. In Dimensionen des digitalen Zeitalters gedacht kommt "Second Life" aus der Steinzeit der 3D-Spiele. Die Figuren sehen billig aus, die Gebäude sind öde Quader, die Werbeposter erscheinen unscharf, die Bewegungen der Figuren sind schlecht kontrollierbar. Statt zu reden, muss man tippen usw.
"Second Life" war kein dummer Hype wie Knut, sondern ein noch dümmerer Medienhype. Von den Medien für die Medien. Das Fußvolk, die Leute, die laufend am Computer und im Internet spielten, schüttelte über "Second Life" nur den Kopf. In "World of Warcraft" kann ich eine super aussehende Elfe sein und mich am frühen Morgen mit anderen verabreden, um bei Regen über den Berg in das unbekannte Tal zu gehen; bei den Sims kann ich meine schreienden Kinder einmauern und später als Zombies halbdurchsichtig durch die Duschen schweben sehen.
Sicher wird es Nachfolger von "Second Life" geben - statt eines Porno-Kapitalismus vielleicht ein Paradies? Ein Web 2.0 brauchen wir dafür jedenfalls nicht.
Gesellschaftliches Brachland tritt nicht nur in den Schlagzeilen der "Bild"-Zeitung zutage, sondern auch auf höherem Niveau, etwa im "Spiegel", der "Zeit" und den Feuilletons der großen Tageszeitungen. Dort halten sich Hypes länger und gehen tiefer. Der große, über allem schwebende Hype, sozusagen der Meta-Hype, heißt seit einigen Monaten Web 2.0. Dahinter steckt die Sehnsucht, jenseits des Internet, wie wir es heute kennen und schätzen, etwas noch Spannenderes zu entdecken.
Weil allen das Wort Web 2.0 so gut gefiel, aber keiner wusste, was es sein könnte, hätte man Web 2.0 fast vergessen, wäre da nicht "Second Life" um die Ecke gekommen, ein Computerprogramm, mit dessen Hilfe sich Menschen aus aller Welt in einem virtuellen Raum treffen und miteinander Handel treiben können. Man sieht die Landschaft, das Meer, die Berge, die Häuser, und dazwischen wandern die anderen "Second Life"-Mitglieder herum, wie man selbst. Natürlich sehen sie nicht aus wie im wahren Leben, sondern eben künstlich. Diese 3D-Repräsentationen des Ich heißen "Avatare".
"Avatar" klingt hervorragend, "Parallelwelt" erst recht, "virtueller Sex" auch. In Form von "Second Life" schien das diffuse Web 2.0-Gefühl endlich eine Killer App bekommen zu haben, eine konkrete Anwendung, die jeden umhaut. Man konnte in den letzten Monaten regelrecht miterleben, wie "Second Life" einen Medienexperten, einen Feuilletonisten nach dem anderen umhaute. Soziologen machten an "Second Life" neue Gesellschaftstheorien fest, am liebsten eine "Community 2.0", Psychologen wurden nach den Konsequenzen dieser Virtualität auf die Seele befragt, Wirtschaftsexperten wagten Umsatzprognosen in Millionenhöhe. "Second Life" war das Leitmotiv der letzten Monate für die großen Nachdenker unserer Feuilletons.
Leider mischten sich aber nur wenige dieser Nachdenker selbst unter die Avatare von "Second Life". Sie reflektierten lieber über das Phänomen an sich. Und noch weniger von ihnen hatten überhaupt in letzter Zeit ein Computerspiel gespielt, etwa "World of Warcraft" oder die "Sims". Denn dann wäre ihnen aufgefallen, dass "Second Life" eine Ästhetik hat, die eher an die späten 90er Jahre erinnert, und eine Spielbarkeit, die locker 15 Jahre hinter dem aktuellen Stand herhinkt. In Dimensionen des digitalen Zeitalters gedacht kommt "Second Life" aus der Steinzeit der 3D-Spiele. Die Figuren sehen billig aus, die Gebäude sind öde Quader, die Werbeposter erscheinen unscharf, die Bewegungen der Figuren sind schlecht kontrollierbar. Statt zu reden, muss man tippen usw.
"Second Life" war kein dummer Hype wie Knut, sondern ein noch dümmerer Medienhype. Von den Medien für die Medien. Das Fußvolk, die Leute, die laufend am Computer und im Internet spielten, schüttelte über "Second Life" nur den Kopf. In "World of Warcraft" kann ich eine super aussehende Elfe sein und mich am frühen Morgen mit anderen verabreden, um bei Regen über den Berg in das unbekannte Tal zu gehen; bei den Sims kann ich meine schreienden Kinder einmauern und später als Zombies halbdurchsichtig durch die Duschen schweben sehen.
Sicher wird es Nachfolger von "Second Life" geben - statt eines Porno-Kapitalismus vielleicht ein Paradies? Ein Web 2.0 brauchen wir dafür jedenfalls nicht.